Debattenbeitrag des Antifa AK Köln im Vorfeld zum Global Climate Strike am 29.11.2019
Die Klimakrise ist in aller Munde und weltweit gewinnt eine breite Klimabewegung an Gehör und Zustimmung, die das Ausmaß dieser Krise sichtbar macht. Seit mehr als einem Jahr streiken weltweit Schüler*innen jeden Freitag und die Besetzungen und Proteste im Hambacher Forst erlangten vergangenen Sommer ihren öffentlichkeitswirksamen Höhepunkt. Auch die Aktionen in den deutschen und europäischen Braunkohlerevieren reihen sich ein in die weltweiten Kämpfe gegen den umweltzerstörerischen Abbau von Ressourcen und die voranschreitende Privatisierung der Natur. Die Klimabewegung hat einen notwendigen Systemwechsel wieder auf die Agenda gesetzt: Die doppelte Schranke des Kaptalismus ist nach exzessiver Expansion und Ausbeutung von Mensch und Planet spätestens im 21.Jahrhundert zu einer der Bedrohungen der modernen Welt geworden.
Scheitern und Aufbruch
Die ökologische Krise des kapitalistischen Wirtschaftsystems ist allerdings nichts Neues, die Vernichtung der eigenen Lebensgrundlagen (die Erde) hat traurige Kontinuität. Was manche in den aktuellen Auseinandersetzungen vergessen ist, dass bereits ab den 50er Jahren die Anti-Kriegs- bzw. Friedensbewegung und die Anti-Atombewegung auf sich aufmerksam machten und die NATO immer wieder für ihre kriegerische Aufrüstung mittels Atomwaffen im Westen angriffen. Ebenfalls zu nennen sind an dieser Stelle die massiven Protests gegen Atomkraftwerke und die Castor-Transporte, die auf die grausamen, vernichtenden Konsequenzen für Mensch und Planet aufmerksam machten. Einige, die sich der Bewegung anschlossen, hofften der globalisierte Markt werde die Klimakrise regeln und klassenübergreifenden Reichtum bringen. Besonders deutlich wird dieser Trugschluss am Beipiel der Grünen Partei in Deutschland, die zur Zeit ein Umfragenhoch, aufgrund der aktuellen Klimabewegung, genießen. Sie ging aus der Öko-Bewegung hervor, wie auch große NGO’s- beispielsweise Greenpeace und der BUND. Ein Grund für die Zahnlosigkeit jener Organisationen und Parteien in der aktuellen Krise liegt in der Gläubigkeit in einen humanen, grün angestrichenen Kapitalismus. Was jedoch weder der Großteil der aktuell viel zitierten Wissenschaftler*innen, noch die genannten Akteur*innen machen, ist die ökologische und soziale Frage zu verbinden und somit das bestehende System zu hinterfragen. Gerade in den Zeiten autoritärer Regression und mörderischer Kriege um Ressourcen und Vormachtstellungen, ist dies wichtiger denn je. Die neoliberalen Versprechen haben sich nicht bewahrheitet. Gerade deshalb bietet die aktuelle Klimabewegung den Ausgangspunkt, um wieder gemeinsam zu verhandeln, wie wir und die kommenden Generationen leben wollen. Es lohnt sich wieder die Waffen der Kritik zu schärfen, um Lösungen auf die Karte zu setzen, die nicht zwischen nationalem Wettbewerb und neoliberalem Weiter-So und grün gefärbten Illusionen wählen.
Für einen antifaschistischen Aufbruch
Gründe für einen Aufbruch von links gibt es genug: Ganze Gebiete im globalen Süden werden unbewohnbar, ein faschistischer Staatspräsident (Bolsonaro) holzt und brennt den Regenwald weiter ab und der amtierende, ebenfalls faschistische Präsident der Vereinigten Staaten, gehört ebenso wie die Faschist*innen in Nadelstreifen von der AfD, zu einer breiten Front, die den menschengemachten Klimawandel leugnet. Unterstützt werden diese Akteure des Rechtsrucks von einflussreichen Organisationen wie dem Heartland Institut, die mit vermeintlich seriösen und wissenschaftlichen Kongressen, die Welt vom Gegenteil überzeugen wollen. An den Reaktionen der erstarkten Rechten und derer Kapitalfraktionen weltweit erkennt man, dass die Klimakrise die Wiederkehr der verdrängten Instabilität der kapitalistischen Welt ist.
Gegen das neoliberale Weiter-So
Um die aktuelle Krisendynamik besser zu verstehen, muss kurz umrissen werden, in welche für die aktuelle Misere verantwortlichen Ereignisse und Mechanismen die Klimakrise eingebettet ist. Der Ausverkauf des Sozialstaats für ein schnelles Wachstum in den frühen 70er Jahren und die folgenden Rezensionen im globalen Norden wurden durch das neoliberale Programm von Thatcher und Co. ökonomisch aufgefangen. Der Preis war hoch: die Privatisierung und somit Deregulierung des Unternehmenssektors und die Einsparungen im öffentlichen Sektor hatten nicht nur einen schlanken Staat und mit ihm eine Abnahme politischer Einflussnahme auf die nationale Wirtschaft zur Folge, sondern führten letzlich auch zur Zerschlagung der traditionellen Organisationen der Arbeiter*innenklasse. Mit dem „Ende der Geschichte“ (Francis Fukuyama) 1989 wurde das neoliberale Elitenprogramm ideologisch abgedichtet und fand sich im Bewußstsein der vereinzelten Individuen wieder. 20 Jahre später kehrte die Krise, diesmal erst als Immobilien-, in Europa als Finanzkrise wieder zurück. Verklausuliert hinter dem Begriff Austeritätspolitik – aka Sparmaßnahmen – werden seitdem fleißig weiter unter dem neoliberalen Dogma die letzten Reste des Sozialstaats weggespart und weiter auf Kosten unseres Planetens und derer privatisiert, die nicht zu den wirtschaftlichen und politischen Eliten gehören. Technokraten, wie Macron und Schweine, wie Schäuble haben in der Vergangenheit und Gegenwart mit Gegenwind zu kämpfen. Mit den massiven Krisenprotesten in Südeuropa vor knapp 10 Jahren und der aktuellen Revolten, wie am Beispiel der Gilet Jaunes in Frankreich deutlich wird, geraten Staat und Kapital endlich wieder ins Wanken. Denn die wiederkehrenden systemischen Krisen des Kapitalismus rufen es allen immer wieder deutlich ins Gedächtnis: so kann es nicht weitergehen. Die mörderischen Konsequenzen der kapitalistischen Produktions- und Reproduktionsweise zeigen besonders in der Krise ihr hässlichstes Gesicht. Besonders in Zeiten der Krise ist das System anfällig für Störungen. Und hier liegt auch ein weiterer Grund, weshalb gerade deshalb (grüne) Liberale genau jetzt unter dem Label „Green Capitalism“ die Bewegungen in der Krise versuchen zu antizipieren und den vermeintlich deregulierten und entfesselten Kapitalismus durch ein grünes Antlitz zu bändigen. Genau dies ist die Fortschreibung des neoliberalen Programms der 70er Jahre, bei dem die heiligen Prinzipien des Marktes, versteckt hinter dem Deckmantel der Machbarkeit, selbstverständlich nicht angerüht werden. Teile der aktuellen Klimabewegung setzen global vernetzt und lokal verankert dagegen. Auch deshalb liegt in ihr die Chance das System ins Wanken zu bringen und hoffentlich auch Umstürzen zu können.
There is an alternative!
Es muss klar sein: die aktuellen Konfliktpotentiale und Spaltungslinien, die unter der Klimakrise subsumiert werden können, sind nur durch eine Abschaffung des Kapitalismus positiv zu wenden. Dass die neuen Faschist*innen diejenigen sind, die zum einen die nationale Abschottung (Heimatschutz) als rationale Option wählen, um die eigenen Besitztümer zu sichern und andererseits die Leugner*innen des Klimawandels sind, sind keine Zufälle, sondern Ergebnis einer Gesellschaft, die soziale Konflikte zwischen oben und unten weiter schürrt. Außerdem ist dies Ausdruck faschistischer Ideologie, die einen Feind von außen imaginieren muss- seien es die Schüler*innenbewegung Fridays for Future, die globalen Frauenbewegungen oder die Migrant*innen, die „unser Land“ vermeintlich „übervölkern“ – um die autoritären Prinzipien von Herrschaft weiter aufrecht zu erhalten und zu verteidigen. Deshalb sind die bevorstehenden und sich weiter zuspitzenden Kriege um die letzten Ressourcen dieses Planeten und die massiven Flucht- und Migrationsbewegungen aufgrund der Unbewohnbarkeit ganzer Gebiete, als sozialer Konflikt zu deuten, der sowohl die neue, alte Klassen-, wie auch die Systemfrage stellen muss.Die Friedhofsruhe ist vorbei! Wir sind teil der Unruhestifter*innen und setzen Alternativen auf die Karte. Wir rufen alle dazu auf sich einzumischen und gegen die vernichtenden Zukunftsvisionen der herrschenden Vertreter*innen aus Politik und Kapitalfraktion aktiv zu werden. Es gibt einen Weg, abseits von nationaler Abschottung und Vernichtung des Planetens. Lasst uns Kämpfe verbinden und solidarisch mit allen sein, die weltweit für eine gemeinsame und solidarische Zukunft kämpfen. Communism for future!