Ein Beitrag des Antifa AK Köln zur Debatte um neue (alte) Klassenpolitik im Rahmen des Frauen*kampftages 2018
Im Rahmen ihrer Zeit-Campus-Kolumne jung und konservativ veröffentlichte Diana Kinnert im Oktober 2017 einen Text mit dem Titel Feministinnen, dankt dem Kapitalismus. Diana Kinnert ist jung, konservativ, CDU-Mitglied und der Meinung, dass die Tatsache, dass große Modelinien „I‘m a Feminist“ auf T-Shirts drucken, Ausdruck eines marktwirtschaftlichen Siegescodes, eines Kultursiegs des Feminismus sei. Sie argumentiert: „Kommt der Einsatz für eine politische Forderung noch so spät und sei er noch so unedel, weil er sich letztlich an wohliger Massenkompatibilität und geglättetem Kommerz ausrichtet, steht er nicht für einen Kultursieg – eingebettet in die Mechanismen der Marktwirtschaft?“
Um zu begreifen, dass Kapitalismus, Patriarchat und weibliche Ausbeutung sich gegenseitig bedingen, reicht alleine ein Blick auf die Näherinnen* in Bangladesch, die die T-Shirts produzieren, die Diana Kinnert dann für 15 Euro kaufen und den Siegeszug des Kapitalismus postulieren kann. Dass eine CDUlerin nicht für die Überwindung des Wirtschaftssystems schreibt, ist mindestens erwartbar, dass sie Popkultur mit sozialen Kämpfen verwechselt, ist respektlos und unerträglich. Der Artikel lehrt dabei weniger über die Aktualität des Feminismus, dafür umso mehr über die gegenwärtige Ausprägung der Marktgläubigkeit und der sich damit immer weiter verbreiteten Ansicht, dass jede*r sein Schicksal verdiene und die damit „nicht nur die Behauptung von der Hellsichtigkeit der blinden Natur, sondern auch die von der Gerechtigkeit des gegenwärtigen Wirtschaftssystems ein[schließt].“ (Max Horkheimer)
#girlboss
Diese Entwicklung manifestiert sich im gegenwärtigen Neoliberalismus in Form eines liberal-individualistischen Fortschrittsverständnisses, das nicht mehr die Zunahme von Gleichheit, sondern den Aufbau einer Leistungsgesellschaft fokussiert und damit weder klassenbewusst noch antikapitalistisch ist. Über die Einspeisung in den Kapitalismus verliert der Feminismus jedoch seine subversive Kraft. Frauen haben bereits im Zuge des Übergangs vom Feudalismus zum Kapitalismus einen einzigartigen Prozess der Degradierung erlitten, der für die Akkumulation des Kapitals von grundlegender Bedeutung war und bis heute geblieben ist (vgl. Silvia Federici). Vor allem im Silicon Valley wird die Kopplung aus Liberalismus und Feminismus deutlich. Das Ergebnis ist ein Feminismus, der die Lohnarbeit als ultimative Befreiung propagiert, „empowerment“ wird zum Sinnbild für die institutionalisierte Ermächtigung zur doppelten Selbstausbeutung. Continue reading