Aufruf: Alles muss man selber machen! Für ein Autonomes Zentrum statt Politik, Staat und Polizei!
„Die Besetzung fremden Eigentums ist – mit welchem Ziel auch immer – illegal und nicht hinnehmbar. Insofern kann sie auch keinesfalls akzeptierte Basis für politische Forderungen sein! Die Stadt unterstützt demzufolge die Eigentümerin, die von den Besetzern das sofortige Verlassen des Gebäudes fordert und keine Duldung zulassen will. Es wird deshalb auch keinesfalls städtische Unterstützung oder Finanzhilfe für ein Projekt in der ehemaligen KHD-Kantine geben. Im Übrigen steht es frei, in Köln kulturelle Initiativen zu starten. Allerdings lässt die aktuelle Haushaltslage der Stadt keine Förderung neuer Projekte zu.“ (Jürgen Roters Oberbürgermeister von Köln)
„Die Krise lässt den Gegensatz von Wert und Gebrauchswert noch deutlicher hervortreten, etwa im Bild des amerikanischen Polizisten, der durch ein verlassenes Haus patrouilliert, um sicherzustellen, dass seine bankrotten Bewohner tatsächlich ausgezogen sind und nun unter einer Brücke oder in einer der vielen neuen Zeltstädte ihr Dasein fristen. Eine Gesellschaft, in der die bewaffnete Staatsmacht dafür sorgt, dass ein Haus seinen menschlichen Zweck nicht erfüllt, ist offenkundig verrückt, und sobald die Proletarisierten im Bild dieses Polizisten das Wesen der Gesellschaft erkennen, könnte die Geschichte eine unerwartete Wendung nehmen.“ (Kosmoprolet Nr. 2)
Der Zeitpunkt der Räumung des Autonomen Zentrums Köln rückt näher. Der Eigentümer des Objektes sowie die hoheitliche Repräsentanz der Unterdrückungsordnung (auch Demokratie genannt) in Köln haben Ihr Urteil gefällt, die „BesetzerInnen“ der Wiesbergstr. 44 sollen mittels Polizeigewalt aus dem Gebäude geschleift, geschlagen und getreten werden. In zwei Monaten haben verschiedene Linke und linksalternative Gruppen es geschafft ein seit Jahren von einer windigen Briefkastenfirma der Stadtsparkasse zum Verfall freigegebenes Gebäude wieder mit Leben zu füllen. Zwei Interessenstandpunkte stehen sich damit unversöhnlich gegeneinander. Beide beanspruchen den Gebrauchswert des Objektes für sich. Die einen wollen das Haus für unterschiedlichste Zwecke nutzen. Für sie hat der Ort den Gebrauchswert dort Partys zu feiern und politische sowie kulturellen Veranstaltungen durch zu führen. Die andere Seite hat ebenfalls ganz handfeste materielle Interessen, als potenzieller Bebauungsort für Immobilien zugeschnitten auf die gehobenen „Mittelschicht“, findet sich ihr Gebrauchswert als Industriebrache, die eines Tages ein „gutes Geschäft“ wird, also als Tauschwert fungieren kann.
Wäre es so schlicht und einfach, wäre es gewiss eine Freude, wenn eines Tages die Damen und Herren Sparkassendirektoren vorbeikämen und das Objekt mit ihren Hintern für ihre Interessen „besetzen“ würden. Jedoch in der Welt des Privateigentums brauchen sich die Eigentümer leider keine Arschtritte abholen, diese heikle Angelegenheit besorgt der Staat für sie. Schließlich hat er allein durch seine Gewalt die Freiheit und Gleichheit der bürgerlichen Gesellschaftsordnung gestiftet. Er verpflichtet die ökonomische Konkurrenz unter Respektierung des Privateigentums abzuwickeln: jeder wird gezwungen, die ausschließende Verfügung über den Reichtum der Gesellschaft anzuerkennen und zum Prinzip seines ökonomischen Handelns zu machen. Das Privateigentum, die ausschließende Verfügung über den Reichtum der Gesellschaft, von dem andere in ihrer Existenz abhängig sind, also Gebrauch machen müssen, ist die Grundlage des individuellen Nutzens und damit auch Schadens. Ihm verdankt sich die moderne Form der Armut, die sich selbst als Mittel fremden Eigentums erhalten muss, dessen Wachstum selbstverständlich dem Staat am Herzen liegt.
Der Staat schreibt sich selbst das Monopol auf die Anwendung von Gewalt zu, um das Leben seiner Insassinnen und Insassen zu organisieren und den Warenaustausch zu regeln. Er begreift sich als die Instanz, die als einzige in dieser Gesellschaft Gewalt anwenden darf. Im Bewusstsein der bürgerlichen Demokratie stellt sich Gewalt sozusagen immer als legitim und/oder notwendig dar, wenn sie vom Staat ausgeht, und immer als falsch und illegitim, wenn andere sie für sich in Anspruch nehmen. Die Unterscheidung zwischen legaler, weil staatlicher, und illegaler, weil nicht staatlicher, Gewalt verweist auf den primär zu kritisierenden Normalzustand des permanenten Gewaltverhältnisses im bürgerlichen Staat.Eigentlich jedoch ist die Demokratie aus Sicht des Staates friedlich und die Anwendung von Gewalt wird ihm nur durch innere oder äußere Feinde aufgezwungen. Gewalt dient also nach diesem Verständnis lediglich als notwendiges Mittel zur Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung und damit dem Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger, verkauft wird das dann als Gewaltfreiheit.
Das der ehemalige Polizeipräsident und jetzige Oberbürgermeister auf die „Störenfriede“ im Autonomen Zentrum weniger gut für die Damen und Herren Eigentümer stets gut zu sprechen ist, liegt nicht an den Charakterdefiziten der Person Roters, vielmehr sind diese Vorraussetzung für die pflichtgemäße Erfüllung seinen „Amtes“. Der Ruf nach anderen politischen Personal ist demnach so absurd, wie der nach einer „besseren politischen Lösung“. Politik ist ein notwendiger Bestandteil der heutigen Gesellschaftsformation. Sie ist selbst ein Ausdruck des bürgerlichen Staates, welcher sich wiederum nur durch Politik konstituieren kann. So ist das Wesen von Politik schon immer die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Gesellschaft bzw. das Ringen um die richtige Staatsform und -verwaltung, egal, wie gut oder schlecht es auch die jeweiligen Personen meinen. Das Parlament oder der Stadtrat ist nur eine spezielle Form der Repräsentation von Herrschaft, die mittels des Wahlaktes die Illusion der Selbstbestimmung der Beherrschten aufrechterhält. Zur Wahrnehmung dieser Funktion bedarf es zwar der Präsenz der tatsächlichen gesellschaftlichen Macht im Parlament, nicht aber unbedingt der tatsächlichen Macht des Parlaments. Der kommende Polizeieinsatz in Köln-Kalk verdeutlicht vielleicht die Tatsache, dass sowohl reaktionäre und konservative als auch sozialdemokratische und linksalternative Politik nur auf die beste aller möglichen staatlichen Verwaltungsformen der bürgerlich-kapitalistischen Warenproduktion hinauslaufen kann. Wo die „Haushaltslöcher“ gestopft werden sollen, da geht es nicht nur den Ärmsten der Armen an den Kragen, da hat selbst der „rote Roters“ kein Herz für „Besetzer“ mehr.
Da Bitten und Betteln noch nie unsere Stärke waren, wir die Schutzmänner und Frauen des Eigentums verachten und auf das ekelige und schleimtriefende Geschäft der bürgerlichen Politik mal so Null Bock haben, rufen wir zur Demonstration am Samstag nach der Räumung des Autonomen Zentrum Kölns auf. Schließlich muss man alles selber machen, also den Staat, die Polizei und die Politik abschaffen, denn dann steht einem Aquarium mit Tanzfläche gewiss nichts mehr im Wege.
Demonstration am Samstag nach der Räumung des Autonomen Zentrum Köln um 15 Uhr auf der Domplatte (direkt beim HBF Köln). Im Anschluss an die Demonstration werden ab 18 Uhr in der Kölner Innenstadt Reclaim the Streets Aktionen stattfinden. (Mehr Infos dazu hier: http://reclaim.blogsport.eu/)
Für ein Autonomes Zentrum! Für die Abschaffung von Polizei, Staat und Politik!
Supporters:
Antifa AK Köln, Antifa Bonn/Rhein-Sieg, Anarchistisches Forum Köln, AK Antifa Aachen, Antifa Wunstorf, Alternative Liste Uni Köln, Banda sinistra Erlangen