28. Mai 2011, 9:00 Uhr, Köln, Kalk-Kapelle (U-Bahn Linien 1 und 9)
Im Dezember 2010 berichtete der Kölner Stadtanzeiger, dass die ehemalige „Neuapostolische Kirche“ im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Kalk das neue Domizil der „Priesterbruderschaft St. Pius X. werden soll. Am 28. Mai 2011 findet nun die offizielle „Einweihung“ der „Kirche“ ab 10 Uhr mit anschließendem Stehempfang statt. Wir, ein Bündnis von linken und anti-religiösen Gruppen und Einzelpersonen, rufen dazu auf, diese „Einweihung“ kreativ zu gestalten.
Piusbruderschaft – a fucking bloodhound gang
Die am extrem rechten Rand des Katholizismus angesiedelte „Piusbruderschaft“ verließ in den 1980er Jahren den offiziellen Kurs des Vatikans und begann, eigene Strukturen aufzubauen. Die Gruppierung hetzt in ihren Pamphleten gegen Homosexuelle, Abtreibungen, Muslime und emanzipatorische Bestrebungen. Der Gründer der „Piusbruderschaft“, Erzbischof Marcel Lefebvre, fiel immer wieder durch Predigten auf, in denen er die Militärjunta von Argentinien und die Diktatur in Chile unter Augusto Pinochet als vorbildliche Regierungen bezeichnete.
Mitglieder der obskuren Bruderschaft äußerten sich in der Vergangenheit vermehrt antisemitisch, antimuslimisch und homophob. Die Piusbruderschaft lehnt wie Benedikt XVI. die weltliche Öffnung der katholischen Kirche im Rahmen des Zweiten Vatikanischen Konzils ab. Der „Priesterbruderschaft“- Gründer Lefebvre wurde 1991 zu einer Geldstrafe wegen rassistischer Äußerungen und Anstiftung zum Rassismus verurteilt. Er hatte unter anderem behauptet, dass Muslime keine „richtigen Franzosen“ sein könnten. Kontakte der „Piusbrüder“ zur extremen Rechten sind dabei keine Ausnahmen, sondern Regel. So zelebrierten Priester der Bruderschaft am 15. August 1989 in Saint-German l‘ Auxerrois einen „Gottesdienst“ bei einer großen Veranstaltung von Le Pens Front National.
2010 gerieten die religiösen Fundamentalisten weltweit in die Schlagzeilen, als einer ihr vier Bischöfe, Richard Williamson, wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 000 Euro verurteilt wurde. Williamson hatte in einem Fernseh-Interview die Shoa geleugnet. Bereits 1989 bestritt Williamson bei einer Predigt anlässlich einer Heiligenmesse im kanadischen Sherbrooke die Vergasung von Juden im Vernichtungslager Auschwitz und behauptete, der Holocaust sei eine Erfindung der Juden.
Auch die örtliche „Priesterbruderschaft“ fiel schon negativ wegen Kontakten zur extremen Rechten auf. Ende 2008 sprach der in Köln lebende „Priesterbruder“ Joseph Intsiful bei einer Kundgebung der selbsternannten „Bürgerbewegung pro Köln“. Neue Anhänger rekrutiert die „Priesterbruderschaft“ beispielsweise im Umfeld der NPD. In Regensburg ließ sich vor einigen Monaten Willi Wiener, Bruder des Kalker „Pro Köln“- Bezirksvertreters Markus Wiener, von der „Priesterbruderschaft“ bekehren und trat aus der NPD aus. Wiener war Kreisvorsitzender der örtlichen NPD, schon 2010 war Willi Wiener bei einer Veranstaltung der „Priesterbruderschaft“ im bayrischen Zaitzkofen gesehen worden.
Religious vomit (Dead Kennedeys)
Religiöse FundamentalistInnen sind Anhänger religiöser Strömungen, die überzeitliche und universell „gültige“ Dogmen predigen und dabei hinter Erkenntnisse der Aufklärung zurückfallen. Typisch für christlich fundamentalistische Strömungen ist unter anderem die Betonung der angeblichen Verfallenheit und Sündhaftigkeit des Menschen. Rettung erlangt nur derjenige, der eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus aufbaut und an die „versöhnende Kraft seines Opfertodes glaubt“. Darüber hinaus sind Jungfrauengeburt, Trinität, wahre Gottheit Jesu Christi, leibliche Auferstehung und leibliche Wiederkunft Jesu Christi zum Gericht Bestandteile der religiösen Agenda. Solche Glaubensinhalte allein machen selbst noch keine/n FundamentalistIn aus. Dazu ist ein besonderes Bibelverständnis nötig: Die Bibel gilt als von Gott „inspiriert und wird wörtlich interpretiert. Sie wird in allen ihren Aussagen als unfehlbar angesehen. Aufgrund der inneren Widersprüchlichkeit der Bibel selbst muss jede Bibelauslegung von vorn herein auswählen, welche Bibelstellen zur Interpretation herangezogen werden. Neben dieser Exegese wird gerne auch auf die Unerforschbarkeit Gottes verwiesen. Ergebnis solch verstandener „Gottesfindungen“ sind traditionalistisch geprägte und kulturpessimistische Weltbilder, die die altbewährten Sitten gefährdet sehen und in Homosexualität Umtriebe von „finsteren Kräften“[1] entdecken wollen, in der Emanzipation von Frauen die „Masken des Todes“[2] und im Atheismus „ein anders Wort für Sexverfallenheit und Hass“[3] finden.
„Good. Out of the door. Line on the left. One cross each. Next.“ (Leben des Brain)
Die reaktionäre Geisterbahn läuft nicht! Religiöser Fundamentalismus ist nur eine Variante eines reaktionären Angriffs auf das gute Leben. Ein Anlass für die antifaschistische Linke, um sowohl religiösen Irren als auch rassistischen und nationalistischen FanatikerInnen jeder Couleur eine emanzipatorische Absage zu erteilen und deutlich zu machen: Wir wollen weder „Gott“ noch „Vaterland“, weder einen „Gottesstaat“ noch ein „christliches Abendland“, sondern eine vernünftig organisierte, solidarische Gesellschaft in der jedeR ohne Angst verschieden sein kann. Wir nehmen unser Leben selbst in die Hand. Pius Brotherhood in Kalk? What the Fuck! Gegen Antisemitismus, Sexismus, Homophobie und den ganzen anderen Scheiss – Für die befreite Gesellschaft und die Emanzipation der Individuen aus all ihren Zwängen!
28. Mai 2011, 9:00 Uhr, Köln, Kalk-Kapelle (U-Bahn Linien 1 und 9)
[1] „Homosexualität ist heilbar“, 29.10.2007, http://www.kreuz.net/article.6101.html
[2] „Bleich wie der Tod“, 20.09.2007, http://www.kreuz.net/article.5896.html.
[3] „Atheismus ist ein anders Wort für Sexverfallenheit und Haß“, 23.04.2009, http://www.kreuz.net/article.9045.html.