Aufruf zur Gedenkdemonstration am 9. November 2007

69 Jahre danach…

Im dritten Jahr in Folge ruft ein loses Bündnis von antifaschistisch gesinnten Menschen in Köln zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht von 1938 und zum Kampf gegen jeglichen aktuellen Antisemitismus auf. Beginnen werden wir mit einer Gedenk-Kundgebung am Offenbachplatz, dem Ort, an dem einst Kölns größte Synagoge stand, an die heute nur noch eine kleine Gedenktafel erinnert. Daran anschließend werden wir in der St. Apernstraße, bis zum NS ein Zentrum des vielfältigen jüdischen Lebens in Köln, die Unmöglichkeit wagen, uns zumindest ansatzweise eine Vorstellung davon zu machen, wie selbstverständlich jenes jüdische Leben trotz der langen Traditionen des Antijudaismus und des Antisemitismus zu Köln gehörte. Am Bahnhofsvorplatz möchten wir auf die Rolle der Reichsbahn bei der Deportation in die Vernichtungslager des Deutschen Reichs hinweisen. Noch heute weigert sich der Vorstand des Rechtsnachfolgers der Reichsbahn, die Bahn AG, dem Gedenken an 11.000 jüdische Kinder, die von Frankreich aus in Viehwagons in den Tod geschickt wurden, einen angemessenen Raum in den Bahnhöfen zu gewähren. Abschließend werden wir an der Gedenktafel am ehemaligen Aufgang Bahnhof Deutz-Tief den Ort besuchen, von dem aus die Deportationszüge aus Köln in die Ghettos und Vernichtungslager im Osten losfuhren.

Die Reichspogromnacht

Die Reichspogromnacht im November 1938 markiert rückblickend einen entscheidenden Übergang von der sukzessiven Entrechtung und der Verdrängung der jüdischen Bevölkerung aus dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben hin zum offenen staatlich legalisierten und organisierten Terror, zu Deportation, Mord und Vernichtung. Die antisemitisch verfolgten Individuen und Gruppen mussten die Pogrome als Signal dafür werten, dass die bisher zumeist beschrittene Strategie der Unauffälligkeit, der möglichst unsichtbaren Wirtschaftstätigkeit und der bescheidenen Lebensführung einem Antisemitismus, der sich zunehmend als eliminatorisch herauskristallisierte, nicht genügten. Eine Flucht aus Deutschland war für die meisten in der Folge jedoch noch schwieriger, dennoch setzte nach der Reichpogromnacht eine große Flucht- und Auswanderungswelle ein.

Die NSDAP-Propaganda versuchte die Novemberpogrome als „spontane“ Reaktion der Bevölkerung auf den Tod des deutschen Diplomaten Ernst Eduard vom Rath zu inszenieren. Dieser wurde am 7. November 1938 in Paris von einem 17-jährigen Juden namens Herschel Grynszpan niedergeschossen und erlag zwei Tage darauf seinen Verletzungen. Die Familie Grynszpans war kurz vor der Tat mit ca. 18 000 weiteren Juden polnischer Herkunft in der ersten groß angelegten Massendeportation aus Deutschland ausgewiesen worden und musste sich im deutsch-polnischen Grenzgebiet durchschlagen. Ein entscheidendes Tatmotiv Grynszpans war, die internationale Aufmerksamkeit auf die Not der Abgeschobenen zu lenken. Die NSDAP instrumentalisierte die individuelle Tat eines Verzweifelten, um mit ihr eine vermeintliche Bestätigung für den antisemitischen Wahn einer „jüdischen Weltverschwörung“ zu konstruieren.

Die ersten Seiten der auf Linie getrimmten Presse sollten sie als Anschlag des „internationalen Judentums“ auf das Deutsche Reich darstellen. „In eigenen Kommentaren ist darauf hinzuweisen, dass das Attentat des Juden die schwersten Folgen für die Juden in Deutschland haben muss“, forderte ein Schreiben, das Josef Goebbels an die gesamte Presse richtete. Auch wenn der „spontane Volkszorn“ nicht der Ursprung des Pogroms war, erwies sich die deutsche Bevölkerung in der großen Mehrheit als willens, den Terror gegen die jüdischen Nachbarn zu akzeptieren, ihn schweigend hinzunehmen, ihn anzufeuern oder sich gar aktiv daran zu beteiligen. Widerstand gab es nur sehr vereinzelt. Leiser Unmut äußerte sich – wenn überhaupt und das auch nur hinter vorgehaltener Hand – gegenüber der vermeintlich unkontrollierten Entfesselung der Gewalt.

Brandschatzende Horden in den Straßen kratzten am Ordnungsbedürfnis vieler Deutscher. Ihrem autoritären Charakter folgend war es für die Mehrheit der Deutschen ein besserer Weg, die so genannte „Entjudung“ in behördlich organisierten Bahnen durchzuführen. „Wilde Arisierungen“, Plünderungen und der Mob in der Straße vermochten es, dass viele sich um den sozialen Zusammenhalt insgesamt Sorgen machten. Hier fanden die Bedürfnisse der Mehrheitsbevölkerung und das Interesse des NS-Staates zusammen: Das Gewaltmonopol des Staates sollte nicht angetastet werden. Dies sollte der Öffentlichkeit im Anschluss an die Novemberpogrome mitgeteilt werden. So hält der damalige Chef der Sicherheitspolizei, Reinhard Heydrich, in einem Bericht zu den Vorkommnissen der Reichspogromnacht fest: „In zahlreichen Städten haben sich Plünderungen ereignet. Es wurde, um weitere Plünderungen zu vermeiden, in allen Fällen scharf durchgegriffen.“ Es hat zwar vereinzelte Festnahmen im Rahmen der umfangreichen Plünderungen gegeben, diese waren jedoch eher symbolischer Natur. Für alle Handlungen, die trotz der erwünschten antisemitischen Übergriffe als Straftaten gewertet wurden – mit Ausnahme Verge-waltigungen -, erhielten die TäterInnen eine Amnestie. Die Botschaft, die an die Bevölkerung, aber auch an die unterschiedlichen Interessensgruppen innerhalb des NS-Apparates gerichtet wurde, war dennoch eindeutig: Die „Entjudung“ und der damit verbundene Raubzug werden unter die Oberaufsicht des Staates gestellt.

Der Logik folgernd handelte der Staat unmittelbar nach den Pogromen, die „Maßnahmen zur wirksamen legalen Ausschaltung der Juden aus der deutschen Wirtschaft“ wurden weitergeführt. Im Dezember 1938 schreibt Hermann Göring in einer Anordnung, die Übernahme jüdischer Betriebe und sonstiger Vermögenswerte habe auf „streng gesetzlicher Grundlage“ zu erfolgen. Es sind diese „Legalität“, die „Normalität“ und die „Rechtmäßigkeit“, mit der der Antisemitismus als Staatsziel in der Breite umgesetzt wurde, die den Nationalsozialismus und das Verhalten der Deutschen im NS in ihrer Qualität zeichnen. Die schrittweise Entrechtung der Jüdinnen und Juden, den Straßenterror gegen sie, den wirtschaftlichen Boykott und die antisemitische Hetze in der Öffentlichkeit haben alle Bevölkerungsteile in einer Großstadt wie Köln miterlebt. Unzählige haben sich gern und wissentlich an der „Arisierung“ jüdischen Eigentums beteiligt, indem sie sich ganz legal das Eigentum deportierter Jüdinnen und Juden, die sie nicht selten sogar persönlich kannten, bei Versteigerungen zu einem Spottpreis aneigneten. Dass die erworbenen Gegenstände jüdischer Herkunft waren, wurde zumeist auf den Rechnungsunterlagen vermerkt. In der Regel wussten die Neubesitzenden also über die Herkunft ihres so günstig erworbenen Neubesitzes. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass die Gewissheit, dass die ehemals jüdischen Besitzerinnen und Besitzer nicht mehr wiederkehren und Rechenschaft für die durch „Arisierung“ erworbenen Besitztümer verlangen würden, bei den Käuferinnen und Käufern durchaus eine Rolle gespielt haben dürfte. Dementsprechend wurde das Thema Arisierung im postnazistischen Deutschland bislang nie umfassend thematisiert. Es eignet sich kaum, um den sozialpsychologischen Bedürfnissen der Mehrheit zu entsprechen. Diese enthalten die Tendenz, die Fragen nach Schuld und Beteiligung abzugrenzen und auf ein paar wenige Täter und Täterinnen, die als Fanatiker oder psychisch Kranke zum gesellschaftlich Anderen gemacht werden, zu richten.

Die Novemberpogrome von 1938 offenbaren das Ausmaß des organisierten Antisemitismus. Zunächst das Pogrom, die Zerstörung und Plünderung jüdischen Eigentums, der Terror gegen Individuen. Die Opfer werden in der Folge gezwungen, selbst die Schäden unverzüglich zu beseitigen und die Kosten zu tragen. Versicherungsleistungen wurden „zugunsten des Reichs“ beschlagnahmt. Zusätzlich werden von den Jüdinnen und Juden deutscher Staatsangehörigkeit unter Hermann Görings Führung 1,2 Milliarden Reichsmark als eine „Sühneleistung“ erpresst. Da Zehntausende verhaftet und verschleppt wurden, war es den meisten zusätzlich stark erschwert, die eigenen Interessen wahrzunehmen. Die Verhafteten mussten sogar für die Transportkosten im Rahmen ihrer Verhaftung aufkommen. So stellte zum Beispiel die Rhein-Sieg Eisenbahn Aktiengesellschaft den Verhafteten aus dem Großraum Köln je 0,65 Reichsmark in Rechnung und unterzeichnete die Rechnung: „Mit deutschen Gruß!“ Diese Kombination aus wahnhaftem Antisemitismus und zweckrationalen Anteilen, die sich vor allem in den staatlich überwachten räuberischen Exzessen äußerten, die bis in die Vernichtungslager penibel organisiert waren, war für den Nationalsozialismus ein wesentliches Merkmal.

Die Kontinuität und das Neue des Antisemitismus

Auch heute sind Jüdinnen und Juden von Antisemitismus bedroht. Die Hintergründe dafür, aber auch die Art und Weise, wie sich Antisemitismus äußert, sind sehr vielfältig und komplex. Wenn heute also von einem „Neuen Antisemitismus“ gesprochen werden muss, dann ist damit nicht nur ein Wiederaufflammen antisemitischer Einstellungsmuster und Übergriffe gemeint.

Die psychosoziale Betreuung war eingerichtet worden, nachdem Häftlinge mehrmals revoltiert hatten und ist somit als so genannte Befriedungsmaßnahme zu beurteilen. Die Arbeit der hauptamtlichen BetreuerInnen besteht demnach im Wesentlichen aus psychosozialer Beratung, also klassischer Sozialarbeit, zusätzlich werden Freizeitmaßnahmen wie Koch- oder Deutschkurse angeboten. Zur Zeit werden vier Menschen mit je einer halben Stelle beschäftigt, die alle schon für das DRK gearbeitet haben. Nach wie vor ist es den MitarbeiterInnen aber nicht erlaubt, rechtliche Hinweise oder Beratung zu geben sowie Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Diese waren ohnehin immer ein Teil der Realität in Deutschland und konnten in der Vergangenheit bestenfalls erfolgreicher (aus der Öffentlichkeit) verdrängt werden. Das Neue am „Neuen Antisemitismus“ besteht auch darin, dass er mit anderen Subjekten und anderen ideologischen Anbindungen verknüpft wird. Antisemitismus findet sich nicht nur bei der (extremen) Rechten oder in rechts dominierten Diskursen.

Als „sekundärer Antisemitismus“ bedient er in breiten Teilen der deutschen Mehrheitsbevölkerung das sozial-psychologische Bedürfnis nach Erinnerungsabwehr und Entlastung von Scham und Schuld, die aus der Shoah rühren und die einer positiven Identifikation mit der deutschen Nation im Weg stehen. Der jüdische Arzt Zwi Rix hat dieses Phänomen treffend auf den Punkt gebracht mit seinem Ausspruch: „Auschwitz werden die Deutschen uns nie verzeihen.“

Als Re-Import aus der islamisch geprägten Welt findet Antisemitismus aber auch Anschluss an hier lebende Migrantinnen und Migranten. Und auch in der Linken lassen sich bei bestimmten personifizierenden Kapitalismus-„Analysen“ und vor allem bei kruden antizionistischen Positionen antisemitische Tendenzen feststellen. Wie immer sich Antisemitismus äußern mag, für die Betroffenen muss er nach Auschwitz als Vernichtungsdrohung aufgefasst werden. Ihnen gilt unsere Solidarität und unsere Unterstützung im Kampf gegen jede Form des Antisemitismus. Ein regionales Beispiel für die Arbeit der EHC ist die psychosoziale Betreuung auf dem Transitgelände des Düsseldorfer Flughafens, auf dem MigrantInnen 19 Tage lang festgehalten werden können bis sie einen Asylantrag stellen dürfen oder abgeschoben werden.

Bündnis zum Gedenken an die Opfer der Progromnacht 1938

Aktionstag gegen Überwachung

Unsere Idee ist, dass Gruppen und Einzelpersonen an diesem Tag Aktionen in der Stadt gegen alle Formen staatlicher und privatwirtschaftlicher Kontrolle und Überwachung machen. Die Einführung der Fingerabdrücke im Pass ab 1. November 2007 ist dabei nur ein Anlass. Hinzu kommen Maßnahmen wie Vorratsdatenspeicherung bei allen elektronischen Telekommunikationsmitteln, Onlinedurchsuchung von Computern, Einsatz der Bundeswehr zur Überwachung von DemonstrantInnen, RFID-Chips als Überwachungsmittel (z.B. in der Monatsfahrkarte der KVB), Videoüberwachung im öffentlichen und privaten Raum, Aufnahme weiterer biometrischer Daten in Ausweispapiere (Irisscan) vor allem bei MigrantInnen, Einführung der elektronischen „Gesundheitskarte“, DNA-Speicherung, usw..

Der digitalisierte Fingerabdruck
Ab dem 1. November 2007 werden auf dem RFID-Chip, der im Deckel der deutschen Pässe steckt, zwei Fingerabdrücke der PassinhaberInnen gespeichert. Dazu müssen alle, die einen neuen Pass beantragen, neben einem zur biometrischen Erkennung speziell erstellten Passbild auch zwei Fingerabdrücke einscannen lassen. Beide biometrische Erkennungsmerkmale (Gesichtskonturen und Fingerabdrücke) werden auf dem Chip gespeichert und bei Passkontrollen abgerufen. Zum Abgleich muss mensch an Kontrollstellen (z.B. Flughäfen) dann jedesmal wieder Fingerabdrücke und Gesicht durch Scanner ablichten lassen. Diese Prozedur mussten bisher nur Menschen über sich ergehen lassen, die als Verdächtige einer Straftat einer erkennungsdienstlichen Behandlung bei der Polizei ausgesetzt waren. Es ist das erste Mal, dass der Staat über den Pass die Fingerabdrücke fast aller BürgerInnen erfasst. Noch ist es nicht erlaubt, die Fingerabdrücke aller in zentralen Dateien zu speichern, wie es in Deutschland bereits seit längerem bei Menschen geschieht, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Doch die Einführung biometrischer Merkmale bei Personalausweisen ist geplant und folgt ab 2008. Und schon bei den Pässen wurde eine Speicherung in Dateien diskutiert. Die Übermittlung der Passbilder an Ordnungs- und Polizeibehörden wurde gerade erst erleichtert. Als Beispiel der schleichenden Ausweitung von Datenspeicherungen, die der Identifizierung dienen, ist die DNA-Speicherung zu nennen, die zuerst stark begrenzt heute immer häufiger durchgeführt wird und in Großbritannien inzwischen jedeN trifft, der/die nur einer Straftat verdächtigt wird. Die Speicherung der Fingerabdrücke in zentralen Dateien ist nur eine Frage der Zeit. Somit dienen sie dann nicht nur der Verifizierung der Ausweispapiere und der Identifizierung der InhaberInnen, sondern können auch zur Strafverfolgung und Überwachung genutzt werden.

Online-Durchsuchung
Mit der so genannten Online-Durchsuchung soll die Möglichkeit geschaffen werden, ohne Wissen der BesitzerInnen auf private Computer zugreifen zu können. Dies sieht ein Änderungsentwurf des Gesetzes über das Bundeskriminalamt vor, der nach Plänen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Herbst dem Bundestag vorgelegt werden soll. Demnach kann die Spitze des BKA zur „Gefahrenabwehr“ einen auf drei Monate befristeten Antrag bei Gericht stellen. Zudem sind auf Antrag Verlängerungen um jeweils drei Monate möglich. Bei „Gefahr im Verzug“ soll die Ausspähung für bis zu drei Tage auch ohne Gerichtsbeschluss möglich sein. Während es auf Bundesebene noch keine Regelung gibt, ist die Online-Duchsuchung in einigen Bundesländern bereits Realität. So trat in Nordrhein-Westfalen zum 1. Januar 2007 das geänderte Verfassungsschutzgesetz in Kraft, das den Zugriff auf private Rechner ermöglicht. Gegen das Gesetz wurden mehrere Verfassungsbeschwerden eingereicht, mit denen sich das Bundesverfassungsgericht am 10. Oktober an einem ersten Verhandlungstermin befassen wird. Die geplante Online-Durchsuchung stellt einen massiven Eingriff in die Privatsphäre dar. Zudem diskutieren mehrere PolitikerInnen bereits jetzt über mögliche weitere Schritte, etwa über die präventive Speicherung von Dateien. Diese sollen dann erst nachträglich von einem Richter oder einer Richterin in die Kategorien „nicht privat“ und „privat“ (und somit nicht weiter zu untersuchen) aufgeteilt werden.

Vorratsdatenspeicherung
Mit der so genannten Vorratsdatenspeicherung sollen ab 1. Januar 2008 TelekommunikationsdienstanbieterInnen zur Speicherung von Verbindungsdaten für die Dauer von sechs Monaten gezwungen werden. Der entsprechende Gesetzesentwurf wurde bereits vom Bundeskabinett beschlossen und soll am 21. September im Bundestag beraten werden. Der Entwurf umfasst beispielsweise die an einem Telefonat beteiligten Nummern, sowie Datum, Dauer und Uhrzeit des Gesprächs. Bei Mobilfunkgesprächen soll zudem der Standort der anrufenden Person und die IMSI-Nummer (International Mobile Subscriber Identity), die jedem Handy eindeutig zugeordnet werden kann, gespeichert werden. Beim Surfen sind die IP-Adresse, der Anschluss, das Datum, die Dauer und die Uhrzeit der Verbindung betroffen. Außerdem sollen bei allen Mails die beteiligten Adressen sowie die Ein- und Ausgangsdaten gesammelt werden. Mit der Vorratsspeicherung werden ohne Verdachtsmomente von allen Personen Unmengen an Daten gespeichert, die für ein halbes Jahr abrufbar sind. Die Nutzung der Daten – etwa bei der Strafverfolgung – ist laut Gesetzentwurf zwar an den so genannten Richtervorbehalt gebunden, die Aushöhlung dieses Systems dürfte jedoch der nächste Schritt auf dem Weg zum Kontroll- und Überwachungsstaat sein, der alle Menschen unter Generalverdacht stellt. Dies zeigt unter anderem das Beispiel USA. Hier hat der Kongress Anfang August die Überwachung von Telefongesprächen teilweise von diesem Vorbehalt gelöst.

Kontroll- und Überwachungsgesellschaft
Der freie Bürger und die freie Bürgerin, die in der bürgerlichen Demokratie die Politik kontrollieren, sind eine Legende. Noch 1983 hat eine Kampagne gegen die Volkszählung zu einem Verfassungsgerichtsurteil geführt, das dem Datenschutz Verfassungsrang zusprach und jedem/jeder das Recht gab, grundsätzlich selbst über die eigenen Daten zu bestimmen. Heute leben wir in einer Welt, in der kein Schritt vor die Haustür gemacht oder elektronisch kommuniziert werden kann, ohne dass dies aufgezeichnet wird. Alle Menschen sind potenzielle StraftäterInnen und generell verdächtig. Ständig muss mensch seine Identität nachweisen und das unter Preisgabe der persönlichsten, nämlich seiner biometrischen Daten. Diese Daten sind dazu geeignet, den Anspruch auf Gleichheit aller Menschen zu beseitigen und eine lückenlose Überwachung durchzuführen. Mit Freiheit hat das nichts mehr zu tun. Die Gesamtheit der Datenerfassung aus sicherheits-, gesundheits-, steuer- und sozialpolitischen Bereichen zerstört jede Form von Demokratie, deren Grundprinzip, wenn nicht die Abschaffung von Herrschaft, dann doch wenigstens die Kontrolle des Staates durch die BürgerInnen sein muss. Realität ist die rasende Entwicklung zur totalen Überwachung und Kontrolle des/der Einzelnen und von gesellschaftlichen Gruppen. Angetrieben und beschleunigt wird dieses noch dadurch, dass die Entwicklung und Vermarktung von Überwachungs- und Kontrollmitteln ein Wirtschaftsfaktor ist, der riesige Wachstums- und Gewinnraten verspricht, nicht zuletzt, weil diese Produkte auch zur Rationalisierung der Arbeitswelt eingesetzt werden können. In diesen Monaten werden wir geradezu bombardiert von einer Fülle neuer Überwachungskompetenzen für den Staat. Die drei oben dargestellten Beispiele sind neben der Einführung einer zentralen Steuerdatei, in der alle BürgerInnen durchnummeriert werden, wohl die offensichtlichsten aktuellen Eingriffe in unsere Freiheit. Mit dem geplanten Aktionstag wollen wir auf den weiteren Freiheitsverlust aufmerksam machen, auch wenn uns bewusst ist, dass wir damit die Gesetze nicht verhindern werden. Das könnte nur eine Systemveränderung, für die es eine revolutionäre Situation geben müsste, die wir momentan nicht erkennen können. Doch Aufklärung kann ein Schritt zum Widerstand sein. Aktionen des zivilen Ungehorsams bis hin zu militantem Vorgehen gegen Überwachung und Kontrolle sind dabei wichtige die theoretische Aufklärung ergänzende Mittel.

kölner gruppe kontrollverlust

Ab 21 Uhr sind dann am 20.10. alle eingeladen, zur 10jährigen Jubiläumsparty des EA-Köln in die LC 36 (Hans-Böckler Platz) zu kommen. Der Eintritt ist frei und der Erlös aus dem Getränkeverkauf sowie alle Spenden gehen in den vom EA verwalteten kölner ProzessSoliFonds, aus dem linke AktivistInnen bei staatlicher Repression finanziell unterstützt werden können und der seit Jahren eine Ergänzung zur Roten Hilfe darstellt. Es legen drei DJs aus der kölner Linken Musik auf, während wir dann über die Aktionen, die den Tag über gelaufen sind, bei den üblichen LC-Getränken plaudern können.

Reden auf der Spontandemo „Solidarität mit Jacques!“

Rede 1

In der Nacht von Freitag auf Samstag, den 12 Januar 2008, geschah im Kölner Studentenviertel ein rassistischer Übergriff. Eine Gruppe von sieben Personen hat den kongolesischen Kölner Jacques zuerst als „Neger“ beschimpft und Ihn anschließend verprügelt. Rassismus ist nicht nur in Ostdeutschland ein alltägliches Problem für Menschen mit Migrationshintergrund.

Die Opfer von rassistischer oder faschistischer Gewalt gehören meist zu Gruppen, die auch von der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Im Selbstverständnis neonazistischer und extrem rechter Jugendlicher setzen sie nur gewalttätig um, was von vielen gedacht wird. Dieser alltägliche Rassismus zeigt sich in Diskriminierungen und rassistischen Äußerungen im privaten Umfeld ebenso wie in den populistischen und fremdenfeindlichen Parolen von Politikern demokratischer Parteien. Vor allem im Rahmen von Wahlkämpfen tragen sie zu einer ausgrenzenden Stimmung bei. Es wird eine gesellschaftliche rassistische Grundstimmung gegen „Ausländer“ erzeugt, wie man an Kochs Wahlkampfhetze gegen junge MigrantInnen momentan wieder par excellance sehen kann.

Wer in den letzten 20 Jahren in der BRD groß geworden ist, hat ein Klima rigoroser Abschottung der Bundesrepublik und Europas erlebt, der Massenabschiebungen von Flüchtlingen und ihrer Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Die Unterbringung in Lagern und Abschiebegefängnissen vermittelt den Eindruck, es handele sich um Kriminelle und nicht um Schutzsuchende.

Genau dies geschieht gerade in der Kölner Presselandschaft, wo Kölner Rundschau und Express das Opfer Jaqces durch eine suggestive Berichterstattung zu einen kriminellen und Gewalttäter umstempeln wollen, um das rassistische Tatmotiv der Angreifer in den Hintergrund treten lassen zu können.

Es ist kein Zufall, dass ein gesellschaftlicher Aufschrei über die tagtägliche Ungleichbehandlung und die rassistischen Übergriffen von Nazis oder anderen RassistInnen meistens ausbleiben. Nur selten wird überhaupt rassistische Gewalt öffentlich thematisiert. Zu sehr ist die Gesellschaft, die auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert, durch Rassismus, Antisemitismus und Sexismus formiert.

Wir demonstrieren deswegen hier und heute nicht nur um allen Betroffenen von rassistischer Gewalt unsere Solidarität zu zeigen sonder auch um den rassistischen Konsens in der BRD samt seiner ganzen tödlich-fatalen Logik ein klares YA Basta! Entgegenzusetzen.

Rede 2

Vielen StudentInnen waren entsetzt über die rassistische Gewalttat letztes Wochenende und sehen in dieser geradezu einen Widerspruch zu angeblich weltoffenen humanistischen Universität. Gerade deswegen wollen wir an dieser Stelle kurz auf den studentischen Alltag eingehen und zeigen, dass Rassismus sehr wohl strukturiendes Element studentischen Alltags ist.

Fängt ein Student aus einem nicht europäischen Land an in NRW ein Studium aufzunehmen, hat er neben den Studiengebühren an einige Universitäten, ein so genanntes Betreuungsgeld zu zahlen, was jedoch keinerlei Gegenleistung beinhaltet. Zu dem dürfen Studenten aus den außer-europäischen Ländern nur begrenzt arbeiten und haben keinerlei Anspruch auf Bafög oder andere Sozial-Leistungen. So wundert es kaum, dass so gut wie keine AfrikanerInnen an deutschen Universitäten studieren. Im Studium selbst dürfen sich die wenigen, die es doch noch geschafft haben, trotz aller so genannter kritischer Theorie und postmoderner Zeitgenössigkeit häufig genug mit eurozentristischen, ja zum teil rassistischen Lehrinhalten auseinandersetzen.

Auch bei der Suche nach Wohnmöglichkeiten haben StudentInnen aus vor allem nicht europäischen Ländern besondere Diskriminierungen zu erfahren. So gibt es mehrer Straßenzüge in Köln in denen die Vermieter per se keine Schwarze einziehen lassen. Zum Beispiel im Studenten Dorf Hürth Efferen gibt es Zeit Jahren eine inoffizielle Ausländerquote mit der Studentenwerksmitarbeiter ausländische KollegInnen erpressen, ohne dass sich im Studentendorf gegen diese Praxis jemals ein Widerstand entfaltet hätte. Ausländische Studierende wird die Möglichkeit einer finanziellen Selbstversorgung verunmöglicht und gleichzeitig aus rassistischen Gründen Ihnen billiger und guter Wohnraum verwehrt.

Auch bei der Abendgestaltung sind ausländische StudentInnen häufig genug mit Rassismus konfrontiert. So ist es schon häufiger in der Studentdisko „Das Ding“ vorgekommen, das Menschen wegen ihrer Hautfarbe nicht hineingelassen wurden. Auch der als links-alternativ bekannte Veranstaltungsort „Underground“ hat schon häufiger Menschen mit dunklerer Hautfarbe abgewiesen, so dass einen nicht wirklich wundern kann, dass vor drei Wochen ein Türsteher des Underground sogar die Naziklamottenmarke Thor Steinar trug.

Rassismus ist auch in der Universität und im studentischen Alltag allgegenwärtig. Die Rassistische Gewalt ist insofern nur die radikale Zuspitzung eines an sich schon unerträglichen Dauerzustandes. Darum heißt die Gegenwehr gegen rassistische Gewalt auch alle Institutionen und Strukturen einzureißen, die diese erst ermöglichen.

The truth lies in Dresden!

Der 13. Februar 1945 ist im Erinnerungsbild des „deutschen Kollektivs“ seit den Fünfzigerjahren zu einem der wichtigsten „Schuld“-Entlastungsdaten geworden. Schon kurz nach Ende des „Zweiten Weltkrieges“ begannen die DresdnerInnen mit einer Legenden- und Mythenbildung rund um das Bombardement vom 13. Februar. Der Dresden-Mythos zeichnet sich besonders dadurch aus, dass alles, was Schuldgefühle für die Verbrechen während der Nazizeit wecken könnte, ausgeblendet wird. Die Ereignisse des 13. Februar werden aus ihrem historischen Kontext gerissen und verlieren so ihre historische Sinnhaftigkeit. Die Bombenangriffe werden im „deutschen Kollektiv“ nur noch als sinnloser „Bombenterror“ oder – wie es die NPD ausdrückt und somit die tatsächliche Tendenz zur Verharmlosung des NS-Regimes offenbart – als „Bombenholocaust“ dargestellt.

A day before yesterday

Dresden war vor und während des NS-Regimes eine Hochburg der NSDAP. Antijudaismus und Antisemitismus schlugen sich schon früh in einen „Radauantisemitismus“ in Sachsen nieder. Zwei Jahre vor der Machtübernahme Hitlers forderte der „sächsische Mussolini“ Martin Mutschmann (sächsischer Gauleiter) schon die Vernichtung der „Juden“ und prophezeite: „Es kommt der Tag der furchtbaren Abrechnung“. Während der NS-Diktatur kam es, wie in ganz Deutschland, auch in Dresden zu Entrechtungen von Jüdinnen und Juden bis hin zur ihrer Deportation. Dass die meisten DresdnerInnen der NS-Inhumanität nichts entgegensetzten, ist belegt. Ebenso belegt ist, dass in Dresden die größte NSDAP-Dichte pro Kopf der Bevölkerung war. Der letzte Transport aus Dresden in die Vernichtungslager sollte am 14. Februar stattfinden, doch dank des Bombenchaos konnten über einhundert Jüdinnen und Juden entkommen.

Dresden war keineswegs nur eine „Kulturstadt, die keinerlei militärische Ziele barg“, sondern war „eines der ersten Industriestandtorte des Reiches“. (Dresdner Jahrbuch 1942) Die Mehrzahl der Betriebe war bis 1944 fast vollständig auf die Rüstungsproduktion umgestellt worden. Dresden war zudem einer der wichtigsten Transportknotenpunkte des NS-Regimes, so war Dresden die Verbindung der Nord-Süd und Ost-West-Achse des Regimes. Dresden war im Jahre 1945 der letzte Rückzugsort des Nationalsozialismus und bot noch eine intakte Kampfbasis der Ostfront..

Lies, lies, lies

Der Dresden-Mythos rankt sich im Wesentlichen um zwei Lügen: Erstens wird das Ausmaß der Zerstörung und die Zahl der Opfer übertrieben, um eine angebliche Singularität des Ereignisses zu suggerieren. Zweitens wird der Angriff als militärisch sinnlos – mithin als ein „Terror gegen die Zivilbevölkerung“ – dargestellt.

Lie number one:

Gerade in den Aufrufen der Neofaschisten wird von Jahr zu Jahr die Zahl der Opfer nach oben „korrigiert“. Wäre das ganze Spektakel ihrer so genannten Traueraufmärsche für Leib und Leben von MigrantInnen und JüdInnen an diesen Tagen in Dresden nicht so hoch, könnte man fast in schallendes Gelächter ausbrechen. Aber auch in der Zivilgesellschaft werden gerne „Opferzahlen“ des Holocaustleugners David Irving bemüht, was als kleine historische Randnotiz übrigens auch die RAF-Aktivistin Ulrike Meinhof 1965 in der Zeitschrift „konkret“ tat. Als gesicherte Zahlen gelten statt der behaupteten 350.000 Toten eher 25.000 bis 35.000 Opfer. Blickt man über Deutschland hinaus so wird die Ungeheuerlichkeit des Dresden-Mythos erst richtig klar. In Dresden kamen 25.000 Tote auf 630.000 EinwohnerInnenn, in Leningrad kamen auf 700.000 Opfer zwei Millionen. Auch beim Vergleich des Anteils von zerstörten Wohnungen nimmt Dresden mit 60 Prozent lediglich Platz 22, hinter Städten wie Düren, Köln oder Bocholt ein.

Lie number two:

Die Einzigartigkeit Dresdens bestand lediglich darin, dass die Stadt erst in den letzten Kriegsmonaten zum Ziel der alliierten Angriffe geworden war. Häufig wird Sir Arthur Harris, der 1942 das Kommando über die britischen Bomberverbände übernommen hatte, im Dredens-Mythos als böser Dämon stilisiert, der den „unschuldigen DresdnerInnen“ das Leid gebracht hätte. Vergessen wird dabei eines, nämlich selbst unter der falschen Annahme, es hätte sich bei den Bombardements nur um das so genannte „moral bombing“ gehandelt, also die psychische Zersetzung des Feindes und seiner Zivilbevölkerung, ist das gewünschte Resultat, eine Abkehr der „Deutschen“ von ihrem „Führer“, nicht eingetreten. In Italien hatte das „moral bombing“ dazu geführt, dass große Teile der Arbeiterschaft im März 1943 offen gegen das faschistische Regime auftraten. In Deutschland und in Dresden blieben „Ehre und Treue“ nicht nur der SS sondern des „einfachen, normalen Deutschen“ für Adolf Hitler.

The tears of the Krauts

Seit Jahren findet vor der Frauenkirche in Dresden am 13. Februar ein Gedenkritual für die „Opfer des Bombardements“ statt. In den letzten Jahren zeichnet sich ein neuer „Rahmen für das Erinnern“ ab. Die früher offen praktizierte Schuldabwehr und Revisionismus, d.h. die explizite Gleichsetzung mit der Shoa und deren damit einhergehende Relativierung ist inzwischen nur noch Sache der Nazis. Zu sehr ist seit der rot-grünen Regierungsperiode die Singularität von Ausschwitz im „bürgerlichen Diskurs“ angekommen. Man präsentiert sich heute als das „erfolgreich geläuterte Deutschland“, das „aus seinen Fehlern gelernt hätte“. Der „modernisierte Dresden-Mythos“ betont gerade die „Erfahrungen der Geschichte“ und leitet daraus für das „neue Deutschland“ eine „Verantwortung und Verpflichtung“ ab, die in der Massen-Bombardierung des ehemaligen Jugoslawien zum ersten Mal seinenAusdruck fand.

Die bundesdeutsche Neonazi-Szene „gedenkt“ den „Opfer“ mit ihren „Trauermärschen“ in offenen Revanchismus, Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus. Die von der „Jungen Landmanschaft Ostpreußen (JLO)“ seit Jahren angemeldeten Aufmärsche entwickelten sich in den letzen zehn Jahren zu einem der wichtigsten Neonazievents im Jahresterminkalender. Waren im Jahre 2000 noch 500 Nazis auf dem jährlichen Aufmarsch mit dabei, konnten 2004 schon 2100, 2005 sogar 6000 Neonazis auf dem Aufmarsch gezählt werden. Auch in diesem Jahr werden diverse Antifa- Gruppen versuchen, den Naziaufmarsch am 16. Februar zu verhindern. Weitere Informationen findet Ihr unter:

www.venceremos.antifa.net In diesem Sinne:
For ever we thank you: Allies!

Redebeitrag des Antifa AK auf der Knastdemo 2007

Wer auf das zurückliegende Jahr blickt, stellt fest dass das G8-Happening zentraler Mobilisierungs- und Aktionspunkt der post-autonomen Bewegung darstellte. Wir wollen hier keine Bewertung des Protest-Gipfels und seines Sinns bzw. seiner Sinnlosigkeit für das Vorantreiben des „revolutionären Kampfes“ geben, sondern einige Punkte aus der Debatte um die Repressionsstrategien bundesdeutscher Behörden aufgreifen und kritisieren.

Die Problematik der politischen Repression gegen linke Zusammenhänge bestand schon lange vor den Hausdurchsuchungen am 9. Mai 2007 und den §129a-Verfahren gegen vermeintliche Mitglieder der Militanten Gruppe. Auch der polizeiliche Ausnahmezustand während des G8-Gipfels mit seinen Massen-Ingewahrsamnahmen usw. stellt in der Geschichte der BRD keine wirkliche Einzigartigkeit dar. Gerade deswegen ist es uns wichtig einen Blick auf die politische Bewertung der aktuellen Repressionsmaßnahem zu werfen und zu überlegen inwiefern wirklich noch linksradikale Kritik in dem Widerstand gegen die Repression formuliert wird.

Mehrer Punkte erscheinen unserer Meinung nach in der Debatte fragwürdig.

In vielen Publikationen und Stellungnahmen diverser post-autonomer Gruppen wird und wurde immer wieder ein Bild gezeichnet, das auf den Widerspruch zwischen dem bürgerlichem Rechtsstaat und – wir nennen es jetzt mal – den partiellem totalitären Ausnahmezustand, welcher durch so genannte Sondergesetze wie §129a herbeigeführt wird, hinausläuft.

In den Mittelpunkt dieser vermeintlich linksradikalen Kritik standen und stehen ausschließlich polizeiliche Ermittlungs-Methoden und Sondergesetze, die nach Meinung der KritikerInnen den rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwider laufen. Dies hat zur Folge, das die Kritik an der Repression gegen linke Zusammenhänge zu einer Kritik an der Kriminalisierung Unschuldiger verkommt, die kein einziges Wort mehr über Hintergründe, Strategie und Positionen einer militanten Kampagne oder eines G8-Protests in der Öffentlichkeit verliert. Kurzgefasst: Man entpolitisiert sich selber.

Ein weiterer Kritik-Punkt unsererseits an der momentanen verquereren Antirepressionsargumentation hat die Militante Gruppe selber vor gut 4 Jahren wie folgt formuliert: „Wir halten es für eine politisch hilflose Geste auf vermeintliche Verstöße gegen einzelne bürgerliche Rechtsgrundsätze aufmerksam machen zu wollen, ohne den systemimmanenten Charakter der Klassenjustiz aufzuzeigen bzw. diesen zu vernachlässigen.“

Eine linksradikale Antirepressionsargumentation sollte statt auf das Einhalten demokratischer Spielregeln zu pochen, die Rechtsstaatlichkeit als spezifische Form kapitalistischer Herrschaft begreifen. Der Rechtsstaat sichert den gesellschaftlichen Rahmen der Produktion für den Profit und die Reproduktion der Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse. Es ist das demokratische gesetzliche Regelwerk was den repressiven Gesamtzusammenhang regelt und exekutiert und nicht irgendwelche durchgedrehten Bundeskriminalamt Mitarbeiterinnen.

Vom repressiven Charakter des Kapitalismus sind wesentlich mehr Leute härter betroffen als die radikale Linke, wir brauchen uns nur die Tore von Ossendorf, die Abschiebegefängnisse oder die Agenturen für Arbeit uns anzusehen um zu begreifen wie der ökonomische Überlebensdruck im Zusammenspiel mit so genannten demokratischen Institutionen ein repressives gesamtgesellschaftliches Verhältniss konstituiert, in dem die Mechanismen von so genannter normaler Strafverfolgung und politischer Repression an sich identisch sind.

Dies führt uns zu unserem letzten Kritikpunkt, und zur der Frage Was tun?

Wir brauen keine Kritik und Praxis, die der staatlichen Ordnung den Anschein einer Vernünftigkeit gibt und einen besseren Staat erfinden will. Statt dessen gibt es die Notwendigkeit über eine verbale Antirepressions- und Antikapitalismuskritik hinauszugehen. Solange wir unsere linksradikale Kritik äußern bewegen wir uns innerhalb der Grenzen des bürgerlichen Rechtsstaats, auch wenn wir innerhalb des bürgerlichen Dialoges nicht anerkannt werden. Aber erst dann, wenn wir die Regeln des bürgerlichen Rechtsstaates nicht anerkennen, in Form einer politischen Praxis, erst dann verleihen wir unserer Kritik, ihren gebührenden Ausdruck.

Deswegen lasst uns für das Ende des Knastsystems,
das Ende der Gewalt, für den Kommunismus kämpfen!