Redebeitrag auf der Knastdemo 2010

Indymedia Artikel zur Demo

Werte Genoss_innen!

Ein weiteres Jahr ist passé und leider ist es noch immer ruhig in der BRD. Die großen Meinungsbildner, ob privat oder öffentlich-rechtlich, predigen die Krise sei nun so gut wie überstanden und ein Hauch von wirtschaftlichem Aufschwung liege in der Luft. Und tatsächlich: hierzulande blieb der vorangekündigte „heiße Herbst“ verhältnißmäßig kalt und grau.

Doch was im europäischen Vorzeigestaat so friedlich anmutet, zeigt in anderen EU Staaten sein wahres Gesicht. In verschiedenen Ländern auf dem Kontinent wurden andere Antworten auf die Krise sichtbar; so flammten die sozialen Revolten in Griechenland wieder auf, großflächige Streiks in Frankreich und Spanien sowie Studienproteste in England füllten die Schlagzeilen und sorgten dafür, dass Krise und Protest nicht ganz totzuschweigen waren.

Nun ist es nichts Neues, dass Proteste dieser Art staatliche Repression mit sich führen; in den heutigen Zeiten werden in nahezu allen europäischen Ländern neue Haftanstalten gebaut. So z.B. auch in unserer unmittelbar Nähe in Ratingen bei Düsseldorf, wo derzeit die Konstruktion eines neuen Privatknasts stattfindet.
Der dem Kapitalismus immanenten „Sicherheitsstaat“ braucht aber an sich gar keine Krisen, um sich zu vollziehen. Dennoch inszenierte sich in dieser Zeit die großflächige Repression unter erhöhter Wahrnehmbarkeit.

Gerade in Ländern wie Griechenland, wo sich der Protest gegen das soziale Ungleichgewicht am stärksten ausdrücken konnte, wird auch am drastischsten deutlich, wie die Staatsgewalt mit fundamentaler Kritik und Widerstand umzugehen weiß. Der Begriff „Kriminalisierung“ allein reicht nicht aus, um zu beschreiben, wie mit den unter pauschalem Terrorverdacht stehenden Menschen umgesprungen wird.
Absurde Haftstrafen in absurden Verfahren mit absurden Strafmaßen – und das alles unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den ach so bösen Terrorismus. So werden Menschen wegen des Vorwurfs von Vermummung zu 8 Jahren oder wegen Bankraubs zu gar 35 Jahren Haft verurteilt. Selbst im bürgerlichen Sinne, sowohl moralisch als auch juristisch, kann in diesen Fällen wohl kaum noch von einer gegebenen Verhältnismäßigkeit die Rede sein. Der Staat handelt nach seiner ganz eigenen Interpretation von „no justice, no peace“ – wenn kein Durchgreifen, dann kein Friede.

Die Masseninhaftierung als Verwaltungsform wird aber nicht nur in Europa bevorzugt. Ein Blick auf den Iran, der durch die Protestbewegung von 2009/2010 Hoffnungen auf eine radikale Maßnahme gegen das islamische Klerikalregime weckte, weist Ähnliches auf; seitdem die Bewegung im repressiven Exzess niedergeschalgen wurde, findet bis heute ein Wechselspiel zwischen willkürlichen Razzien, Massenfestnahmen, Folter und Tod statt – entweder in Form von Krepieren im Knast, oder in kurzfristig vollstreckten Hinrichtungen.

Diese Maßnahme der staatlichen Tötung steht bekanntermaßen auch in der USA teilweise auf der politischen Agenda. Und auch dort war neulich etwas in Bewegung; besonders der Bundesstaat Geogria, bekannt für berüchtigte Haftanstalten mit widerlichen Bedingungen, erweckte jüngst unser Aufsehen; mehrere Tausend Insassen aus mehreren Knästen streikten und legten die Arbeit nieder; jene beschissene Lohnarbeit, die als kapitalistisch-verwertbares Element selbst hinter Gittern verdammt noch mal keine Ruhe gibt. Was forderten die Gefangenen? Kurz gesagt, bessere Verhältnisse, noch kürzer gesagt: einen „besseren“ Knast.

Wie ist mir solchen Forderungen umzugehen? Natürlich sind diese nicht abzuweisen, sie sind sogar zu unterstützen, da sie eine konkrete Verbesserung der abartigen Lebensumstände im Knast mit sich bringen. Nichtsdestotrotz bietet sie allerhöchstens die Grundlage für eine notwendige, fundierte und radikalere Forderung: der Abschaffung der Knäste als Grundfeiler der herrschenden Ordnung und der Gesellschaft, die sie hervorbringt.

Denn Knäste sind nicht bloß eine Ausdünstung des Staates, die darauf abzielt „abweichende“, nicht konforme, überflüssige oder unerwünschte Menschen zu unterdrücken und zu isolieren. Es ist im Gegenteil ein organischer Bestandteil der Gesellschaft. Bei genauerem Hinsehen können wir behaupten, dass das Gefängnis keine Erweiterung der Gesellschaft ist, sondern die Gesellschaft eine Erweiterung des Gefängnisses.

Schon von den jüngsten Jahren an büßen die sog. „zivilisierten Menschen“ ihre Strafe im Innern der Gefängnisgesellschaft ab und gewöhnen sich so an die Einschliessung als Norm. Die sog. Erziehung in sämtlichen Strukturen ist nur der Anfang jener Lebenslänglichkeit, die uns abwechselnd zu Gefangenen und zu Wärtern der Reproduktion der Einsperrungs-Ideologie macht.
Was heißt das konkret? Kaum in der Lage, das erste Wort zu sprechen, lernen wir uns in der bürgerlichen Gesellschaft zu unterwerfen; anfangs stehen (zumindest rein rechtlich) unsere Eltern uns als Autoritäten gegenüber, bevor in Schule, Uni, Ausbildung und Lohnarbeit diese rote Linie weiter durchgezogen wird; die Struktur der Unterwerfung findet sich in allen Bereichen wieder, autoritäre Postionen werden nicht nur von fiesen Bösewichten bezogen. Dieses Verhältnis wird nämlich nicht frei gewählt, viel mehr müssen sich die Individuen gesamtgesellschaftlich zwanghaft darin zu Recht finden, ansonsten gerät man an abgestoßene Randgebiete der Gesellschaft – oder man geht unter.

Wenn wir also davon ausgehen, dass der Knast dieser Gesellschaft innewohnt, und dass sich das bestehende Herrschaftssystem momentan nicht von ihm trennen kann, dann ist eines doch offensichtlich: der Wille, die Gefängnisse zu zerstören, ist unmittelbar verbunden mit der Zerstörung der bestehenden sozialen Verhältnisse. In einem Wort: um gegen das Gefängnis zu sein, muss man unweigerlich auch Revolutionär sein.
Im Hinblick auf die Gefangenenforderungen der USA wird dadurch nun klar: Um sich auf radikale Ziele zu konzentrieren, muss man den Teilkampf überwinden und zu einer Vision und Kritik der Totalität des Bestehenden gelangen. Der Kampf geht ums Ganze. Nicht mehr, nicht weniger.

In diesem Sinne:
der Knastgesellschaft kollektiv den Mittelfinger zeigen!
Die Gesamtscheiße des Kapitalimus bedingungslos runterspülen!

19.2. Dresden-Action // Nazis Blockieren – Extremiumusquatsch und Opfermyten Bekämpfen!

Der Antifa AK Köln unterstützt den Aufruf des Antifa-Bündnisses ¡No Pasarán!.

nopa
Am 13. Februar 2010 haben wir mit entschlossenen Blockadeaktionen den größten und wichtigsten Naziaufmarsch Europas in Dresden verhindert. Wir haben den Rahmen des symbolischen Protests verlassen und mit der Aktionsform Massenblockade den kollektiven Ungehorsam auch nach Dresden getragen. Mit Tausenden von Menschen, viele von ihnen aus ganz Deutschland angereist, haben wir den Ort der Auftaktkundgebung der Nazis am Bahnhof Neustadt umzingelt und konnten so den Naziaufmarsch verhindern. Die Nazis mussten völlig frustriert die Heimreise antreten.

Auch im kommenden Februar werden wir den geplanten Naziaufmarsch in Dresden verhindern. Dazu werden wir wieder mit Tausenden von Menschen Massenblockaden errichten und mit allen solidarisch sein, die unser Ziel der Verhinderung des Aufmarsches teilen. Aufruf weiterlesen…

13.01.: VA // “Zwischen allen Stühlen”

Lebenswege des Journalisten Karl Pfeifer

Film über und Disskussion mit Karl Pfeifer ( Wien )

1938 flüchtet Karl Pfeifer als Zehnjähriger mit seiner Familie aus Österreich, zunächst nach Ungarn. Vier Jahre später erreicht er Palästina mit einem der letzten Kindertransporte des Hashomer Hatzair. Er lebt im Kibbuz, kämpft im Israelischen Unabhängigkeitskrieg und kehrt Anfang der 50er Jahre nach Österreich zurück.

„In Österreich angekommen musste ich bei der Staatspolizei vorsprechen… Heimkehrer seien in Österreich nur die, die in der Wehrmacht bzw. in der Waffen SS gedient haben.“

Der Film begleitet Karl Pfeifer an zentrale Orte seines Lebensweges. Orte, an denen er antisemitischen Angriffen ausgesetzt war. Orte, an denen er seine politischen Einstellungen schärfte. Seinen Lebenswegen zu folgen bedeutet jedoch auch den Bahnen und Verstrickungen des österreichischen Antisemitismus zu folgen. Weiterlesen

Privatisierung des „Abschiebegeschäfts“

Die Privatisierungswelle macht auch vor der Flüchtlingsversorgung und der Abschiebepraxis nicht halt. Das Geschäft mit der Abschiebung floriert mittlerweile in der BRD. „Professionell und effizient“ sind die Schlagworte unter denen Überwachungs- und Versorgungsbereiche in die Hände von privaten Anbietern gelegt werden. Ziele sind Teile der Bewachung und Organisation von so genannten Ausreisezentren sowie Gefängnissen und Unterkünften, aber auch die Versorgung, Betreuung und den Transport von Flüchtlingen auszulagern. 40 bis 50 % der Personalausgaben, so rechnen wissenschaftliche VertreterInnen der Sicherheitsbranche vor, ließen sich mit einem Outsourcing einsparen.

Kötter Security

Kötter Security ist eine Sicherheitsfirma, die im Auftrag von staatlichen und privaten Unternehmen arbeitet. Beispielsweise in Köln ist sie für die Sicherheitsgewährung im Flughafen Köln/Bonn zuständig. In der JVA Büren stellt Kötter Security 50% des Überwachungspersonals und übernimmt die Aufgaben der Schließer, die Türen innerhalb und die Knasteingangstore für die Häftlinge zu öffnen und zu schließen. Da Kötter Security auch MigrantInnen einstellt, kommt es zu der Situation, dass in Büren MigrantInnen für 8,00 € die Stunde bewachen, während die Gefangenen für 2,00 € Stundenlohn arbeiten. Von den 2,00 € wird allerdings fast die Hälfte einbehalten, um die „entstandenen Kosten“ der Inhaftierung und Abschiebung zu finanzieren. Auf einer Security Messe empfahl sich Kötter Security damit, dass sie bereits die Infrastruktur besäßen, um Knäste komplett in privater Regie zu übernehmen. Um sich auf diesem Gebiet weiter zu profilieren, gründete Kötter Security eigens einen so genannten Sicherheitsbeirat, in dem so illustre Persönlichkeiten wie General a.D. Ulrich Wegener, Gründer der GSG9, Dr. Peter Frisch, ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Hubertus Grützner, ehemaliger Bundesvorsitzender des Bundesgrenzschutzverbandes sitzen.

Der Sicherheitsbeirat soll sich bei der Politik dafür einsetzten, weitere Bereiche der Gefängniswirtschaft zu privatisieren. 2004 wurde in Hünfeld der Grundstein für das bundesweit erste teilweise privat geplante, gebaute und betriebene Gefängnis gelegt.

European Homecare

Neben Kötter Security ist ein weiteres expandierendes privates Unternehmen mit der Versorgung von Insassen in der JVA Büren betraut. Seit dem 1.1.2003 wird die psychosoziale Betreuung der Abschiebehäftlinge in Büren durch die private Firma European Homecare, vormals Kote & Mrosek durchgeführt. Zuvor war dies jahrelang Aufgabe des Deutschen Roten Kreuz (DRK).

Die psychosoziale Betreuung war eingerichtet worden, nachdem Häftlinge mehrmals revoltiert hatten und ist somit als so genannte Befriedungsmaßnahme zu beurteilen. Die Arbeit der hauptamtlichen BetreuerInnen besteht demnach im Wesentlichen aus psychosozialer Beratung, also klassischer Sozialarbeit, zusätzlich werden Freizeitmaßnahmen wie Koch- oder Deutschkurse angeboten. Zur Zeit werden vier Menschen mit je einer halben Stelle beschäftigt, die alle schon für das DRK gearbeitet haben. Nach wie vor ist es den MitarbeiterInnen aber nicht erlaubt, rechtliche Hinweise oder Beratung zu geben sowie Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Die Sorgen vieler Häftlinge, wie sie aus dem Abschiebegefängnis herauskommen oder die Suche nach Möglichkeiten einer Verhinderung der Abschiebung bleiben somit unbeantwortet. Es geht in der psychosozialen Betreuung ausschließlich um das subjektive psychische Wohlbefinden der Eingesperrten.

Warum aber wurde die private Dienstleitungsfirma European Homecare mit diese Beratung betraut und nicht mehr das DRK? Ein Unterschied zwischen DRK und European Homecare besteht in der Vergütung. European Homecare hat den Zuschlag für die Betreuung in Büren bekommen, weil sie mit 12,90 € pro Tag und InsassIn deutlich unter dem Angebot des DRK von 17,- € blieb.

European Homecare übernimmt neben der psychosozialen Beratung in Abschiebegefängnissen auch die so genannte „Rückkehrberatung“ in elf deutschen und vier österreichischen Erstaufnahmestellen und Wohnheimen für MigrantInnen. In der „Rückkehrberatung“ geht es laut eigener Aussage von European Homecare auf ihrer Homepage darum, den MigrantInnen Informationen über ihre Lage und eine so genannte „realistische Einschätzung der Perspektiven“ aufzuzeigen. So soll zum Beispiel die berufliche Qualifikation der zu Betreuenden evaluiert und ermittelt werden, um herauszufinden ob sich die jeweilige Ausbildung dazu eignet in der BRD beruflich Fuß zu fassen. Hauptsächlich dient die „Rückkehrberatung“ allerdings dazu die Annahme zu erlangen, dass eine Ausreise für die MigrantInnen die richtige und einzige Alternative darstellt.

Neben der Beratung ist European Homecare auch im Immobiliengeschäft tätig und bietet den Service Immobilien in Asylunterkünfte umzubauen. Weitere Dienstleistungen sind z.B. die „Unterbringung sozialer Randgruppen“, die Verpflegung von Flüchtlingswohnheimen und Ausreisezentren, „Beschaffung von Einrichtungsgegenständen“, „Verwaltungssoftware“, und die allgemeine Projektberatung.

Ein regionales Beispiel für die Arbeit der EHC ist die psychosoziale Betreuung auf dem Transitgelände des Düsseldorfer Flughafens, auf dem MigrantInnen 19 Tage lang festgehalten werden können bis sie einen Asylantrag stellen dürfen oder abgeschoben werden.

Psychoterror als „Beratung“

Die „rückkehrorientierte Beratung“, die den MigrantInnen verdeutlichen soll, dass es für sie keine Bleiberechtsperspektive in Deutschland gibt, ist keine Beratung. Denn eine Beratung ist prinzipiell ergebnisoffen und darauf ausgerichtet, mit den AdressatInnen verschiedene Handlungsalternativen zu erarbeiten. Die so genannte Beratung in Abschiebeknästen und Ausreisezentren hat jedoch nur ein Ziel: die schnellstmögliche Ausreise. Dass sie eher Verhöre sind und psychischen Druck aufbauen sollen, zeigt die Tatsache, dass die VerhörerInnen in polizeilichen Verhörmethoden geschult werden.

Die Privatisierung von Gefängnissen und Abschiebezentren sichert durch die praktizierte „Effizienz“ die Gewinne der Firmen im „Flüchtlingsgeschäft“. Was diese angebliche Effizienz hervorzubringen vermag, zeigte sich bereits im Februar 2002 in der Nähe von London. Dort brach 3 Monate nach der Fertigstellung eines „Immigration Detention Centres“ ein verheerendes Feuer aus, weil an der Sprinkleranlage gespart worden war. Die Feuerwehr durfte erst auf das Gelände, nachdem die Polizei es umstellt hatte, damit keiner der 385 Flüchtlinge davonkommen konnte. Mehrere Menschen wurden verletzt oder verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Dass im Folgenden dreizehn Flüchtlinge angeklagt wurden und nicht der private Betreiber des Abschiebegefängnisses, obgleich die Feuerwehr erhebliche Sicherheitsmängel in der Nachuntersuchung feststellte, ist Programm des „effizienten Flüchtlingsgeschäfts“.

Abschaffen!

Neben den Effizienz- und Kostenfragen ergeben sich aus der Privatisierung für Bund und Länder zahlreiche Vorteile daraus, ein privates Unternehmen zu beschäftigen. Ein abhängiges Dienstleistungsunternehmen stellt keine lästigen menschenrechtlichen Fragen oder plädiert gar für die Einhaltung von Mindeststandards. Eine Privatfirma lässt auch sicherlich keine öffentliche Kritik an katastrophalen Zuständen in Gefängnissen und Ausreiselagern verlauten. Darüber hinaus kann die Verantwortung für eskalierende Situationen und Vorfälle abgeschoben und als Versagen der Unternehmen ausgelegt werden. Skandalös genug, dass Flüchtlinge gegängelt werden durch Meldeauflagen, eingesperrt werden dafür, dass sie ein selbst bestimmtes, uneingeschränktes Leben führen wollen und abgeschoben werden in Länder, wo ihnen Folter, Vergewaltigung und Mord drohen. Dass durch die Privatisierung von Gefängnissen mit dem Leid der MigrantInnen auch noch Geld verdient wird, private Firmen an der rassistischen Gesetzgebung mit verdienen und das Leben der gefangenen MigrantInnen bis zu letzt der kapitalistische Verwertungslogik ausgesetzt wird, ist zum Kotzen!

In diesem Sinne:

Solidarität muss praktisch werden!