Unser Redebeitrag bei den Protesten gegen den „Marsch für das Leben“

Im folgenden dokumentieren wir unseren Redebeitrag bei den Protesten gegen den „Marsch für das Leben“ 2024.

Vom rechten Stammtisch über die FAZ-Redaktion bis zur CDU besteht ein Konsens darüber, dass der Feminismus in Deutschland und eigentlich auch global gewonnen hat. Der rechte Kulturkampf gegen das Gendern, den Eintrag einer dritten Geschlechtsoption bei Ämtern oder das Recht auf Abtreibungen eint ein politisches Spektrum, das weit in die sogenannte Mitte hineinragt. Unterbrochen wird dieses antifeministische Geraune nur dann, wenn der Kampf gegen reproduktive Gleichberechtigung dem Rassismus dieser Menschenfeinde geopfert wird. Die rechte Version dieses Schmierentheaters fantasiert den Feminismus als eine Übermacht, als ein Konsens der Herrschenden, gegen den diese konformistische Revolte aufbegehrt.
Und das aktuelle Staatspersonal bietet dazu reichlich Angriffsfläche: Im Namen der sogenannten feministischen Außenpolitik schließt die Ampelregierung Deals mit Saudi-Arabien ab, exportiert Waffen auf Rekordniveau und beteiligt sich an Kriegen, aber eben feministisch. Das aktuelle Kabinett legt großen Wert auf feministische Rhetorik, auf Symbole und setzt zeitgleich einen sozialen Kahlschlag nach dem nächsten durch. Feminismus gibt es in dieser Politik nur als Gefühl, als Geisteshaltung, mit der man die nächste soziale Drangsalierungsmaßnahme durchsetzt oder hinzunehmen hat.
Was bleibt also von dieser Scheinopposition, von dieser falschen Binarität des rechten Antifeminismus und der liberalen Antwort, die sozialpolitische Verschärfungen zwar durchdrückt, aber mit beteuertem schlechtem Gewissen? Was die autoritären Schweine und der heutige Marsch der Trauerklöße mit dem neoliberalen Staatsfeminismus an der Macht gemeinsam hat, ist dass sie sich in Wahrheit einen Dreck um die Lebensbedingungen von Eltern, Familien und Kindern scheren. Keine Position entwickelt irgendeiner dieser selbsternannten Lebensschützer zur völlig unzureichenden Kindergrundsicherung, zur Beschränkung von staatlicher Kinderunterstützung für Bürgergeldempfänger*innen oder anderen Maßnahmen, die die vermeintlich feministische Fortschrittskoalition gegen Eltern und Kinder in Stellung gebracht hat.
Die angeblichen Lebensschützer wollen die Möglichkeit der Entscheidung gegen ein Kind verbieten, während die aktuelle Politik eine freie Entscheidung über diese Frage unmöglich macht. Ein Kind zu bekommen ist in den aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen ein enormes Armutsrisiko. Alleine der Wohnungsmarkt macht es den meisten Menschen unmöglich in einer Metropole wie Köln menschenwürdige Verhältnisse für ein Kind zu schaffen. Die Wohnung, der Kita-Platz, Essen, Klamotten, Hobbys, das alles will bezahlt werden, während der Haushalt gemacht und nebenbei noch eine Beziehung zum Kind aufgebaut und gepflegt werden muss. Diese Mehrfachbelastung trägt in den allermeisten Fällen bis heute die Mutter. Der rechte Gegenentwurf hat nichts im Angebot, nichts, was diese unzumutbaren Verhältnisse ändern will. Er möchte diese Entmündigung durch die bürgerliche Politik noch verschärfen, in dem er das Recht auf eine Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch verbieten will.
Wir sind heute auf der Straße, um diese beiden menschenunwürdigen Optionen anzugreifen. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der die Entscheidung für oder gegen Kinder eine selbstbestimmte und freie Entscheidung ist, die von Lebensentwürfen und nicht vom Kontostand abhängt. Reproduktive Gerechtigkeit bedeutet, Entscheidungsmacht zu erkämpfen. Ob Kinder oder keine, entscheiden wir alleine! Das bedeutet nicht nur heute auf die Straße zu gehen, gegen den antifeministischen Marsch für das Leben und die reaktionären Wünsche der Abtreibungsgegner*innen. Das bedeutet gegen die Zumutungen des Normalzustands zu kämpfen, der uns die Entscheidung über unsere Lebensplanung nimmt. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der wir uns solidarisch aufeinander beziehen und frei über unser Leben und unseren Körper entscheiden. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können, in der wir nach unseren Bedürfnissen leben und lieben.
In diesem Sinne: Gegen den neoliberalen Normalzustand und die Fans seiner reaktionären Verschlechterung! My body my choice! Für einen revolutionären Feminismus und reproduktive Gerechtigkeit von unten!