Der Audio-Mitschnitt der Veranstaltung „Damals wie Heute. Deutsche Zustände aufmischen!“ ist ab sofort bei archive.org online.
Einleitung des Antifa AK
Hallo und herzlich willkommen zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „Damals wie Heute. Deutsche Zustände aufmischen!“. Diese Veranstaltung ist organisiert vom Antifa AK Köln und ist Teil der lokalen Kampagne „Erinnerst du dich noch an Rostock-Lichtenhagen?“, mit der wir zur bundesweiten Demonstration am 25.08.2012 anlässlich des 20. Jahrestag des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen mobilisieren. Mein Name ist … vom Antifa AK Köln, ich werde diese Diskussion heute moderieren.
Thema des heutigen Abends sind die Pogrome des frisch wiedervereinten Deutschlands. Vor fast genau 20 Jahren – im August 1992 – kommt es zu den größten rassistischen Pogromen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Rostock-Lichtenhagen – dieser Name etabliert sich als Symbol für das Wüten einer deutschnationalen Allianz aus aufrechten BürgerInnen und organisierten Nazis. Auch dort greift dieser rassistische Mob über Tage hinweg die „Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber“ sowie ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische VertragsarbeiterInnen an. Tausende Umstehende klatschen bei Bier und Wurst Beifall, als die Häuser in Brand gesteckt werden – die Polizei schaut zu! Während Politik und Medien gegen AusländerInnen hetzen, kommt es überall in der frisch vereinten BRD zu einer Welle rassistischer Anschläge.
Zeitsprung. Seit Mitte der Nuller Jahre inszeniert sich Deutschland als von den „dunklen Seiten der Geschichte“ entbehrte Nation und feiert sich dafür selbst. Neben dem „Partynationalismus“ zelebriert die deutsche Nation die politischen Jubiläen der Berliner Republik und gratuliert sich zu 20 Jahren Mauerfall, 20 Jahren Einheit, 20 Jahren „demokratische Revolution“. In dieser nationalen Erzählung versteht sich die Bundesrepublik als „geläutertes Deutschland” und Teil der kapitalistischen Normalität.
Was jetzt, wo sich neben den ideologisch wohl verwerteten nun ein unangenehmes, „trauriges Jubiläum“ einreiht? Schweigen? Keine Spur. Politik und Presse gehen diesen Tag selbstbewusst an und veranstalten selber Gedenktermine. Die BRD wird unter Leitung des Antikommunisten und jetzigen Bundespräsidenten Joachim Gauck – ausgerechnet gebürtiger Rostocker – ihrer neuen deutschen Leitideologie gemäß verbreiten, dass „externe Chaoten“ für die „Gräueltaten“ von Rostock und anderswo verantwortlich seien. Heute sei man von solchen Tendenzen befreit. Letztendlich werden sie darauf hinarbeiten, am Ende nicht trotz, sondern gerade wegen Rostock-Lichtenhagen stolz auf Deutschland zu sein.
Wir wollen uns unter der Fragestellung „Warum nach Rostock-Lichtenhagen fahren“ an diesem Abend mit der Situation von vor 20 Jahren beschäftigen, aber auch den Bogen zu heute schlagen.
Dazu haben wir folgende ReferentInnen eingeladen.
Osaren xxx ist Vertreter der Gruppe „The Voice – Refugee Forum Germany“. The Voice ist eine Flüchtlingsselbstorganisation und wurde im Jahre 1994 gegründet, um eine Organisationsplattform gegen Residenzplficht, Abschiebung, Lagerterror und institutionellem Rassismus auf täglicher Basis zu bieten. Momentan ist „The Voice“ am bundesweiten Netzwerk der Flüchtlingscamps sowie an der Organisation des BREAK THE ISOLATION-Camps in Erfurt Ende August beteiligt.
Tom ist Mitglied der Gruppe Theorie.Organisation.Praxis aus Berlin, welche im kommunistischen …umsGanze-Bündnis organisiert ist. Das Bündnis …umsGanze war einer der Mitinitiatoren des europaweiten Aktionstages gegen Kapitalismus und Krise „M31“ und mobilisiert jetzt regional – so auch in Berlin – und überregional zur Demonstration nach Rostock-Lichtenhagen.
Tim sitzt hier heute für „Avanti – Projekt undogmatischer Linke“, organisiert im Bündnis „Interventionistische Linke“, kurz IL. Die IL organisierte kürzlich den europaweiten Aktionstage „Blockupy“ in Frankfurt am Main und ist jetzt ebenfalls an der Mobilisierung zur Demonstration nach Rostock-Lichtenhagen beteiligt.