„Alle Antiimperialisten sind Papiertiger!“ Moa Tee Pung

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Es herrschen schwere Zeiten für Kriegskritiker_innen. Die BRD ist weltweit mit ihrer „größten Friedensbewegung der Welt“, der Bundeswehr, unterwegs um „Freiheit, Gleichheit und Sicherheit“ an die Frau und den Mann zu bringen. Während sich deutsche Friedensfreund_innen dafür beglückwünschen, ihren ehemaligen Weggefährt_innen der „neuen deutschen Volkspartei“ (den Grünen) ein Waffenembargo gegenüber China abgerungen zu haben, „plaudert“ der Charmingboy der „einzigen Antikriegspartei im Bundestag“ (Gregor Gysi, DIE.LINKE) mit dem „großen Satan“ darüber, dass die Ablehnung der Waffenbruderschaft (Nato) nichts weiter als „Placebos“ für die „Parteispinner“ darstellt. Wer heutzutage darauf aufmerksam macht, dass das „bewaffnete technische Hilfswerk“ Kinder- und Frauenmörder ist, dass die aktuelle Kriegspolitik nicht der Weltverbesserung dient, scheint im Abseits zu stehen.

Es scheint, als wären gerade die eingefleischten Antiimperialist_innen in ihrem Festhalten am Begriff des Imperialismus heutzutage besonders radikal. „Krieg dem imperialistischen Krieg!“ mag bei Betrachtung der militärischen Auseinandersetzungen in der Welt als die Quintessenz eines revolutionären Bewusstseins erscheinen; dies ist tatsächlich jedoch insofern weit gefehlt, als dass geradezu das Gegenteil der Fall ist.

Moralismus & Ökonomismus sind weder die Waffen der Kritik, noch die Kritik der Waffen.

Antiimperialist_innen verstehen es bei jeder militärischen Intervention einer Großmacht, nach den Rohstoffquellen oder den Routen für zukünftige Pipelines oder den geostrategischen Interessen zu suchen, um die es doch „eigentlich“ gehe. Auch in den diesjährigen Mobilisierungen gegen die SiKo oder die Verlängerung des „Afghanistan-Mandats“ ist dies eine beliebte Methode: „Afghanistan ist für die kapitalistischen Mächte vor allem von Interesse, weil es inmitten einer Region liegt, die reich an Rohstoffen ist. Dabei geht es den Besatzern weniger um die in Afghanistan vorhandenen Rohstoffe, als vielmehr um den geplanten Transport von Gas mit Pipelines durch das Land.“[1]

Ganz im Sinne Lenins wird in ökonomistischer Staats- und Politikauffassung argumentiert und die bürgerlichen Staaten als Puppen der Strippenzieher_innen – alias „große Konzerne“ – verkauft, die für deren unmittelbaren Geschäftserfolg tätig würden. Auf eine Unterscheidung zwischen Ökonomie und Politik wird zumeist großzügig verzichtet, da letztere ohnehin in nichts anderem als in der Exekution der Geschäftsinteressen des Kapitals bestände. Diese Deduktion der Außenpolitik bürgerlicher Staaten aus der unmittelbaren Profitlogiken der Großkapitale entspringt dabei der antiimperialistischen Behauptung eines Übergangs vom Konkurrenz- zum Monopolkapitalismus bzw. zum Staatsmonopolkapitalismus. Aus dem Größenwachstum der Einzelkapitale und einer immer kleiner werdenden Zahl von Kapitalen, wird auf eine Veränderung der kapitalistischen Vergesellschaftungsweise als Ganzes geschlossen: nicht mehr die Verwertung des Werts, sondern der Wille der „Monopolherren“ würde in der Epoche des Imperialismus die Ökonomie beherrschen. An die Stelle der negativen Totalität des Kapitalismus und seiner über den Wert vermittelten Vergesellschaftung sind die Interessen der Großkonzerne, bzw. – um in der Sprache der Antiglobalisierungsbewegung zu verharren – die transnationalen Multis getreten.

Stattdessen ist hervorzuheben, dass der bürgerliche Staat als „ideeller Gesamtkapitalist“ (F.Engels) die Voraussetzungen kapitalistischer Akkumulation zu sichern hat – nicht nur als Funktionsbedingung des Kapitalismus, sondern als Voraussetzung der eigenen ökonomischen Existenz des Staates, die an ausreichende Steuereinnahmen, begrenzte Sozialausgaben und ein „stabiles“ Geld gebunden ist. Und dabei endet die Fürsorge des Staats für die allgemeinen Bedingungen und speziellen Chancen der Kapitalakkumulation natürlich nicht an seinen Landesgrenzen; diese begrenzen zwar seine anerkannte Souveränität, d.h. sein Gewaltmonopol, nicht aber seine politischen, ökonomischen und gegebenenfalls militärischen Erpressungspotenziale.

Allerdings besteht diese staatliche Sicherung einer gelingenden Akkumulation nicht in der politischen Wahrnehmung eines bereits fertig vorliegenden kapitalistischen Klasseninteresses. Was zu dieser Sicherung alles nötig ist, wie deren Vor- und Nachteile verteilt werden, muss überhaupt erst innerhalb der verschiedenen staatlichen Institutionen und der „bürgerlichen Öffentlichkeit“ ermittelt und zu einem politischen Konsens gemacht werden. Dieser Konsens betrifft daher nicht nur die Zustimmung der großen Kapitalfraktionen zur staatlichen Politik. Denn ausschlaggebend für außenwirtschaftspolitische Machtentfaltung sind wiederum die Konkurrenz- fähigkeit heimischer Unternehmen, das Volumen und Wachstum der Nationalökonomie als Ganzes, die Kaufkraft der nationalen Währung – und in Abhängigkeit davon das steuerfinanzierte militärische Erpressungspotenzial eines Staates oder Staatenbündnisses. Daher folgen auch nicht jeder Krieg und nicht jede „humanitäre Intervention“, die die Großmächte des Weltkapitalismus führen, einem primär ökonomischen Interesse. Jedoch ist ihre Militärmacht immerhin der beste Garant dafür, dass der nachfolgende Frieden nach den Bedürfnissen eines Weltmarktsystems organisiert wird, dem diese Staaten ihre ökonomische Dominanz verdanken.

Im Gegensatz zu einer materialistischen Kritik der Staatenwelt und des Weltmarktes vermutet der Antiimperialismus im internationalen politischen Handeln der Staaten immer nur die gleiche Profit- und Interventions-Logik. Krieg und Frieden erscheinen stets nur als Mittel derselben Strategie mächtiger Konzerne und ihrer Vasall_innen von Staaten nach Befriedigung ihrer Interessen. Somit dient der Begriff des Imperialismus den Antiimperialist_innen stets als moralischer Ausdruck für die Übel in der Welt, welche jedoch dem Kapitalismus immanent sind. Der Weltmarkt – samt der auswärtigen Politik – wird nicht als die Konsequenz des kapitalistischen Privateigentums und des bürgerlichen Staates, sondern nur als eine Veränderung des Kapitalismus gefasst. Insofern überrascht es auch nicht, dass die „Hauptstadtantifa“ (Antifaschistische Linke Berlin, kurz: ALB) in ihren antiimperialistischen Aufruf gegen die Mandatsverlängerung eine „gerechte Gesellschaft weltweit“ fordert [2]. Jedoch liegen im „Weltmarkt“ allgemein keine harmonischen Austauschbeziehungen vor, was wohl im bürgerlich-antiimperialistischen Verständnis als „gerecht“ verstanden wird. Denn selbst der „gerechteste“, formal gleichberechtigte „Term of Trade“[3] geht zu Lasten des aufs Ganze betrachtet schwächeren, d.h. weniger produktiven Handelspartners. Dessen Kapitale sind zu klein, sein Kredit zu gering, und sein einziger Wettbewerbsvorteil – billige Lohnarbeit – ist notorisch wachstumsschwach. Doch angesichts der Entwicklungsdynamik des Kapitalismus ist für die meisten dieser ökonomisch unterlegenen Staaten die Öffnung und Produktion für den Weltmarkt die einzige Möglichkeit, überhaupt an Technologie und Kapital zu kommen – und schließlich sind diese Grundvoraussetzungen jeder eigenständigen Produktivitätsentwicklung.

Der Ökonomismus des Antiimperialismus liefert die moralisierende Abspaltung der Staatenkonkurrenz vom Kapitalismus. Als „schlecht“ befundene Resultate der bürgerlichen Gesellschaft, wie Militarisierung der Gesellschaften und Kriegsführungen, werden externalisiert in Begriffe wie Imperialismus, Globalisierung oder Neoliberalismus. Doch diese Moralisierung ist im Kern nichts anderes als die Affirmation des falschen Ganzen, es ist das Gegenteil einer materialistischen Analyse des Staates und des Weltmarktes, die zumindest Kommunist_Innen zu Gebote stände.

Nieder mit der Völkerfreundschaft! Hoch die antinationale Solidarität!

Der Antiimperialismus lebt von der , dass bestimmte Arten des Nationalismus eine fortschrittliche Funktion hätten. Der Ursprung dieser Vorstellung entstammt aus der historischen Verbindung von Agrarrevolutionen und der Nationenkonstitution seit der französischen Revolution 1789. Die Landfrage war stets, auch zur Zeit antikolonialen Bewegungen in den 50er und 60er Jahren, mit der Frage der Erringung des Staatsbürger_innen-Status in die vermeintliche Auflösung als unabhängige Nation verknüpft. Zur Blütezeit der antikolonialen Revolten mag es daher ausgesehen haben, als seien die nationalistischen Bewegungen sozialrevolutionär aufgeladen. Doch schon damals wie heute galt ein unversöhnlicher Gegensatz – der zwischen Kommunismus und Nation!

In der antiimperialistischen Stilisierung des „Volkes“wurden und werden jedoch die Opfer von Krieg, Kolonialismus und Besatzung immer zugleich als objektiv antiimperialistisch und als Widerstandsgemeinschaft phantasiert. Unter dieser Perspektive erschien die Herrschaft aufgespaltet in eine, die den Beherrschten als wesensfremde – d.h. als imperialistische – und in eine authentische – d.h. autochthone Herrschaft – über die ‚Eigenen‘, die in dem antiimperialistischen Schwulst von der „Souveränität“mit dem Prädikat „fortschrittlich“ fetischisiert wird.

Der Antiimperialismus war somit nur das geistige Echo der allgemeinen Tendenz kapitaler Vergesellschaftung. Die Geschichte zeigte jedoch, dass die Erfahrungen abtrünniger Regionen und Nationen, von einer Zentralgewalt „“und ausgebeutet worden zu sein, nicht bedeuteten, dass es ihnen in der „ängigkeit“besser ginge. „ängigkeit“ bedeutet in der Welt des Kapitals vor allem, dass sie sich der globalen Konkurrenz auf eigene Rechnung, und damit auf eigenes Risiko stellen konnten. Selbst der, der Rohstoffe zu verkaufen hatte, sah sich bald den unfreundlichen Konjunkturschwankungen der Weltmarktkonkurrenz ausgesetzt.

Der Antiimperialismus war und ist deswegen dazu verdammt, die Frustrationen des nationalen Hoch- und Gemeinschaftsgefühls durchzumachen. Diese Frustrationen sind der Nährboden des banalen, immer ein wenig verzweifelten Alltagsnationalismus und in vielen Regionen der Welt inzwischen die Flucht in das vermeintliche Heil der „Umma“ (Nation der Gläubigen).

Da der Islamismus aber ganz offenkundig mit sozialer Revolution nichts am Hut hat, sondern sich als permanenten Kampf gegen vermeintliche Gemeinschaftsschädlinge ausweist, hadern heutige Antiimperialist_innen insbesondere in ihrem Verhältnis zu jenem Kampf. Denn wo den Antiimperialist_innen auf der einen Seite der „gerechte Kampf gegen die Unterdrücker und Besatzer“ angeblich ins Auge springt, finden sich anderseits stets der Antisemitismus, die Frauenunterdrückung und das genaue Gegenteil einer „freien Assoziation freier Individuen“. (K.Marx).

Im globalen Weltordnungskrieg scheint die Dynamik dahin zu steuern, entweder für den Westen und dessen Ideologie der Menschenrechte oder für den Islamismus Partei ergreifen zu müssen. Der Kampf der Kulturen tobt nicht nur bei Huntington oder der Bild-Zeitung; längst ist er Teil des Repertoires antiimperialistischer Postillen von Junger Welt und der Antiimperialistischer Koordination Wien geworden. Jedoch sind „Menschrechts-Imperialismus“ und „Islamismus“ keineswegs unversöhnliche Gegensätze; sie sind jeweils ideologischer Ausdruck eines Weltkrisenprozesses, der die Demokratie als objektive Staatideologie im Zentrum und notwendigerweise die Barbarei an der Peripherie zur Geltung bringt.

Denn mit dem Ende des Sowjetreiches und der Integration der letzten Winkel der Erde in den totalen kapitalistischen Weltmarkt ist jede Bedingung der Möglichkeit, dass die Unterwerfung des Einzelnen unter das staatliche Diktat der „nationalen Selbstbestimmung“ wenigstens eine Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards als ihr Abfallprodukt mitliefert, endgültig vorbei. Fast alle Staaten der sog. „Dritten Welt“ teilten dasselbe Schicksal: ihre Nationalökonomien wurden nach Maßgabe der Weltmarktproduktivität zu wertlosem Schrott erklärt. Einander befehdende Banden und Cliquen versuchen entweder die letzten verwertbaren Reste der Ökonomie an internationale Konzerne zu verscherbeln, oder sie empfehlen sich als kompetente Verwalter und Vollstrecker des Massenelends.

Die Tatsache, dass in vielen Regionen der Welt vor und insbesondere nach 1989 keine reproduktive Ökonomie entstand, führt zur allgemeinen Frustration der althergebrachten nationalen Befreiungsutopien. Wo sich als Ideal nur noch die Verwaltung von Elend anschickt, sind die adäquatesten Formen „nationaler Befreiung“ nur noch völkische oder religiöse Phrasen sowie praktisch barbarische Schlächtereien.

Der Islamismus spielt in dieser Konstellation moralischen „Antikapitalismus“ und „Modernisierungsbewegung“ zugleich. In dem Moment, wo die gesellschaftliche Verbindung über den Markt nur mehr partiell funktioniert und es zum Zerfall der Gesellschaft kommt, avanciert der Islamismus, neben der unmittelbaren Repression durch die Staatsgewalt, zur zweiten vermittelnden Kraft; einer Kraft, die einen ideologischen und institutionellen Zusammenhalt der KonkurrentInnen herzustellen vermag. Durch sein Doppelwesen als personalisierter Antikapitalismus und moralistisches Untertanenbewusstsein, ist der Islamismus dazu prädestiniert, die adäquate Krisen-Staatsideologie zu sein.

Das scheinbare Dilemma des heutigen Antiimperialismus, sein Hadern mit den offen „reaktionären Befreiungsbewegungen“ erweist sich bei Betrachtung seines materialistischen Grundes als Übergang zur weiteren Regression in völkische oder religiös-fundamentalistische Ideologie. Die alten antiimperialistischen Legitimationen der Staatsmacht unter den Schlagwörterb von „fortschrittlicher Entwicklung“ vergammeln heute ohne Erdölvorkommen oder IWF-Kredit auf den Friedhöfen staatsaffirmativer Ideologien. Wo einst der Antiimperialismus dem „linken Nationalismus“ frönte, dass das gute kämpfende „Volk “ als Synonym für ein versöhntes Kollektiv anbetete, in der jede/r Einzelne_r in absoluter Identität mit „Volk“ und authentischer Herrschaft aufgegangen wäre, bleibt nun nichts als antiziganistisches Pogrom in Ungarn oder (Frauen)Steinigung im Iran.

Das klassische antiimperialistische Projekt der „nationalen Befreiung“ hat seine Tage schon lange hinter sich, es wartet nur noch der Islamismus sowie andere Schlächter-Ideologien in den Köpfen der „guten Völker“ auf die Kämpfer für eine „gerechtere Welt“.

Dies heißt nicht, den Kampf gegen das Elend der Welt aufzugeben, es gilt den Kampf Ums Ganze zu beginnen! Die Kritik an den kapitalistischen Produktionsverhältnissen muss aber auch eine Kritik an den ideologischen Denkformen sein, in denen sich das historisch Gewordene und gesellschaftlich Hervorgebrachte in den Köpfen der Menschen zum scheinbar Ursprünglichen, Natürlichen oder Göttlichen verkehrt und verselbständigt. Der Kapitalismus ist ein gesellschaftliches Verhältnis – von Menschen hervorgebracht – und als solches auch von den Menschen überwindbar.

„Sehen Sie, waren das nicht lebendige Tiger, eisenharte Tiger, echte Tiger? Letzten Endes aber haben sie sich in Papiertiger, in tote Tiger, in butterweiche Tiger verwandelt. Das sind historische Tatsachen. Hat man denn das alles nicht gesehen und gehört? Wahrlich tausendmal und aber Tausende Male! In Tausenden und Zehntausenden von Fällen! Somit muß man von ihrem Wesen her, aus einer langen Perspektive, in strategischer Hinsicht den Antiimperialismus als das betrachten, was er in Wirklichkeit ist – ein Papiertiger. Darauf müssen wir unser strategisches Denken gründen. Anderseits sind sie aber wiederum lebendige, eisenharte, wirkliche Tiger, die Menschen fressen können. Darauf müssen wir unser taktisches Denken gründen.“ Moa Tee Pung 2011

Antiimperialistische Denkblockaden einreißen!

Für den Kommunismus heißt es: Es geht Ums Ganze!

Eine Flugschrift des Antifa AK Köln

antifa-ak.org | twitter.com/antifa_ak_koeln


[1] Aufruf zur Mandatsverlängerung und zur Siko Antifaschistisches / Antimilitaristisches Aktionsbündnis hier zu lesen

[2] ALB 2011 Bundeswehr raus aus Afghanistan

[3] Der Begriff Terms of Trade (TOT) bzw. Einfuhrtausch- verhältnis oder Realaustauschverhältnis bezeichnet eine volkswirtschaftliche Maßzahl für das reale Austauschverhält- nis zwischen den exportierten und den importierten Gütern eines Landes

21.1. VA // Dresden – Von Bomben und Nazis, Gedenken und Deutschland

21.01.2011 / 19.00 / Alte Feuerwache (Melchiorstr. 3 Köln)
Podiumsdiskussion mit:
Avanti – Projekt Undogmatische Linke, Gruppe d.i.s.s.i.d.e.n.t (angfr.),  Venceremos – »Keine Versöhnung mit Deutschland« (angfr.) & TOP-B3RLIN

Wie in den vergangen Jahren mobilisieren auch 2011 wieder Nazis aus ganz Europa nach Dresden, um einen sog. „Trauermarsch“ zur Erinnerung an die Bombardierung durch die Alliierten im 2. Weltkrieg durchzuführen. Es geht Ihnen darum, die Täterschaft Nazideutschlands zu verschleiern, den Angriff auf Dresden zum „Bombenholocaust“ umzudeuten und „die Deutschen“ zu den wahren Opfern des Krieges zu stilisieren.

Sowohl der Blick in die regionale, sächsische Presse, als auch die Aussagen diverser Lokal- und Landespolitiker macht deutlich, dass Teile dieses geschichtsrevisionistische Anliegens zu einem festen Bestandteil des allgemeinen Diskurses geworden sind. Wie revanchistische Ideen und Nationalismus den gesellschaftlichen Diskurs prägen, wollen wir mit den Teilnehmer_innen der Runde diskutieren. Auf Grundlage differenten Positionen wollen wir versuchen, gemeinsame Perspektiven zu entwickeln zu zusammen zu den Aktivitäten nach Dresden zu mobilisieren.

Bei der Veranstaltung wird es Tickets für den Bus am 19.02.2011 nach Dresden geben.

Veranstaltet von: Interventionistische Linke Köln & Antifa AK Köln

28.1. Demo // Hoch die antinationale Solidarität – auf nach Wien!

Jingle „Jedes Jahr dieselbe Scheisse!“ vom Antinationalen Bündnis Wien

plakat Am 28. Januar 2011 findet in Wien wieder der “WKR-Ball” (Wiener Korporationsring) in der Wiener Hofburg statt.
Zum vierten Mal infolge wird sich 2011 antifaschistischer Protest gegen diesen seit den 1950er Jahren stattfinden Ball richten.
Bei dem Ball handelt es sich nicht um ein harmlose Tanzveranstaltung von Burschenschaften, sondern um ein wichtiges Event der extremen Rechten in Europa. Ein Abend an dem sich „national-freiheitliche“, deutschnationale und offen rechtsextreme an einem der repräsentativsten Orte in Wien selbst feiern und ihr Kontakte mit Vertreter_innen der europäischen Rechten pflegen. Continue reading

17.1. Prozess & Action // Das wird man noch sagen dürfen: Nieder mit der islamischen Republik Iran!

Prozess wegen Blockade des iranischen Konsulats vor einem Jahr: 17.01., 9h Amtsgericht Frankfurt danach Kundgebung gegen die deutschen Irangeschäfte vor der IHK.

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Nachtrag: die angeklagte Genossin zu Geldstrafe veruteilt. Bericht zum Prozess gibt’s hier

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Aufruf der Antifa Teheran:

Vor knapp einem Jahr blockierten ca. 70 Antifaschist_innen den Eingang des Generalkonsulats der „Islamischen Republik Iran“, um gegen die Niederschlagung der Freiheitsbewegung zu protestieren. Die polizeiliche Räumung der Blockade zog einige Ermittlungsverfahren nach sich, von denen eins nun in einem Gerichtsverfahren mündet.

Nicht gegen den Konsul – etwa wegen Mittäterschaft beim Mord an Gefangenen und Demonstrant_innen oder wegen Finanzierung diverser islamistischer Terrorgruppen weltweit ; auch nicht gegen den Fahrer jenes PKWs, der versuchte in die blockierende Menschenmenge vor dem Konsulat hineinzufahren – sondern gegen eine Aktivistin. Continue reading

Redebeitrag auf der Knastdemo 2010

Indymedia Artikel zur Demo

Werte Genoss_innen!

Ein weiteres Jahr ist passé und leider ist es noch immer ruhig in der BRD. Die großen Meinungsbildner, ob privat oder öffentlich-rechtlich, predigen die Krise sei nun so gut wie überstanden und ein Hauch von wirtschaftlichem Aufschwung liege in der Luft. Und tatsächlich: hierzulande blieb der vorangekündigte „heiße Herbst“ verhältnißmäßig kalt und grau.

Doch was im europäischen Vorzeigestaat so friedlich anmutet, zeigt in anderen EU Staaten sein wahres Gesicht. In verschiedenen Ländern auf dem Kontinent wurden andere Antworten auf die Krise sichtbar; so flammten die sozialen Revolten in Griechenland wieder auf, großflächige Streiks in Frankreich und Spanien sowie Studienproteste in England füllten die Schlagzeilen und sorgten dafür, dass Krise und Protest nicht ganz totzuschweigen waren.

Nun ist es nichts Neues, dass Proteste dieser Art staatliche Repression mit sich führen; in den heutigen Zeiten werden in nahezu allen europäischen Ländern neue Haftanstalten gebaut. So z.B. auch in unserer unmittelbar Nähe in Ratingen bei Düsseldorf, wo derzeit die Konstruktion eines neuen Privatknasts stattfindet.
Der dem Kapitalismus immanenten „Sicherheitsstaat“ braucht aber an sich gar keine Krisen, um sich zu vollziehen. Dennoch inszenierte sich in dieser Zeit die großflächige Repression unter erhöhter Wahrnehmbarkeit.

Gerade in Ländern wie Griechenland, wo sich der Protest gegen das soziale Ungleichgewicht am stärksten ausdrücken konnte, wird auch am drastischsten deutlich, wie die Staatsgewalt mit fundamentaler Kritik und Widerstand umzugehen weiß. Der Begriff „Kriminalisierung“ allein reicht nicht aus, um zu beschreiben, wie mit den unter pauschalem Terrorverdacht stehenden Menschen umgesprungen wird.
Absurde Haftstrafen in absurden Verfahren mit absurden Strafmaßen – und das alles unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den ach so bösen Terrorismus. So werden Menschen wegen des Vorwurfs von Vermummung zu 8 Jahren oder wegen Bankraubs zu gar 35 Jahren Haft verurteilt. Selbst im bürgerlichen Sinne, sowohl moralisch als auch juristisch, kann in diesen Fällen wohl kaum noch von einer gegebenen Verhältnismäßigkeit die Rede sein. Der Staat handelt nach seiner ganz eigenen Interpretation von „no justice, no peace“ – wenn kein Durchgreifen, dann kein Friede.

Die Masseninhaftierung als Verwaltungsform wird aber nicht nur in Europa bevorzugt. Ein Blick auf den Iran, der durch die Protestbewegung von 2009/2010 Hoffnungen auf eine radikale Maßnahme gegen das islamische Klerikalregime weckte, weist Ähnliches auf; seitdem die Bewegung im repressiven Exzess niedergeschalgen wurde, findet bis heute ein Wechselspiel zwischen willkürlichen Razzien, Massenfestnahmen, Folter und Tod statt – entweder in Form von Krepieren im Knast, oder in kurzfristig vollstreckten Hinrichtungen.

Diese Maßnahme der staatlichen Tötung steht bekanntermaßen auch in der USA teilweise auf der politischen Agenda. Und auch dort war neulich etwas in Bewegung; besonders der Bundesstaat Geogria, bekannt für berüchtigte Haftanstalten mit widerlichen Bedingungen, erweckte jüngst unser Aufsehen; mehrere Tausend Insassen aus mehreren Knästen streikten und legten die Arbeit nieder; jene beschissene Lohnarbeit, die als kapitalistisch-verwertbares Element selbst hinter Gittern verdammt noch mal keine Ruhe gibt. Was forderten die Gefangenen? Kurz gesagt, bessere Verhältnisse, noch kürzer gesagt: einen „besseren“ Knast.

Wie ist mir solchen Forderungen umzugehen? Natürlich sind diese nicht abzuweisen, sie sind sogar zu unterstützen, da sie eine konkrete Verbesserung der abartigen Lebensumstände im Knast mit sich bringen. Nichtsdestotrotz bietet sie allerhöchstens die Grundlage für eine notwendige, fundierte und radikalere Forderung: der Abschaffung der Knäste als Grundfeiler der herrschenden Ordnung und der Gesellschaft, die sie hervorbringt.

Denn Knäste sind nicht bloß eine Ausdünstung des Staates, die darauf abzielt „abweichende“, nicht konforme, überflüssige oder unerwünschte Menschen zu unterdrücken und zu isolieren. Es ist im Gegenteil ein organischer Bestandteil der Gesellschaft. Bei genauerem Hinsehen können wir behaupten, dass das Gefängnis keine Erweiterung der Gesellschaft ist, sondern die Gesellschaft eine Erweiterung des Gefängnisses.

Schon von den jüngsten Jahren an büßen die sog. „zivilisierten Menschen“ ihre Strafe im Innern der Gefängnisgesellschaft ab und gewöhnen sich so an die Einschliessung als Norm. Die sog. Erziehung in sämtlichen Strukturen ist nur der Anfang jener Lebenslänglichkeit, die uns abwechselnd zu Gefangenen und zu Wärtern der Reproduktion der Einsperrungs-Ideologie macht.
Was heißt das konkret? Kaum in der Lage, das erste Wort zu sprechen, lernen wir uns in der bürgerlichen Gesellschaft zu unterwerfen; anfangs stehen (zumindest rein rechtlich) unsere Eltern uns als Autoritäten gegenüber, bevor in Schule, Uni, Ausbildung und Lohnarbeit diese rote Linie weiter durchgezogen wird; die Struktur der Unterwerfung findet sich in allen Bereichen wieder, autoritäre Postionen werden nicht nur von fiesen Bösewichten bezogen. Dieses Verhältnis wird nämlich nicht frei gewählt, viel mehr müssen sich die Individuen gesamtgesellschaftlich zwanghaft darin zu Recht finden, ansonsten gerät man an abgestoßene Randgebiete der Gesellschaft – oder man geht unter.

Wenn wir also davon ausgehen, dass der Knast dieser Gesellschaft innewohnt, und dass sich das bestehende Herrschaftssystem momentan nicht von ihm trennen kann, dann ist eines doch offensichtlich: der Wille, die Gefängnisse zu zerstören, ist unmittelbar verbunden mit der Zerstörung der bestehenden sozialen Verhältnisse. In einem Wort: um gegen das Gefängnis zu sein, muss man unweigerlich auch Revolutionär sein.
Im Hinblick auf die Gefangenenforderungen der USA wird dadurch nun klar: Um sich auf radikale Ziele zu konzentrieren, muss man den Teilkampf überwinden und zu einer Vision und Kritik der Totalität des Bestehenden gelangen. Der Kampf geht ums Ganze. Nicht mehr, nicht weniger.

In diesem Sinne:
der Knastgesellschaft kollektiv den Mittelfinger zeigen!
Die Gesamtscheiße des Kapitalimus bedingungslos runterspülen!