Köln: 1300 Menschen bei Demonstration gegen Verfassungsschutz und Rassismus
Am 10.11.2012 – ca. ein Jahr nach dem Auffliegen der sogenannten „NSU-Affäre“ – demonstrierten 1300 Menschen unter dem Motto „Verfassungsschutz auflösen! Rassismus bekämpfen!“ in Köln-Chorweiler. Aufgerufen hatte das Kölner Bündnis „Verfassungsschutz auflösen!“, welches aus antifaschistischen Initiativen, migrantischen Organisationen und Jugendverbänden bestand sowie bundesweit von mehr als 100 Organisationen und Einzelpersonen unterstützt wurde.
Die Auftaktkundgebung bestand aus sämtlichen Redebeiträgen sowie einem musikalischem Programm, wie z.B. einem Auftritt der in der türkisch-kurdischen Community sehr bekannten „Grup Yorum“. In den Reden kamen verschiedene Positionen bezüglich des NSU und der Verstrickungen von deutschen Institutionen zur Geltung. Mitat Özdemir, Vorsitzender der „Interessensgemeinschaft Keupstraße“, schilderte die demütigende Diskriminierung der Bewohner der Keupstraße durch die rassistischen Ermittlungsverfahren der Kölner Polizei nach dem vom NSU initiierten Nagelbomben-Attentat in Köln-Mülheim aus dem Jahre 2004. Jürgen Becker, Kölner Kabarettist, kritisierte den Verfassungsschutz als Beschützer des militanter Nazis und forderte dessen Auflösung.
Um ca. 15 Uhr setze sich der Demonstrationszug in Bewegung. Lautstark wurde in Parolen die Auflösung des Verfassungsschutz gefordert und der rassistische Politikbetrieb des deutschen Staates kritisiert. Gegen 16:30 Uhr erreichte die Demonstration das hermetisch abgeriegelte und polizeilich umstellte Bundesamt für Verfassungsschutz. Dort wurden symbolisch die Namen der Opfer des NSU an den Zaun angebracht. Der Redebeitrag des Antifa AK Köln problematisierte den staatlich-demokratischen und institutionellen Rassismus, u.a. verkörpert durch den Verfassungsschutz, und forderte ebenfalls dessen Abschaffung.
Nachdem die Polizei vergeblich versuchte, in die Demonstration einzugreifen und Festnahmen durchzuführen, bewarfen einige der DemonstrantInnen die Polizei mit Feuerwerkskörpern. Diese reagierte äußerst nervös und zog eilig ihre Kräfte zusammen, doch sie griff nicht mehr in die Demonstration ein, sondern beschränkte sich wie auch zuvor nur auf die Regelung des Verkehrs.
Anna Müller, Pressesprecherin des Antifa AK Köln, zur Demonstration am 10.11.2012:
„Insgesamt kann man die Demo als Erfolg bewerten. Viele Menschen sind trotz heftigem Regens dem Aufruf nach Chorweiler, einem weit außerhalb gelegenen Stadtteil gefolgt. Die Demonstration war kraftvoll und lautstark, viele Bewohner hier haben wir erreichen können. Die Provokation der Polizei war völlig unnötig und angesichts des Anlasses heute eine Farce. Sie muss sich nicht wundern, wenn im Rahmen einer solchen Situation, wo spektrenübergreifend Wut und Empörung über deutsche Behörden bezüglich der NSU-Mordserie nahezu konsensfähig sind, der versuchte Eingriff in eine friedliche Demonstration vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz dementsprechend quittiert wird.“