Keine Zeit zu sterben: Gegen autoritären Seuchenstaat und kapitalistischen Normalbetrieb

We will feed each other, re-distribute wealth, strike.
We will understand our own importance
from the places we must stay.
Communion moves beyond walls.
We can still be together.
(Britney Spears/Mimi Zhu)

Was viele vor zwei Wochen noch für unmöglich hielten, ist Realität geworden: Das Corona-Virus greift international um sich, die kapitalistische Maschinerie stockt. Und: der bürgerliche Staat greift durch. Dass auch in Deutschland Parlament und Regierung alles machen, was der Gewaltmonopolist auf Lager hat, dürfte kaum überraschen: Seit jeher war der Seuchenschutz das Gebiet, auf dem der Nationalstaat seinen Bürger*innen demonstrieren konnte, dass er unentbehrlich ist. Was jetzt demokratisch umgesetzt wird, ist ein Traum für alle Fans autoritärer Politik – und hat mit Gesundheitspolitik allzu oft wenig zu tun. Ob sie Söder heißen, Klöckner oder Kramp-Karrenbauer: Grenzschließungen, Ausgangssperren, Kontaktverbot, Polizeieinsatz der Bundeswehr im Innern, Stopp der humanitären Flüchtlingsaufnahme sowie demnächst Arbeitszwang für Asylbewerber*innen, werden quasi nebenbei durchgezogen. Nur wenig beruhigend ist, dass die faschistischen Hetzer von der AfD gerade wenig zu melden haben. Grund dafür ist, dass die Große Koalition in der noch laufenden Anfangsphase des demokratischen Krisenmanagements die Abschottung des Landes gerade im Alleingang durchsetzt. Das „Ja“ zur „Luftbrücke“ verdeutlicht das: Der Staat holt 100.000 gestrandete deutsche Urlauber*innen mit Flugzeugen zurück, verwehrt aber 20.000 Geflüchteten auf den griechischen Inseln, die dort akut vom Tod bedroht sind, die Einreise. Für diese mörderisch-rassistische Logik des Nationalen braucht es keine Tipps der rechten Opposition.

Die Toten und das untote System

Die Irrationalität des Kapitalismus wird in der Krise umso deutlicher: Wenn Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen außer auf der Arbeit verboten werden, dann zeigt der Kapitalismus, dass er für seine Erhaltung über Leichen geht. Die größten Coronapartys finden nicht illegal auf Spielplätzen oder in Parks statt, sondern staatlich erwünscht: jeden Tag in Großraumbüros, Amazon-Centern und den Fabriken des Landes, sowie, nicht zu vergessen, in den Geflüchtetenunterkünften, wo der Staat die unerwünschten Menschen zusammenpfercht. Was wirklich helfen würde – die Unterbrechung des Normalbetriebes – ist hingegen schwer umstritten. Während die Weltgesundheitsorganisation vor einem Wiederhochfahren der Produktion warnt, setzen nicht nur Autokraten wie Donald Trump und der brasilianische Präsident Bolsonaro auf die Bagatellisierung des Problems, sondern auch der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn. Mögen sie sich in Argumentation und Wortwahl unterscheiden, das Ergebnis ist im Wesentlichen das Gleiche sein: Tote in Kauf nehmen, damit die nationale Wirtschaft wieder auf die Beine kommt. Und zwar vor allen anderen, denn nur dadurch entsteht ein Vorteil in der Weltmarktkonkurrenz. Und auch wenn in Brasilien und den USA viel mehr Menschen sterben werden als im Beatmungs-Weltmeisterland Deutschland, stellt sich doch hier wie dort die Frage: Was ist das eigentlich für eine kaputte Gesellschaft, die die Maßnahmen zur Wiederaufnahme jedweder Arbeit als vernünftig verkauft und den Leuten gleichzeitig einzureden versucht, es würde nur auf ihr privates eigenverantwortliches Handeln als Staatsbürger*innen ankommen? Die radikale Linke fordert hier, was wirklich hilft: Aufhebung des Arbeitszwangs und Unterbrechung aller Wirtschaftstätigkeiten, die für die Grundversorgung der Menschen jetzt nicht zwingend notwendig sind. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Löhne abgesichert werden und die Leute nicht zur Arbeit gehen müssen. Kollektive Lösungen für Lohnausfälle und neue Aktionsformen im Betrieb müssen erstritten werden. Weiterlesen

Frauen*kampftag 2020: Der Feminismus der Chefs endet, wo der Streik beginnt!

frauen*streik 2020 banner antifa ak

Seit über 100 Jahren gehen Frauen am 8. März für ihre Rechte auf die Straße. Am internationalen Frauenkampftag stehen Frauen für Gleichberechtigung, sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung und gesamtgesellschaftliche Emanzipation auf. Am 08. März 1857 organisierten New Yorker Textilarbeiter*innen sich zu einem spontanen Streik und gingen gegen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf die Straße. Auch heute im Jahr 2020 arbeiten Frauen in der Textilbranche unter unmenschlichen Bedingungen und sie streiken, wie zum Beispiel in Pakistan, Bangladesch und Indien.

In den letzten Jahren sind Frauenstreiks zu einer globalen Bewegung geworden. Im Oktober 2016 streikten Frauen in Argentinien, sie protestierten so gegen die anhaltende Gewalt, gegen brutale Femizide und sexualisierte Gewalt an Frauen. Auch in Polen haben Frauen im Jahr 2016 mit einem Streik eine weitere Verschärfung des Abtreibungsrechts verhindert und in Spanien gingen 2018 über 5 Millionen Frauen auf die Straße.

Die Frauenbewegung hat viele Themen: Frauen kämpfen gegen sexualisierte Gewalt auf der Straße und am Arbeitsplatz, für sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung, gegen unbezahlte Hausarbeit und ökonomische Abhängigkeiten. Der Kapitalismus spaltet die Einheit aus Produktion und Reproduktion in ein binäres System aus männlich (produktiv) und reproduktiv (weiblich). Somit stehen kämpfende Frauen an Seite mit allen Queers und Non-Binarys, die tagtäglich für Sichtbarkeit und Anerkennung kämpfen zusammen gegen die Spaltungen zwischen uns, die der Kapitalismus systematisch produziert. Ob Frauen und Geschlechterkampf, Klassenkampf, Klimabewegung und Kampf gegen den Faschismus.

Auch die neue Generation der Klimabewegung, die überwiegend jung/weiblich ist, macht seit über einem Jahr weltweit mit den Schüler*innen von Fridays for Future laut auf sich aufmerksam. Die Frauen- und Klimagerechtigkeitsbewegungen haben einen notwendigen Systemwechsel wieder auf die Agenda gesetzt. Die Kämpfe gegen Patriarchat und Klimakrise verdeutlichen, dass deren Ursachen in der Logik des Kapitals verankert sind und diese radikal in Frage gestellt werden muss. Denn der Klimawandel ist ein Ergebnis des Kapitalismus und spiegelt sich auch in der globalen Klassengesellschaft: Er trifft die ärmsten Menschen am härtsten, wobei Frauen hiervon besonders betroffen sind.

Petitionen an Politiker*innen und Unternehmen, ein grün angestrichener Kapitalismus und Popfeminismus können nicht ausreichen und tragen im Gegenteil zu einem neoliberalen Weiter-So bei. Wie unsere Genoss*innen von TOP Berlin sagen:

Dadurch gerät aus dem Blick, wo das Hauptproblem in unserer Wirtschaftsordnung liegt: Marktwirtschaft, oder besser: neoliberaler Kapitalismus. Ein weltweites System, indem nicht vernünftig, weil eben nicht bedürfnisorientiert darüber entschieden wird, was die große Mehrheit der Menschen unter Rücksicht auf die Umwelt benötigt, sondern nur produziert wird, was Geld einbringt.

Denn während Pop-Feminismus und Green Capitalism marktkonform bleiben, werden im Rahmen des globalen Rechtsrucks reaktionäre Positionen wieder salonfähig. Antifeminismus, Klimawandelleugnung oder nationale Abschottung (Heimatschutz) sind wesentliche Elemente dieser faschistischen Ideologie.
Um diese rechten Ideologien zu verteidigen bedarf es Feindbildern von außen, wie Migrant*innen, die globalen Frauenbewegungen oder die Schüler*innen von Fridays für Future. Dieser Hass äußert sich terroristisch, wie in Halle oder Hanau, durch Kommentare im Internet, oder Femizide.
Die autoritäre Formierung ist das Ergebnis von verwertungsorientierten Gesellschaftsverhältnissen, die die sozialen Konflikte zwischen oben und unten weiter zuspitzen. Daher ist es notwendig feministische, antirassistische und ökologische Kämpfe zusammenzuführen um der gewaltvollen Struktur und ihren faschistischen Vertretern geschlossen entgegenzutreten, wie es zum Beispiel Millionen von indischen Frauen an dem Generalstreik gegen den Faschisten Modi im Januar gezeigt haben.

Um den Weg in eine feministische, klimagerechte Gesellschaft zu ebnen müssen wir die gegenwärtigen Arbeits-, Lebens-, Produktions und Reproduktionsweisen radikal umwälzen.

Wir rufen zum politischen Streik auf!
Wir streiken für Klimagerechtigkeit und ein Ende der neokolonialen Produktionsweisen!
Wir streiken für eine klare Positionierung gegen die Autoritäre Formierung, eine immer weiter nach rechts rückende Gesellschaft. Ob Klimagerechtigkeits-, Feminismus- oder Antifabewegung: Bolsonaro, Trump, Modi, AfD, sind unsere gemeinsamen Feinde! Wenn wir am 6. und 8. März streiken, dann in Solidarität mit all jenen die von Rassismus, Abschottung und Sexismus betroffen sind. In Hanau, Delhi, auf Lesbos und auf der Straße in Köln. Für einen Feminismus, der Grenzen einreißt, den Rechtsruck angreift und für ein globales Zusammenleben der nächsten Generationen kämpft, statt globale Verwüstung, Kriege und Flucht.

Aktionen und Termine zum Frauen*kampftag 2020 in Köln:

Redebeitrag auf der heutigen Kundgebung wegen #Hanau

In der Keupstraße, dem Ort des NSU-Nagelbombenanschlags und des “Anschlags nach dem Anschlag”, also der systematischen Täter-Opfer-Umkehr durch Staat und Öffentlichkeit, haben sich heute über 500 Menschen spontan versammelt um den Opfern des des Naziterrors von Hanau zu gedenken, sowie ein kämpferisches Zeichen gegen die Brandstifter in Politik und Medien zu senden.

In den Redebeiträgen z.B. von KON-MED oder des Tribunal ‚NSU-Komplex-auflösen‘ wurden klare Verbindungslinien vom Rechtsterrorismus zum tagtäglichen Rassismus und dem Rechtsruck der letzten Jahre gezogen. Alle waren sich einig: Solche Taten fallen nicht vom Himmel.

Unser Redebeitrag:

Gestern Abend wurden in Hanau bei Frankfurt am Main aus rassistischen Motiven neun Menschen in zwei Shisha Bars ermordet und sechs weitere verletzt. Wir stehen hier in Trauer und Solidarität mit den Angehörigen und Betroffenen dieses Anschlags. Wir stehen hier in Solidarität mit allen, denen solche Anschläge zeigen sollen: Ihr seid hier nicht willkommen.

Denn es sind eben nicht Alle mit solchen Anschlägen gemeint, wie es heute verschiedene PolitikerInnen sagten, sondern Menschen die nicht in ein bestimmtes rassistisches Bild passen.

Die Menschen in Hanau wurden von einem Rechtsterroristen erschossen, der seine Tat mit rassistischen Vernichtungsphantasien begründete. Dass bei solch klar rassistischen Motiven jetzt wieder Thesen von einem vermeintlich verwirrten Einzeltäter verbreitet werden, zeigt, dass das Problem des Rechten Terror in Deutschland immer noch nicht gesehen werden will, bzw. unter den Teppich gekehrt wird. Wenn der Attentäter jetzt offiziell als verwirrter Einzeltäter dargestellt wird, sollte der Staat erklären können, warum dieser mehrere Waffen legal besitzen konnte. Weiterlesen

Heute: Kundgebung wegen #Hanau: RECHTEN TERROR ENDLICH STOPPEN!

Die rassistische Hetze der #AFD und anderer rechter Brandstifter ist der Boden für rechten Terror und die Morde in Hanau.

Deshalb: Heute Abend 18 Uhr Kungebung Keupstraße/Schanzenstraße gegen Naziterror anlässlich des Mordes an 10 Menschen in Hanau

Diese spontane Aktion wird vorbereitet von Köln gegen Rechts, Kölner Netzwerk NSU Komplex auflösen, Antifa AK Köln, Roter Aufbau und anderen. Bitte bringt passende Transparente, Schilder und Stifte mit.

Kurzstatement der Kampagne Nationalismus ist keine Alternative:

Der Mörder in Hanau war nicht unpolitisch: Er suchte seine Opfer nach rassistischen Kriterien aus und begründete ihre Ermordung damit, dass die Ausweisung „bestimmter Völker“ nicht mehr zu schaffen sei.

Solche Taten fallen nicht vom Himmel. Sie sind rechter Terror, der auf einen ethnischen Bürgerkrieg zielt. Er wird angetrieben von den rechten Hetzen, die seit Jahren offen von „wohltemperierter Grausamkeit“ und „Remigration“ (Björn Höcke) reden und Menschen ihre Grundrechte absprechen. Die AfD ist mitverantwortlich für die Morde.

Wir sind jetzt in der Pflicht den Rechten entgegen zu treten & die Betroffenen nicht alleine zu lassen.

Klima.Krisen.Kapitalismus

Debattenbeitrag des Antifa AK Köln im Vorfeld zum Global Climate Strike am 29.11.2019

Die Klimakrise ist in aller Munde und weltweit gewinnt eine breite Klimabewegung an Gehör und Zustimmung, die das Ausmaß dieser Krise sichtbar macht. Seit mehr als einem Jahr streiken weltweit Schüler*innen jeden Freitag und die Besetzungen und Proteste im Hambacher Forst erlangten vergangenen Sommer ihren öffentlichkeitswirksamen Höhepunkt. Auch die Aktionen in den deutschen und europäischen Braunkohlerevieren reihen sich ein in die weltweiten Kämpfe gegen den umweltzerstörerischen Abbau von Ressourcen und die voranschreitende Privatisierung der Natur. Die Klimabewegung hat einen notwendigen Systemwechsel wieder auf die Agenda gesetzt: Die doppelte Schranke des Kaptalismus ist nach exzessiver Expansion und Ausbeutung von Mensch und Planet spätestens im 21.Jahrhundert zu einer der Bedrohungen der modernen Welt geworden.

Scheitern und Aufbruch
Die ökologische Krise des kapitalistischen Wirtschaftsystems ist allerdings nichts Neues, die Vernichtung der eigenen Lebensgrundlagen (die Erde) hat traurige Kontinuität. Was manche in den aktuellen Auseinandersetzungen vergessen ist, dass bereits ab den 50er Jahren die Anti-Kriegs- bzw. Friedensbewegung und die Anti-Atombewegung auf sich aufmerksam machten und die NATO immer wieder für ihre kriegerische Aufrüstung mittels Atomwaffen im Westen angriffen. Ebenfalls zu nennen sind an dieser Stelle die massiven Protests gegen Atomkraftwerke und die Castor-Transporte, die auf die grausamen, vernichtenden Konsequenzen für Mensch und Planet aufmerksam machten. Einige, die sich der Bewegung anschlossen, hofften der globalisierte Markt werde die Klimakrise regeln und klassenübergreifenden Reichtum bringen. Besonders deutlich wird dieser Trugschluss am Beipiel der Grünen Partei in Deutschland, die zur Zeit ein Umfragenhoch, aufgrund der aktuellen Klimabewegung, genießen. Sie ging aus der Öko-Bewegung hervor, wie auch große NGO’s- beispielsweise Greenpeace und der BUND. Ein Grund für die Zahnlosigkeit jener Organisationen und Parteien in der aktuellen Krise liegt in der Gläubigkeit in einen humanen, grün angestrichenen Kapitalismus. Was jedoch weder der Großteil der aktuell viel zitierten Wissenschaftler*innen, noch die genannten Akteur*innen machen, ist die ökologische und soziale Frage zu verbinden und somit das bestehende System zu hinterfragen. Gerade in den Zeiten autoritärer Regression und mörderischer Kriege um Ressourcen und Vormachtstellungen, ist dies wichtiger denn je. Die neoliberalen Versprechen haben sich nicht bewahrheitet. Gerade deshalb bietet die aktuelle Klimabewegung den Ausgangspunkt, um wieder gemeinsam zu verhandeln, wie wir und die kommenden Generationen leben wollen. Es lohnt sich wieder die Waffen der Kritik zu schärfen, um Lösungen auf die Karte zu setzen, die nicht zwischen nationalem Wettbewerb und neoliberalem Weiter-So und grün gefärbten Illusionen wählen. Weiterlesen