Wer auf das zurückliegende Jahr blickt, stellt fest dass das G8-Happening zentraler Mobilisierungs- und Aktionspunkt der post-autonomen Bewegung darstellte. Wir wollen hier keine Bewertung des Protest-Gipfels und seines Sinns bzw. seiner Sinnlosigkeit für das Vorantreiben des „revolutionären Kampfes“ geben, sondern einige Punkte aus der Debatte um die Repressionsstrategien bundesdeutscher Behörden aufgreifen und kritisieren.
Die Problematik der politischen Repression gegen linke Zusammenhänge bestand schon lange vor den Hausdurchsuchungen am 9. Mai 2007 und den §129a-Verfahren gegen vermeintliche Mitglieder der Militanten Gruppe. Auch der polizeiliche Ausnahmezustand während des G8-Gipfels mit seinen Massen-Ingewahrsamnahmen usw. stellt in der Geschichte der BRD keine wirkliche Einzigartigkeit dar. Gerade deswegen ist es uns wichtig einen Blick auf die politische Bewertung der aktuellen Repressionsmaßnahem zu werfen und zu überlegen inwiefern wirklich noch linksradikale Kritik in dem Widerstand gegen die Repression formuliert wird.
Mehrer Punkte erscheinen unserer Meinung nach in der Debatte fragwürdig.
In vielen Publikationen und Stellungnahmen diverser post-autonomer Gruppen wird und wurde immer wieder ein Bild gezeichnet, das auf den Widerspruch zwischen dem bürgerlichem Rechtsstaat und – wir nennen es jetzt mal – den partiellem totalitären Ausnahmezustand, welcher durch so genannte Sondergesetze wie §129a herbeigeführt wird, hinausläuft.
In den Mittelpunkt dieser vermeintlich linksradikalen Kritik standen und stehen ausschließlich polizeiliche Ermittlungs-Methoden und Sondergesetze, die nach Meinung der KritikerInnen den rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwider laufen. Dies hat zur Folge, das die Kritik an der Repression gegen linke Zusammenhänge zu einer Kritik an der Kriminalisierung Unschuldiger verkommt, die kein einziges Wort mehr über Hintergründe, Strategie und Positionen einer militanten Kampagne oder eines G8-Protests in der Öffentlichkeit verliert. Kurzgefasst: Man entpolitisiert sich selber.
Ein weiterer Kritik-Punkt unsererseits an der momentanen verquereren Antirepressionsargumentation hat die Militante Gruppe selber vor gut 4 Jahren wie folgt formuliert: „Wir halten es für eine politisch hilflose Geste auf vermeintliche Verstöße gegen einzelne bürgerliche Rechtsgrundsätze aufmerksam machen zu wollen, ohne den systemimmanenten Charakter der Klassenjustiz aufzuzeigen bzw. diesen zu vernachlässigen.“
Eine linksradikale Antirepressionsargumentation sollte statt auf das Einhalten demokratischer Spielregeln zu pochen, die Rechtsstaatlichkeit als spezifische Form kapitalistischer Herrschaft begreifen. Der Rechtsstaat sichert den gesellschaftlichen Rahmen der Produktion für den Profit und die Reproduktion der Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse. Es ist das demokratische gesetzliche Regelwerk was den repressiven Gesamtzusammenhang regelt und exekutiert und nicht irgendwelche durchgedrehten Bundeskriminalamt Mitarbeiterinnen.
Vom repressiven Charakter des Kapitalismus sind wesentlich mehr Leute härter betroffen als die radikale Linke, wir brauchen uns nur die Tore von Ossendorf, die Abschiebegefängnisse oder die Agenturen für Arbeit uns anzusehen um zu begreifen wie der ökonomische Überlebensdruck im Zusammenspiel mit so genannten demokratischen Institutionen ein repressives gesamtgesellschaftliches Verhältniss konstituiert, in dem die Mechanismen von so genannter normaler Strafverfolgung und politischer Repression an sich identisch sind.
Dies führt uns zu unserem letzten Kritikpunkt, und zur der Frage Was tun?
Wir brauen keine Kritik und Praxis, die der staatlichen Ordnung den Anschein einer Vernünftigkeit gibt und einen besseren Staat erfinden will. Statt dessen gibt es die Notwendigkeit über eine verbale Antirepressions- und Antikapitalismuskritik hinauszugehen. Solange wir unsere linksradikale Kritik äußern bewegen wir uns innerhalb der Grenzen des bürgerlichen Rechtsstaats, auch wenn wir innerhalb des bürgerlichen Dialoges nicht anerkannt werden. Aber erst dann, wenn wir die Regeln des bürgerlichen Rechtsstaates nicht anerkennen, in Form einer politischen Praxis, erst dann verleihen wir unserer Kritik, ihren gebührenden Ausdruck.
Deswegen lasst uns für das Ende des Knastsystems,
das Ende der Gewalt, für den Kommunismus kämpfen!