Die neue Ausgabe der berühmt-berüchtigten …umsGanze!-Television!
Folge 9 mit dem wunderbaren Titel „Mad in Germany“ schlägt die Brücke zwischen dem Startprojekt „Staat.Nation.Kapital.Scheisse.“ und der neuen Kampagne „Vielen Dank für die Blumen! – Gegen Integration und Ausgrenzung“. It’s worth a look!
(Dieses Video ist eine TOP-B3RLIN Produktion)
Stolberg 2011 Mobi-Jingle
Auf Indy linksunten wurde ein Mobi-Jingle veröffentlicht. Zieht ihn euch rein, ladet ihn runter und verbreitet ihn!
da helfen wir doch gerne 😉
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Aufruf // Fragmente zur deutschen Normalität veröffentlicht
Alle gegen alle ist das Leitmotiv einer Gesellschaft, die auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert. Nach unten treten, nach oben Buckeln. Festangestellte gegen Leiharbeiter*innen. Bio-Deutsche gegen Ausländer.
Vorzeigemigrant*innen gegen integrationsunwillige Einwanderer*innen. Gepaart wird die ganze Soße mit Rassismus und Sozialchauvinismus in Politik, Medien und Kultur.
Anhand von drei Fragmenten wollen wir, der Antifa AK Köln, zeigen, dass eine Kritik am grassierenden Rassismus eingebettet sein muss in eine Kapitalismus- und Staatskritik.
Ob Naziaufmarsch (8./9. April: Stolberg bei Aachen), rechtspopulistische Manifestationen (7. Mai: Pro Köln versucht den dritten Anlauf) oder die tagtägliche staatliche Abschiebepraxis: Es bleiben Versatzstücke einer gesellschaftlichen Normalität aus Scheiße!
Die 18. Brumaire des Napoleon Bonarparte oder: Schwarz-Rot-Gold: Aufstand der Gartenzwerge
„Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“ Dies schrieb einst Karl Marx in seiner Schrift „Die 18. Brumaire des Louis Bonaparte“, bei der er den Verlauf des von Louis Bonaparte a.k.a. Napoleon III. angeführten Staatsstreich 1851 in Frankreich analysiert. Um auf das Eingangszitat zurückzukommen: Bei „pro Köln“ handelt es sich keineswegs um eine weltgeschichtliche Vereinigung. Und auch ihr dritter Anlauf in Köln, eine große Anti-Islam-Manifestation zu begehen, ist nicht als historisches Ereignis zu begreifen. Umso mehr nehmen die Versuche der „selbsternannten Bürgerbewegung“ aus der fortschreitenden autoritären Formierung der Gesellschaft die verschiedensten Formen der Lächerlichkeit an. Die Rechtspopulist*innen am Rhein wollen mit ihren europäischen Kompagnons aus Österreich, Frankreich und Belgien mit dem „Marsch der Freiheit“ (am 7. Mai) gerade für jene falsche Freiheit eintreten, die längst verwirklicht ist.
Wie die autoritäre Herrschaft des Louis Bonaparte nur das Produkt der Entwicklung der Revolution von 1848 sein konnte, so sind die Rechtspopulist*innen eben nicht das Gegenteil der „europäischen Demokratie“, sondern der radikalste Ausdruck eben dieser. Als Vorkämpfer*innen „gegen die Blockwarte der Political Correctness“ generieren sich pro Köln & friends wie gewohnt als von der Öffentlichkeit verprellte Tabubrecher*innen. Ob Sarrazin oder pro Köln – das, was sie fordern, die Missstände, die sie entdeckt haben wollen – sie alle sind etablierte Bestandteile der politischen Praxis in der Elendsschmiede BRD. Wo pro Köln eine zu lasche Einwanderungspolitik sieht, dort ist die staatliche Selektion von Migrant*innen in simple Kategorien eingeteilt: für den Standort „nützliches“ und „unnützes“ Menschenmaterial – das ist die Leitlinie europäischer Abschottungspolitik gegenüber den für das Kapital überflüssig Gemachten dieser Welt. Mit dem „Marsch der Freiheit“ wird gegen den „totalitären Ungeist der Linksextremisten“ in Köln – womit wohl nur der Antifa AK gemeint sein kann – zu Felde gezogen. Dabei ist die Extremismus-Weltanschauung längst integraler Bestandteil deutscher Innenpolitik.
Nichtsdestotrotz funktioniert die Arbeitsteilung im Bereich der Ideologieproduktion zwischen pro Köln und den etablierten Demokrat*innen wunderbar. Das Theater von Tabubrecher*innen und aufrechten Gutmenschen klappt selbst als Dauerschleife recht ordentlich. Dabei findet der inszenierte Gegensatz seine Basis darin, dass die „bürgerliche Mitte“ in ihrer Zurichtung und Disziplinierung der Kapitalressource Staatsbürger*in eher auf eine klar definierte Leitkultur für den nationalen Erfolg setzt: Sachzwangideologie, Selbstmanagement und die Nötigung zur Flexibilität. Demgegenüber legen pro Köln und deren best buddies die Latte der autoritären Formierung einfach (relativ gesehen) ein Stückchen höher. Sie versprechen ihrem Gartenzwergvolk den großen Sprung ins Reich der falschen Freiheit mit einer vorptolitischen Anspruchsberechtigung einer noch viel geschlossener definierten „natürlichen Kulturgemeinschaft“. Dieser Rassismus ist bei autoritären Gestalten wie pro Köln nicht verwunderlich. Wo die Identifikation mit dem eigenen Kollektiv zum absolut gesetzten Maßstab der Weltanschauung wird, ist der Kampf gegen Abweichler*innen und „Fremdstämmige“ notwendiger Bestandteil autoritärer Ideologie.
Dabei liegt die Radikalisierung des allgemeinen Prinzips – nach oben buckeln und nach unten treten – den herrschenden Zuständen nun wahrlich auch nicht fern. Die konformistische Rebellion, die pro Köln wieder und wieder als Farce aufführt, setzt immer wieder auf die projektive Verdrehung gesellschaftlicher Verhältnisse, die gang und gebe bei der Meinungspresse ist. Das autoritäre und rassistische Subjekt muss am Zeitschriftenstand nicht lange nach Bestätigung suchen, wenn es lesen will, dass die Ursache für die Niederlagen, Enttäuschungen und narzisstischen Kränkungen nicht in den gesellschaftlichen Umständen, sondern bei den Opfern des Systems zu suchen sind. Ein derartig rassistisches Weltbild sieht die Dinge einfach: „Was soll ich Opfer machen? Überall sind Ausländer und Sozialschmarotzer am schaffen!“
Solche rassistischen und sozialchauvinistischen Projektionsleistungen vermögen Gartenzwerge verschiedenster Couleur zu vollbringen – ob ordentliche Demokrat*innen á la Sarrazin mit ihrem Palaver von Naturalisierung sowie Kulturalisierung sozialer Verhältnisse oder die Neonazis in ihrem Antisemitismus.
Aber ob Demokrat*in oder Rechtspopulist*in – beide tanzen rund um ihr goldenes Kalb einer nationalen Leistungsgemeinschaft, deren Zwängen sich ein jede*r zu opfern hat. Ist doch „normal“. Jedoch stehen zwischen den gesellschaftlich hervorgebrachten Zwängen sowie Nöten, den autoritären Formierungen und der Ideologie der Subjekte, soziale Gefüge und politische Kämpfe. Der Auftrieb der Rechtspopulist*innen in der Nachfolge der Krise ist keine Zwangsläufigkeit, auch wenn der weitere Weg der autoritären Formierung der Gesellschaft scheinbar nur weiter soziale Verschärfungen zu kennen scheint. Selbst wenn dem Kapitalismus inzwischen jedes Glücksversprechen abhanden gekommen ist und die Tage der Idee von der bürgerlichen Gleichheit abgelaufen sind; auf eine Notwendigkeit gegen rassistisches Denken und Handeln deutet dies nicht zwingend hin. Autoritarismus und Rassismus ist den Menschen nicht qua Geburt in die Wiege gelegt, sie sind als ein Resultat einer Subjektkonstitution in der falschen Freiheit zu begreifen.
Das heißt: die unheimlich autoritäre Restauration in der BRD ist eben nicht als notwendige Konsequenz der spätbürgerlichen Demokratie hinzunehmen. Es gilt nicht nur den Rassist*innen und Rechtspopulist*innen den Kampf anzusagen, sondern auch dort Partei zu ergreifen, wo wie einst unter Louis Bonaparte die Aufhebung der Demokratie als Sicherung ihres Fortbestandes vorangetrieben wird.
Dass diese Partei nur der Kommunismus sein kann, ist dabei so selbstverständlich wie notwendig.
Und dass diese deutsche Normalität nichts weiter als ein Potpourri aus Scheisse darstellt, auch.
Dr. Jekyll & Mr. Hyde oder: Die bürgerliche Demokratie und ihre braunen Problemkinder
Was ist von einem Ort zu halten, dessen Wahrzeichen weder einen Namen noch eine Geschichte vorweisen kann? Wäre dies der Anfang eines Skandinavien-Krimis, müsste wohl bald der Satz folgen: Das Grauen wartet in diesem Nirgendwo. Doch in der Realität trägt zumindest das Ortsschild einen Namen: Stolberg. Wirklich berühmt ist das Städtchen nicht für seine aristokratische Tradition (der Name ist wohl abgeleitet vom Edelherrengeschlecht „Stalburg“), sondern für seine umtriebige faschistische Szene. An diesen wie an vielen anderen Orten der BRD zeichnet sich ein seltsamer Fall ab, gleich einer Novelle des 19. Jahrhunderts aus der Feder des Herrn Stevenson, „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Der ehrbare und angesehene Kleinbürger Dr. Jekyll spaltet dort durch Laborversuche seine „animalischen Triebe“ von sich selber ab; diese bündelt er in der verwerflichen und verkümmerten Person des Mr. Hyde, einem aufgrund seiner Kapitalverbrechen polizeilich gesuchten Schwerverbrecher. So kann Dr. Jekyll via provisorischer Metamorphose zu Mr. Hyde Täter sein, aber gleichzeitig durch soziales Engagement die Taten wiedergutmachen und seine Weste reinwaschen. Mr. Hyde vollbringt Dr. Jekylls Drecksarbeit.
An einer solchen Persönlichkeitsspaltung scheint auch die bürgerliche Gesellschaft zu leiden: für die aufrechten Demokrat*innen bieten die verpönten Nazis ein Aussonderungsinstitut für Rassismus und Nationalismus. Auch die rheinländischen Demokrat*innen vergewissern sich gerne, dass rechte Gewalt und die Untaten „des Bösen“ im beschaulichen Städtchen wahrlich nichts mit ihnen zu tun haben. Denn sowohl hier als auch da – im weltliterarischen Vorzeigewerk wie im bedeutungslosen Kaff im Rheinland – steht selbiges auf dem Programm: die Reputation ist in Gefahr und keine Kosten sind zu scheuen, dass der gute Ruf gewahrt bleibt. Dr. Jekyll lässt grüßen.
Doch hinter solchen Theaterkulissen erweisen sich sowohl Demokrat*innen als auch Faschist*innen als überzeugte Nationalist*innen; wenn dabei auch die Nazis aufgrund ihrer Ablehnung der demokratischen Spielregeln als besonderer Verein zu verstehen sind. Im Grunde arbeiten sie jedoch an der Lösung für die gleichen, selbst gestellten Problemlagen, die sich das bürgerliche Subjekt vorlegt; das deutsche Volk soll vor Schaden bewahrt werden, eine Wirtschaft soll auf das nationale Wohl gerichtet sein und die Nation soll vor „fremder“ Bevormundung gewahrt bleiben. „Flüchtlingsströme“, „Deutschenfeindlichkeit“ usw. sind eben keine Erfindungen der braunen Hetzkolonnen, sondern Alltagsjargon bürgerlicher Stimmen der BRD.
Jede*r aufrechte Demokrat*in kümmert sich ernsthaft um die Sorgen der Nation. Der Nationalismus als „objektive Gedankenform“ einer staatsbürgerlichen Vergesellschaftung steht im Zentrum jedweder demokratischen Politik. Daher lebt das deutsche Ausländergesetz von der schlichten Sortierung nach In- und Ausländer*innen. Der Dorn im Auge der Nazis ist das staatliche Nützlichkeitsparadigma bezüglich Immigration. Dieses Imperativ der Kosten-Nutzen-Analyse von der (modernen) bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft wird von den Nazis abgelehnt; sie ertragen den der Logik des Kapital folgenden Realismus der herrschenden Demokraten nicht. Der faschistische Standpunkt duldet nämlich kein Abarbeiten im bürgerlichen Sinne an Problemen, die die nationalen Maßstäbe betreffen (Migrationspolitik); er erfordert die simple wie rigorose Durchsetzung der national-ethnischen Sortierung durch die Staatsmacht. Wo dies mal nicht geschieht, unterstellen die Nazis den Demokrat*innen fehlenden Willen, der durch ihre pragmatische Handarbeit (im Sinne von brennenden Flüchtlingsheimen) behoben werden soll. Darüber herrscht wiederum bei den Demokrat*innen Empörung, denn „normal“ ist das schließlich nicht. Die Nazis sollen nicht totschlagen, wo doch eigentlich Vater Staat zwischen prüfen, zuführen, integrieren, begrenzt dulden, in Gewahrsam nehmen oder auch abschieben erwägen „muss“, um produktives Menschenmaterial sicherzustellen bzw. um den unnützen „Rest“ einzusperren und abzuschieben, d. h. um den rassistischen Normalvollzug auf seine Art zu realisieren. Der Konflikt dreht sich also keinesfalls um den Inhalt der Politik, sondern lediglich um die Durchsetzungsform – vielmehr eine Frage des „Wie“ als eine Frage nach dem „Was“. Von daher liegt mensch ganz richtig, wenn gesagt wird: „Nazis morden, der Staat schiebt ab, es ist und bleibt dasselbe Rassisten-Pack!“
Das Subjekt in der bürgerlichen Gesellschaft ist ein doppeltes: citoyen*ne (Staatsbürger*in) und bourgeois*e (Privatbürger*in). Im Zuge dieser feinen Differenz entpuppt sich ein spaltender Doppelcharakter, dem jedes Subjekt bürgerlich-kapitalistischer Couleur – also leider wir alle – zwangsweise gegenübersteht: wo auf dem einen Ufer der*die citoyen*ne durch Loyalität sowie Toleranz gegenüber dem Staat und den Mitbürger*innen in einen kollektiven Zusammenhang gepfercht ist, sieht sich auf dem anderen Ufer der*die bourgeois*e in der kapitalistischen Produktionsweise – einer Ellbogen-Veranstaltung mit permanenter Konkurrenzschlacht um Verwertung – der Befriedigung der eigenen Interessen verpflichtet. Schicksalsgemeinschaft vs. Egoshow. Wer kein*e Staatsbürger*in ist und zur Verwertung als Privatbürger*in nicht taugt, gilt vor dem bürgerlichen Universalgericht als ‚Untermensch`. Der rassistische Ausschluss aus der Menschheit speist sich aus der Angst vor dieser Entwertung.
Wie sieht das konkret aus? Im Zuge des späten Neorassismus verschob sich das ideologische Kriterium für diese Entwertung; der Fokus bewegte sich allmählich von der biologistischen Anschauung hin zur Kultur als Maßstab für die Konstitution des*der Anderen. Das lange dominante und immer noch präsente Feindbild des „Schwarzen“ profiliert sich über die biologische Andersartigkeit, heute ist der „Fremde“ viel mehr noch als zuvor ausgemacht in seiner*ihrer kulturellen Differenz. Der*die pauschal bedrohliche Muslime und dessen*deren Hang zur Gewalttätigkeit, ist zur Schlüsselfigur des*der heutigen Anderen geworden, von welchem*welcher die Subjekte aus dem Westen sich nun zu unterscheiden haben. Von anderen unterscheiden, um sich zugleich in der vorgestellten Gemeinschaft stärker zu verbrüdern, während sie auf dem Markt weiter konkurrieren – citoyen*ne und bourgeois*e eben.
Dieser Widerspruch innerhalb der kapitalistischen Subjektkonstitution verdeutlicht den Fehler, will mensch den Rassismus als „Fremdenfeindlichkeit“ oder als Vorurteilsneigung in die Menschennatur hineinanthropologisieren. Vielmehr verweist der Widerspruch darauf, dass es nicht allein reicht, den Rassismus auf rein ideologischer Ebene zu dekonstruieren. Die materielle Grundlage einer rassistischen Ideologie deutet aber unfehlbar auf die Notwendigkeit hin, der radikalen Rassismuskritik eine fundamentale Kapitalismuskritk (inklusive Kritik am Staat und an der Nation) vorauszusetzen. Es geht nicht nur um den*die rassistische*n Nachbar*in im tristen deutschen Vorort, sondern um dessen*deren herrschaftliche Ursprünge.
Der Rassismus bedient aber nicht nur die ideologische Absicherung der staatlichen Herrschaft über die Staatsbürger*innen. Gleichzeitig widerspricht er als bewusst angewendetes Herrschaftsmittel den grundsätzlichen „Spielregeln“ dieser kapitalistischen Gesellschaft, für deren Umsetzung er aber dennoch nützlich ist. Denn so praktisch es sein mag, dass die aufrechten Demokrat*innen und Nazis es als „gerecht“ empfinden, die Drecksarbeit wie Kloputzen an Afrikaner*innen abzuschieben, so unpraktisch im Kampf um die Weltmarktanteile ist es für den stolzen Standort Deutschland, ghanaische Unternehmer*innen brennen zu sehen, die doch im Land des Exportweltmeisters investieren sollten. Der Rassismus relativiert sich an den grundsätzlichen Erfordernissen der Herrschaft, für die er funktionalisiert werden soll.
Aus der gemeinschaftlichen Grundlage des Rassismus sowie Nationalismus von Nazis und bürgerlichen Demokrat*innen entspringt auch die Nützlichkeit des faschistischen bzw. rechtspopulistischen Rassismus. An praktischen Beispielen für diese Farce mangelt es nicht: im Schein der Lichterketten wurde vor knapp zwanzig Jahren eine ganze Reihe von rassistischen Gesetzen und Verordnungen umgesetzt. All diese Maßnahmen wurden auf der Basis der gleichen Argumentation ergriffen: Zuwander*innen und Illegale schufen vermeintliche „Probleme“ wie Straftaten und andere Bedrohungen unterschiedlichster Art, wodurch es – wenn die Ordnung nicht wiederhergestellt werde – zum Ausbruch von Rassismus kommen könne. Diese Straftaten und Bedrohungen müssten sich daher der Universalität des allmächtigen Gesetzes beugen, damit erst gar keine rassistischen Unruhen ausgelöst würden. Mit dieser Erklärung erscheint der Heiligenschein des staatlichen Rassismus „argumentativ“ unterfüttert.
Stevenson lässt in seiner Novelle den honorierten Dr. Jekyll schließlich an der verfahrenen Situation bezüglich einer zweiten Identität, die das isolierte Böse verkörpert, verrecken – und damit gibt auch Mr. Hyde selbst den Löffel ab, bevor das Gericht ihn verurteilt und hinrichtet. Die Analogie ist genauso einleuchtend wie banal – schaffen wir es, dem Kapital den Boden zu entziehen und ein befreites Leben jenseits von Staat und Nation zu führen, können auch Nazis einpacken. Wie es aber wäre, wenn zuerst Mr. Hydes Zeit gekommten wäre, wissen wir nicht. Doch in Stolberg (am 8./9. April 2011) können wir den Verlauf auf den Kopf stellen; es bietet sich an, zuerst ein paar Nazis in den Boden zu stampfen – wie wir die Geschichte dann weiterschreiben, entscheiden wir vor Ort.
Mensch kann es drehen und wenden, wie mensch will – doch die Konsequenz ist und bleibt rabiat, zügellos und klar wie die Klarste der deutschen Kloßbrühen:
Die Normalität heißt Deutschland – Ein Potpourri aus Scheisse.