Etwas bessers als die Nation

Am 3. Oktober 2010 feiert die Berliner Republik ihren 20. Geburtstag. Nach dem 60. Jubiläum des Grundgesetzes und 20 Jahren Mauerfall steigt in diesem Jahr der runde ‘Tag der Deutschen Einheit’ in Bremen.

Gefeiert wird – ja, was eigentlich? Offiziell soll der freiheitlichen Selbstbestimmung der Deutschen in ihrer „sozialen Marktwirtschaft“ gedacht werden. Praktisch erwartet uns ein mühevoll inszeniertes Trauerspiel, das längst ausgelutschte Wiederholungen wiederholt, “Zeitzeugen” inclusive. Ursprünglich war geplant, eine Mauer aus weißen Laken zu errichten, die gemeinschaftlich bemalt und anschließend symbolisch eingerissen werden sollte. Doch noch nicht mal das haben die Bremer Feiertagsbürokraten hingekriegt. Jetzt soll Nena das ‘Fest der Demokratie’ retten.

Man sollte sich aber nicht vom Eindruck einer unbeholfen inszenierten, Identifikation mit der Nation stiftenden Öde täuschen lassen. Denn der nationale Burgfrieden braucht kein von oben verordnetes Kulturprogramm, er gründet im spontanen Alltagsnationalismus der BürgerInnen. Der nationale Zusammenhalt wird nicht erst durch die vermeintlich rationale Einsicht des „wir sitzen alle im selben Boot“ begründet, sondern durch ein ‘vorpolitisches’ Wir-Gefühl. Es ist nicht in Staatsakten und in politischen Bildungsprogrammen zu Hause, sondern vor allem auf der gemütlichen Würstchenmeile. Die unaufgeregte Inszenierung der Einheit in Bremen ist nicht das Gegenteil der alltäglichen Konkurrenz, sondern stellt ihren Rahmen her.

Härter konkurrieren, länger lohnarbeiten, weniger verdienen und immer unsicherer leben bis ans Ende aller Tage – das ist die deutsche Utopie nach dem „Ende der Geschichte“ von 1989/90. Klingt Scheisse? Eben.

Darum ruft das »…ums Ganze!«-Bündnis dazu auf, sich dem kollektiven Freudentaumel entgegen zu stellen. Wir wollen keinen sozialeren, krisenfreien Kapitalismus sondern gar keinen. Denn das schöne Leben ist nur jenseits von Staat, Nation und Kapital zu haben.

Aufruf des …umsGanze! Bündnisses & der Basisgruppe Antifa Bremen

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Bustickets von Köln zur Demo am 2. Oktober in Bremen gibt es am 25. September bei der Veranstaltung „Nationalismustaumel in Krisenzeiten“ in der Alten Feuerwache.

Infova zu Dortmund

Für den 4. September 2010 mobilisieren die Dortmunder Neonazis erneut  europaweit zum so genannten „Nationalen Antikriegstag”. Die seit 2005  jährlich stattfindende Demonstration ist für die extreme Rechte ein  günstiger Anlass, um unter dem Deckmantel des „Pazifismus“ ihren  Rassismus, Antisemitismus und Antiamerikanismus zu propagieren. Das S4-Bündnis, ein Zusammenschluss aus lokalen Antifagruppen, ruft dazu  auf, am ersten Septemberwochenende nach Dortmund zu kommen und gegen  den Naziaufmarsch auf die Straße zu gehen.

Der Vortrag bietet einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung  der Dortmunder Naziszene, betrachtet die aktuelle Situation und  informiert natürlich ausführlich über die Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch.

Dienstag, 24. August 2010, 19:30 LC 36 (Ludolf Camphausenstr. 36 / Hans-Böckler Platz)

Krise & Nationalismus

In der Krise wurden die unterschiedlichen nationalökonomischen Leistungsfähigkeiten der Staaten offensichtlich. Viele Staaten gerieten durch kostspielige Steuerungsversuche in neue Abhängigkeit von Bürgenden und Gläubigerstaaten. Doch selbst die Staaten, die ihre ordnungspolitischen Wünsche durchsetzen konnten, bewegen sich in einem Widerspruch: Die Krise soll »bewältigt« werden, doch die Rückkehr auf einen kapitalistischen »Wachstumskurs« ist zugleich die Rückkehr zur krisenträchtigen Standortkonkurrenz. Die vermeintliche Ohnmacht gegenüber den eigenen gesellschaftlichen Verhältnissen verschweißt das nationale Kollektiv ideologisch zur Schicksalsgemeinschaft.

In unserer Veranstaltungsreihe »Krise und Nationalismus« wollen wir die ökonomischen und ideologischen Verwerfungen in der Krise analysieren. Wir freuen uns, wenn ihr bei den Veranstaltungen vorbeischaut und fleißig mitdiskutiert.

Mit antinationalen Grüßen, Antifa AK Köln

Kein Tag für Deutsch­land!

An­ge­la Mer­kel. Gün­ther Grass. Nena. Sie alle ver­bin­det eines: Die Fei­er­lau­ne am Tag der Deut­schen Ein­heit. Zum zwan­zigs­ten Ju­bi­lä­um der Wie­der­ver­ei­ni­gung Deutsch­lands fei­ert die BRD  die­ses Jahr vom 1. bis 3. Ok­to­ber ein gan­zes Wo­chen­en­de in der Han­se­stadt Bre­men. »…​ums Ganze!« ruft daher dazu auf, sich dem kol­lek­ti­ven Freu­den­tau­mel ent­ge­gen zu stel­len.

Am drit­ten Ok­to­ber die­ses Jah­res ist es mal wie­der so­weit: Die BRD ze­le­briert die Tat­sa­che, dass es sie gibt. Wurde das  »Su­per­ju­bi­lä­ums­jahr 2009« – 60 Jahre Grund­ge­setz und 20 Jahre »fried­li­che Re­vo­lu­ti­on« – noch in Ber­lin ge­fei­ert, soll die­ses Jahr Bre­men zum Wall­fahrts­ort des schwarz-​rot-​gol­de­nen Ju­bel­rau­sches wer­den. Die Fei­er­lich­kei­ten sind dabei kein Selbst­zweck. In Zei­ten von Staats­bank­rott und Sys­tem­kri­se ver­sucht der Staat neue Le­gi­ti­mi­tät zu schöp­fen, und seine Maß­nah­men zur Auf­recht­er­hal­tung des ka­pi­ta­lis­ti­schen Hau­ens und Ste­chens zu recht­fer­ti­gen. Wenn es  den Deut­schen nicht so wie den Grie­chen er­ge­hen soll, muss das ei­ge­ne In­ter­es­se eben der na­tio­na­len Schick­sals­ge­mein­schaft un­ter­ge­ord­net wer­den.
Das »…​ums Ganze!«-​Bünd­nis ruft dazu auf, sich dem kol­lek­ti­ven Freu­den­tau­mel ent­ge­gen zu stel­len. Wir wol­len kei­nen so­zia­le­ren, kri­sen­frei­en Ka­pi­ta­lis­mus son­dern gar kei­nen. Denn das schö­ne Leben ist nur jen­seits von Staat, Na­ti­on und Ka­pi­tal zu haben.

Son­der­sei­te