WHO CARES? Sorgearbeit feministisch organisieren!

8.MÄRZ FEMINISTISCHER KAMPFTAG / EBERTPLATZ 17 UHR
KOMMT IN UNSEREN ALL-GENDER BLOCK

Weltweit übernehmen FLINTA* (Frauen, Lesben, inter, trans, nicht-binäre und agender Personen) 75 Prozent der unbezahlten Sorge-Arbeit. Denn reproduktive Tätigkeiten sind meist solche, bei denen kein Arbeitslohn bezahlt wird und das Sich-Kümmern im Vordergrund steht, wie beispielsweise Kindererziehung, Hausarbeit, die Pflege von Angehörigen oder andere emotionale Arbeit.


Auch in der bezahlten Sorge-Arbeit, beispielsweise in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, stellen FLINTA* die Mehrheit der Beschäftigten und finden sich zudem in prekären Arbeitverhältnissen wieder. Besonders häufig sind dies migrantische Pfleger:innen in Krankenhäusern, Altenheimen und deutschen Privathaushalten, denen Krankenversicherung und gewerkschaftliche Unterstützung versagt wird.
Die Rolle dieser reproduktiven Tätigkeiten ist im patriarchalen Kapitalismus eine tragende:
Ihre Ausbeutung und Delegierung an FLINTA* in Form von Nicht-Bezahlung bzw. Prekarisierung ist Resultat ihrer Abspaltung von der Produktion, mit dem Ziel, unentgeltlich eine leistungsfähige Arbeiter:innenschaft herzustellen, die jederzeit Profite erwirtschaften kann und soll. An Kosten für Sorgearbeit muss dabei größtmöglich gespart werden.
Die zunehmende Einbindung von FLINTA* in Lohnarbeitsstrukturen konnte das Problem der Abwertung von Reproduktionsarbeit nicht lösen. Vielmehr werden FLINTA* nun zweifach ausgebeutet – unentgeltlich zu Hause und am Arbeitsplatz. Und auch der Teil von Sorgearbeit, der nun auf dem kapitalistischen Markt stattfindet, muss maßgeblich von FLINTA* aus prekären Verhältnissen erledigt werden – so beträgt der Anteil von Frauen in Alten- und Krankenpflege zwischen 80 und 85 %. Bleiben Stellen unbesetzt, werden diese oftmals von Migrant:innen aufgefüllt, was die Prekarisierung dieser Arbeiten zusätzlich vereinfacht: Das hier offenbarte internationale Klassengefälle beinhaltet die Spaltung und Hierarchisierung der Arbeiter:innen entlang nationaler Grenzen.
Wie unerlässlich diese Berufe für das Funktionieren dieser Gesellschaft sind, zeigt sich gerade während der Corona-Pandemie sehr deutlich. Obwohl beispielsweise Krankenhäuser technisch top ausgerüstet sind, kam es in den vergangenen 2 Jahren zu erschreckenden Engpässen in der medizinischen Versorgung. Und das liegt nicht an fehlenden Betten, sondern daran, dass nicht genügend Pflegepersonal zur Verfügung steht, um die Betten zu betreuen. Doch wen wundert das noch?
Wochenlanges Durcharbeiten in unterbesetzten Schichten, Einspringen für Kolleg:innen während der Freizeit oder im Urlaub, mangelnde Wertschätzung, der hohe psychische Druck und eine unzureichende Bezahlung sind nur einige der Gründe, warum die wenigsten Pflegekräfte ihren Beruf tatsächlich bis zum Rentenalter ausüben.
Während in die Impfkampagne viel Geld investiert wurde, um medizinisches Personal für die Impfungen zu gewinnen, gab es bis auf ein bisschen Klatschen vom Balkon und einer mehr als unzureichenden Corona-Prämie, die noch nicht mal an alle Beschäftigten ausgezahlt wurde, im Gesundheitswesen keinerlei Verbesserungen.
Damit ist der Zustand in der Pflege, der vorher schon katastrophal war, endgültig in einen Zustand des Pflegenotstands übergegangen.
Wenn diese Zustände auf einen neoliberalen Kapitalismus treffen, in dem ein Krankenhaus nach dem Anderen wahlweise privatisiert oder geschlossen wird – ganz im Sinne des Marktes – fördert das die Konkurrenz zwischen den übrig gebliebenen Krankenhäusern und Schweinereien wie die DRG-Fallpauschalen tun ihr übriges: Standardisierte und zeitlich eng getaktete Pflege führen zu Arbeitsverdichtung und Mehrbelastung der Pflegekräfte. Betten werden eingespart, Liegezeiten verkürzt und die Sorge wieder mal ins Private verschoben. Was bleibt, ist die Frage, wem damit eigentlich geholfen ist?

Wenn wir also am 08. März auf die Straße gehen, dann auch, um diese Verhältnisse zu benennen und patriarchaler Verwertungslogik den Kampf anzusagen. Wir sind solidarisch mit dem Kampf der Pfleger:innen und tragen ihre Forderungen nach mehr Lohn sowie massivem Personalausbau mit. Gleichzeitig wollen wir weiter gehen und alle patriarchale Ausbeutungsverhältnisse überwinden: Eine tatsächliche Veränderung der Stellung gesellschaftlicher Reproduktionsarbeit – ob unbezahlt im Privaten oder in prekären Arbeitsverhältnissen – lässt sich nur über die fundamentale Umwälzung der Produktions- und Reproduktionsverhältnisse erkämpfen.
Mit Blick auf Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser wäre mit deren Vergesellschaftung – also der Überführung in demokratische Kontrolle durch Pfleger:innen, Patient:innen und Angehörige – ein erster Schritt in die richtige Richtung getan.
Der 8. März ist ein Tag, an dem wir und viele Generationen von Genoss:innen vor uns die patriarchalen Gesellschaftsverhältnisse angegriffen haben. Nehmen wir ihn zum Anlass, weiterhin an ihrem Abriss zu arbeiten.