Nationalismustaumel in Krisenzeiten

25.09.10 | 19:30 Uhr | Alte Feuerwache (Melchiorstr. 3, Nähe Ebertplatz)

im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Krise und Nationalismus“ des AK Antifa Köln

Podiumsdiskussion mit Rainer Trampert, TOP B3RLIN & associazione delle talpe (Bremen)
Am 3. Oktober inszeniert die Stadt Bremen das alljährliche „Einheitsspektakel“ unter dem Motto „20 Jahre grenzenlos“. Damit ist natürlich nicht das Ende des mörderischen Frontex-Regime im Mittelmeer, noch die Staatsgrenzen der BRD gemeint, sondern das vielgepriesene „Gefühl einer neu gewonnenen Freiheit“ seit der Eingliederung der ehem. DDR in den Herrschaftsbereich der BRD. Dabei hat sich der Nationalbezug Deutschlands gegenüber der Anfangsphase der Berliner Republik verändert. Beherrschten damals Pogrome, rassistische Innenpolitik und ethnisierende Außenpolitik das Bild, dominieren heute der deutsche Gestus von Gedenken und Mahnen, der von den Medien als „endlich normaler Patriotismus“ aufgebauschte Pop- und Partynationalismus in WM und Popkultur, die Debatten um die Möglichkeiten einer multi- vor leitkulturellen Integration von Migrant_innen und die Einbindung Deutschlands in die EU sowie internationale außenpolitische Staatenbündnisse. Weiter….

Etwas bessers als die Nation

Am 3. Oktober 2010 feiert die Berliner Republik ihren 20. Geburtstag. Nach dem 60. Jubiläum des Grundgesetzes und 20 Jahren Mauerfall steigt in diesem Jahr der runde ‘Tag der Deutschen Einheit’ in Bremen.

Gefeiert wird – ja, was eigentlich? Offiziell soll der freiheitlichen Selbstbestimmung der Deutschen in ihrer „sozialen Marktwirtschaft“ gedacht werden. Praktisch erwartet uns ein mühevoll inszeniertes Trauerspiel, das längst ausgelutschte Wiederholungen wiederholt, “Zeitzeugen” inclusive. Ursprünglich war geplant, eine Mauer aus weißen Laken zu errichten, die gemeinschaftlich bemalt und anschließend symbolisch eingerissen werden sollte. Doch noch nicht mal das haben die Bremer Feiertagsbürokraten hingekriegt. Jetzt soll Nena das ‘Fest der Demokratie’ retten.

Man sollte sich aber nicht vom Eindruck einer unbeholfen inszenierten, Identifikation mit der Nation stiftenden Öde täuschen lassen. Denn der nationale Burgfrieden braucht kein von oben verordnetes Kulturprogramm, er gründet im spontanen Alltagsnationalismus der BürgerInnen. Der nationale Zusammenhalt wird nicht erst durch die vermeintlich rationale Einsicht des „wir sitzen alle im selben Boot“ begründet, sondern durch ein ‘vorpolitisches’ Wir-Gefühl. Es ist nicht in Staatsakten und in politischen Bildungsprogrammen zu Hause, sondern vor allem auf der gemütlichen Würstchenmeile. Die unaufgeregte Inszenierung der Einheit in Bremen ist nicht das Gegenteil der alltäglichen Konkurrenz, sondern stellt ihren Rahmen her.

Härter konkurrieren, länger lohnarbeiten, weniger verdienen und immer unsicherer leben bis ans Ende aller Tage – das ist die deutsche Utopie nach dem „Ende der Geschichte“ von 1989/90. Klingt Scheisse? Eben.

Darum ruft das »…ums Ganze!«-Bündnis dazu auf, sich dem kollektiven Freudentaumel entgegen zu stellen. Wir wollen keinen sozialeren, krisenfreien Kapitalismus sondern gar keinen. Denn das schöne Leben ist nur jenseits von Staat, Nation und Kapital zu haben.

Aufruf des …umsGanze! Bündnisses & der Basisgruppe Antifa Bremen

als pdf | online als E-Book lesen

Bustickets von Köln zur Demo am 2. Oktober in Bremen gibt es am 25. September bei der Veranstaltung „Nationalismustaumel in Krisenzeiten“ in der Alten Feuerwache.

Infova zu Dortmund

Für den 4. September 2010 mobilisieren die Dortmunder Neonazis erneut  europaweit zum so genannten „Nationalen Antikriegstag”. Die seit 2005  jährlich stattfindende Demonstration ist für die extreme Rechte ein  günstiger Anlass, um unter dem Deckmantel des „Pazifismus“ ihren  Rassismus, Antisemitismus und Antiamerikanismus zu propagieren. Das S4-Bündnis, ein Zusammenschluss aus lokalen Antifagruppen, ruft dazu  auf, am ersten Septemberwochenende nach Dortmund zu kommen und gegen  den Naziaufmarsch auf die Straße zu gehen.

Der Vortrag bietet einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung  der Dortmunder Naziszene, betrachtet die aktuelle Situation und  informiert natürlich ausführlich über die Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch.

Dienstag, 24. August 2010, 19:30 LC 36 (Ludolf Camphausenstr. 36 / Hans-Böckler Platz)

Krise & Nationalismus

In der Krise wurden die unterschiedlichen nationalökonomischen Leistungsfähigkeiten der Staaten offensichtlich. Viele Staaten gerieten durch kostspielige Steuerungsversuche in neue Abhängigkeit von Bürgenden und Gläubigerstaaten. Doch selbst die Staaten, die ihre ordnungspolitischen Wünsche durchsetzen konnten, bewegen sich in einem Widerspruch: Die Krise soll »bewältigt« werden, doch die Rückkehr auf einen kapitalistischen »Wachstumskurs« ist zugleich die Rückkehr zur krisenträchtigen Standortkonkurrenz. Die vermeintliche Ohnmacht gegenüber den eigenen gesellschaftlichen Verhältnissen verschweißt das nationale Kollektiv ideologisch zur Schicksalsgemeinschaft.

In unserer Veranstaltungsreihe »Krise und Nationalismus« wollen wir die ökonomischen und ideologischen Verwerfungen in der Krise analysieren. Wir freuen uns, wenn ihr bei den Veranstaltungen vorbeischaut und fleißig mitdiskutiert.

Mit antinationalen Grüßen, Antifa AK Köln