Redebeitrag des Antifa AK Köln zum Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gehalten auf der Blockupy Warmup Demonstration am 11. Mai 2013.
In der Krise des Kapitalismus wächst die Kritik am aktuellen Modell der globalen politischen Ökonomie. Es ist längst nicht mehr nur eine linke Erzählung, dass der Neoliberalismus so tief im Schlamassel steckt, wie wohl noch nie und abdanken muss. Je länger die Bundesregierung die Marschroute der brutalen Spar- und Kürzungsdiktate durch Europa peitscht, desto lauter werden offene Forderungen nach Alternativen; einige rufen den starken Staat an, damit dieser das Chaos des Marktes in Griff hält. Doch vor allem an der sog. europäischen Peripherie, wo die Menschen von der Austeritätspolitik am schlimmsten betroffen sind, wächst das Verlangen nach einer Veränderung im ganz großen Stil, nach einer Überwindung des Kapitalismus als solchen. Viele wissen sich nur noch in selbstverwalteten Strukturen und Arbeiter_innenräte zu helfen und finden dieses Konzept eigentlich ganz gut. Viele, und es werden täglich mehr, haben jedes Vertrauen ins Bestehende verloren und fordern ganz offen die Revolution.
Nur wenige Personen und Organisationen schwören nach wie vor Treue vor der marktliberalen Ordnung der sog. „entfesselten Märkte“, die vor 30 Jahren antraten, flächendeckend Wohlstand versprachen – und heute offensichtlich scheitern. Eines dieser Instanzen, die ja keinerlei Veränderung duldet und alles daran setzt, die immer offener ausgedrückte Menschenverachtung des Kapitalismus zu bewahren, befindet sich genau vor uns: Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
Im IW wird tagtäglich am ideologischen Festhalten an das Bestehende gebastelt. Im Mantel der Wissenschaftlichkeit und Objektivität verzapft diese Anstalt eine Lobeshymne nach der anderen auf die sog. „Soziale Marktwirtschaft“ und der vermeintlichen Alternativlosigkeit dazu. Welch eine Unverschämtheit die Selbstbeschreibung als wissenschaftliches und damit neutrales Institut ist, verrät ein kleiner Blick auf die Säulen, auf denen das IW fußt. Seit ihrer Gründung 1951 sind die zentralen Trägervereine dieses Instituts die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Bundesverband der Deutschen Industrie. Alle weiteren Sponsoren stammen aus Verbänden und Unternehmen der Privatwirtschaft. So kommt es, dass sich das Institut als „Ökonomischer Thinktank Deutschlands“ versteht, das auf „freies Unternehmertum, Wettbewerb und offene Märkte“ abzielt. Welch Armutszeugnis für das Verständnis von Wissenschaft in dieser Gesellschaft, wenn eine dermaßen parteiische Lobbyorganisation als neutraler Experte Gehör findet; wenn sie die Rettung des Kapitalismus auf Kosten von verschärfter Ausbeutung, Massenarbeitslosigkeit, Elend und Tod vieler Tausend Menschen am Rande Europas für alternativlos attestiert. Und sich dabei selbst auf die Schulter klopft, weil diese Brutalität zugunsten des Kapitalinteresses hier schon vor Jahren durchgedrückt wurde und Deutschland im Vergleich nun als Gewinner daherkommt.
Das IW Köln führt für das Kapital den Kampf um die Köpfe. In Form der Initiative „Neue soziale marktwirtschaft“ (INSM) bringt das IW die Botschaft von einer gerechten Gesellschaft unters Volke. Wie diese Gerechtigkeit aber konkret aussieht, zeigt sich erst, wenn ein Blick durch den bunten Nebel der neoliberalen Rhetorik geworfen wird. Gerechtigkeit heisst für die Apologet_innen der Macht „Leistungsgerechtigkeit“: Nur derjenige, der produktiv zum Erfolg der Nation auf dem Weltmarkt beiträgt, soll sein Stück vom Kuchen abbekommen. Gerechtigkeit bedeutet für die Anhänger_innen des IW, dem Sieger im rat race des kapitalismus den lorbeerkranz zu überreichen. Trostpreise für die, die zurückbleiben, sind nicht vorgesehen. Einrichtungen wie dem Mindestlohn steht das IW feindselig gegenüber und betet gerne und oft das Mantra von der Leistungsbereitschaft, die durch diesen geschädigt wird. „Bei nivellierten Einkommen lohnt sich Leistung weniger, Anreize verschwinden ebenso wie produktiver Wettbewerb.“ Das Menschenbild des IWs und der INSM ist das eines Getriebenen, der nur arbeitet, wenn ihm die Drohung des Elends im Nacken sitzt. So gibt das IW die Parole aus, dass zum Wohle der Volkswirtschaft unvermeidliche Opfer erbracht werden müssen und gibt offen zu, dass Strukturreformen nicht ohne Leid des Patienten einhergehen. Über die Hartz-Reformen in Deutschland lässt das IW über die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft verlauten: „Die Reformen waren eine Zumutung, aber eine, die sich gelohnt hat.“ Angesichts der Situation allderjenigen, die im Leistungskampf aussortiert werden, lässt sich die Frage stellen, für wen sich die Zumutungen gelohnt haben. Durch die Hartz-Reformen, insbesondere durch Hartz IV, ist in Deutschland einer der größten Niedriglohnsektoren in Europa entstandenen.
Zynisch feiert das IW, dass die „There Is No Alternative“-Politik der Zumutungen in Deutschland bereits Früchte getragen hat: Durch jahrelange Lohnzurückhaltung, die Hartz-Reformen und eine exportorientierte Wirtschaftspolitik gelang es Deutschland, andere Staaten in Europa nieder zu konkurrieren. Diese frohe Botschaft soll nun auch den Ungläubigen in den südeuropäischen Ländern verkündet werden. „Die Lohnentwicklung muss über viele Jahre geringer ausfallen, um über eine reale Abwertung wieder wettbewerbsfähiger zu werden. Hinzu kommen muss eine strikte Konsolidierungspolitik, um die Defizite in den öffentlichen Haushalten nachhaltig zu verringern und die notwendigen Primärüberschüsse zu erwirtschaften. So kann es gelingen, das Vertrauen der internationalen Investoren zurückzugewinnen.“
Es ist klar, was die Ideolog_innen des IW wollen: Die Politik der sozialen Zertrümmerung soll fortgesetzt werden. Ein soziales und an den Bedürfnissen der Menschen orientiertes Europa sieht aber anders aus. Um ein solches zu erreichen, wäre erst darüber nachzudenken, was wirklich der Ursprung der Probleme der heutigen Gesellschaft ist. Ein solches Nachdenken würde aufzeigen, dass die Probleme aus der grundlegendsten Einrichtung der Ordnung in der wir leben, resultieren. Ein solches Nachdenken müsste zur Wirklichkeit zurückdrängen mit der Forderung einer Überwindung der Verhältnisse, die die Menschen gegeneinander positioniert. In denen der Mensch ein elendes, ein verächtliches Wesen ist. Es müsste die Forderung aussprechen: Revolution.
Für den Kommunismus