Kein Vergeben – Kein Vergessen!

Vor 68 Jahren in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten in ganz Deutschland und Österreich Synagogen und jüdische Einrichtungen. In Köln wurden alle sechs Synagogen in dieser Nacht angegriffen und über 500 Jüdinnen und Juden von der Gestapo nach Dachau verschleppt. Die Pogrome richteten sich auch gegen jüdische Cafés, Gaststätten, Geschäfte und Einrichtungen. Kölner Jüdinnen und Juden wurden aus ihren Geschäften gejagt und in ihren Wohnungen verprügelt – einer wurde totgeschlagen. In „Judenhäusern“ und Internierungslagern, wie dem Messelager in Deutz, wurden sie zusammengepfercht. Am 12. November wurden unter Görings Leitung die vollständige Enteignung der jüdischen Bevölkerung und ihr faktischer Ausschluss aus dem öffentlichen Leben beschlossen. So mussten bis zum Jahresende die verbliebenen jüdischen Geschäftsleute ihre Betriebe schließen. Jüdinnen und Juden wurde der Besuch von öffentlichen Veranstaltungen wie Theater, Kinos, Konzerten oder Ausstellungen verboten. Jüdische Einrichtungen wurden geschlossen oder durch Arisierungen von Deutschen übernommen. Die Masse der Bevölkerung schaute den Pogromen und den anschließenden Verfolgungsmaßnahmen schweigend zu.

Der 9. November 1938 kam nicht unerwartet, plötzlich oder gar aufgrund des von den Nazis bis heute als Rechtfertigung herangezogenen Attentats auf den deutschen Botschafter in Paris. Schon am 1. April 1933 fanden in Köln Boykottage gegen Jüdinnen und Juden statt, bei denen diese gedemütigt, misshandelt und durch die Stadt getrieben wurden. Zwischen 1933 und 1937 wurden Jüdinnen und Juden durch Gesetze aus fast allen Berufen gedrängt. 1935 wurden die so genannten Nürnberger Rassegesetze verabschiedet. Durch verschiedene Verordnungen verschärfte sich im Laufe des Jahres 1938 die Lebenssituation für Jüdinnen und Juden in allen gesellschaftlichen Bereichen: Registrierungsmaßnahmen von Vermögen, Meldepflichten für jüdische Gewerbebetriebe, Zwang zum Namenszusatz „Sarah“ für alle Jüdinnen und den Zusatz „Israel“ für alle Juden, Berufsverbote für jüdische Ärztinnen und Ärzte, Kennzeichnung aller Pässe jüdischer Bürgerinnen und Bürger mit einem „J“ und die Ausweisung hunderter Jüdinnen und Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit, die meist schon seit Jahrzehnten in Köln gelebt hatten. Begleitet wurden diese Maßnahmen von einer massiv antisemitischen Propaganda, die bei vielen Deutschen auf Zustimmung traf. Als das von der NSDAP und staatlichen Stellen inszenierte Pogrom am 9. November 1938 losbrach, haben es alle mitbekommen, doch fast niemand aus der Bevölkerung hat Widerstand geleistet. Innerhalb von vier Tagen wurden im ganzen Land fast 8.000 jüdische Geschäfte geplündert und zerstört, 267 Synagogen wurden niedergebrannt oder gesprengt. Zeitgleich wurden über 25.000 Jüdinnen und Juden verhaftet. Während mindestens 91 von ihnen sofort ermordet wurden, deportierten die Nazis weitere 3.000 in Konzentrationslager, wo die meisten später einen qualvollen Tod durch Zwangsarbeit starben oder in den Gaskammern ermordet wurden. Von den 1933 in Köln lebenden 750.000 Menschen waren rund 20.000 Menschen jüdischen Glaubens. Neben Bethäusern und Gemeindezentren unterhielten sie Kindergärten und Schulen, Krankenhäuser und Altenheime, Kulturvereine und Sportclubs. Nach dem Krieg waren alle Synagogen und jüdischen Einrichtungen in Köln zerstört. Von diesen 20.000 Jüdinnen und Juden schafften nicht einamal 50, sich zu verstecken um von dem antisemitischen Wahn verschont zu bleiben.

Gegen „Deutsche Normalitäten“!

Nach 68 Jahren wird von der politischen Klasse die „neue deutsche Normalität“ verkündet. Bundespräsident Horst Köhler erklärte 2005 vor dem israelischen Parlament zwar, dass „die Verantwortung für die Shoah […] Teil der deutschen Identität “ sei, gleichzeitig vollzieht sich jedoch im deutschen erinnerungspolitischen Diskurs eine Relativierung der Shoah. So verkündete derselbe am 8. Mai 2005: „Wir trauern um alle Opfer Deutschlands…“ Schon längst sind die Relationen zwischen Täter und Opfer im Diskurs verschwommen. Die grassierende Dekontextualisierung hat Jede und Jeden, der/die persönliches Leid erfahren hat in die Opfer-Kategorie verschoben. Organisatorisch und praktisch wird dieser Revisionismus durch das Projekt „Zentrum gegen Vertreibung“ vorangetrieben, das in Zusammenarbeit der Deutschen Regierung und des Bundes der Vertriebenen geplant wurde. In diesem Projekt wird durch die Aufrechnung der umgesiedelten Deutschen aus den osteuropäischen Ländern sowie mit vielen weiteren Tote aus verschieden Ländern in verschieden Zeiten mit den entsetzlichen Verbrechen deutscher Täter und Täterinnen über 6 Millionen jüdischen Opfer die Shoah relativiert. An die Stelle der Leugnung deutscher Verbrechen tritt heute verstärkt die Verklärung deutscher TäterInnen zu Opfern. Entgegen dem Geschichtsrevisionismus „neuer deutscher Art“ wollen wir heute deutlich sagen, dass deutsche TäterInnen keine Opfer waren und für uns auch niemals sein werden. In Zeiten des „deutschen Opfertums“ blüht der Antisemitismus in der deutschen Bevölkerung wieder verstärkt auf. Heute tragen die Alt- und Neu-Nazis ihren antisemitischen Vernichtungswahn wieder auf die Straßen. So versuchen Nazis auch in NRW seit Jahren mit provokanten Aufmärschen und Aktionen die Gedenkveranstaltungen am 9. November zu stören und für ihre antisemitische Propaganda zu missbrauchen. 2004 marschierten sie unter dem Motto „Gegen einseitige Vergangenheitsbewältigung“ durch Leverkusen und verhöhnten die Opfer der Shoah mit Rufen wie „Die schönsten Nächte sind aus Kristall“. 2005 wollten die Nazis einen Fackelmarsch vor der Synagoge in der Roonstraße veranstalten, welcher durch die Polizei und Gerichte kurzfristig verboten wurde. In Zeiten von Anschlägen auf Synagogen, Schändungen von Gedenkstätten und jüdischen Friedhöfen müssen wir die Erinnerung an die historischen Verbrechen vom November 1938 wach halten. Der 9. November steht für die Brandstiftung und Zerstörung von Synagogen und anderen jüdischen Einrichtungen, für die Verschleppung von tausenden Menschen in die Konzentrations- und Vernichtungslager , für die Entrechtung von Menschen jüdischen Glaubens durch Sondergesetze und Ghettoisierung, für den organisierten Raub jüdischen Eigentums durch die Praxis der „Arisierungen“. Große Teile der Kölner Bevölkerung hatten sich damals an der Vernichtung der Juden in Europa beteiligt, davon profitiert oder geschwiegen. Wir rufen auf zu einer antifaschistischen Demonstration gegen die neue alte Deutsch-Tümelei, gegen Geschichtsrevisionismus und jegliche Form der Relativierung oder Umkehrung deutscher Schuld an der Shoah.

Antisemitismus bekämpfen! Nie wieder Faschismus!

22.01.: Demo // Gegen Nazis, Rechtspopulismus & Fundamentalismus! Turn left.

Der Antifa AK unterstützt den Aufruf der Antifa [ko] und der Autonomen Antifa [f]:

Gegen Nazis, Rechtspopulismus und Fundamentalismus – den antifaschistischen Widerstand organisieren – turn left!

Nazis

PlakatSpätestens seit dem Naziaufmarsch, den die hessische NPD im Dezember 2007 in Offenbach durchführte, sind die bereits vorher existenten Nazi-Strukturen nicht mehr zu leugnen. Stadtteile wie Bürgel sind geprägt von Nazi-Stickern und faschistischen Schmierereien. Klamottenmarken aus dem neonazistischen Spektrum wie »Consdaple« und »Thor Steinar« werden selbstbewusst zur Schau gestellt und in der Öffentlichkeit getragen. Aufruf weiterlesen »

Demo // Für eine Gesellschaft ohne Knäste!

AntiknastdemoOrt: Rektor-Klein Straße Haltestelle der Linie 5 in Köln Ossendorf. Zeit: 18 Uhr

Vom repressiven Charakter des Kapitalismus sind wesentlich mehr Leute härter betroffen als die radikale Linke, wir brauchen uns nur die Tore von Ossendorf, die Abschiebegefängnisse oder die Agenturen für Arbeit uns anzusehen um zu begreifen wie der ökonomische Überlebensdruck im Zusammenspiel mit so genannten demokratischen Institutionen ein repressives gesamtgesellschaftliches Verhältniss konstituiert, in dem die Mechanismen von so genannter normaler Strafverfolgung und politischer Repression an sich identisch sind.“ Antifa AK 2007
Continue reading

Party // 5 Jahre (A)gitation & (K)rawall sind noch lange nicht genug

Antifa-AK-Soli-Geburtstags-/Silvesterparty 31.12.2010 ab 23Uhr AZ-Köln Kalk (Wiersbergstrasse 44.)

Knapp 5 Jahre macht der Antifa AK nun schon emanzipatorische (Anti-)politik gegen die Herrschaft der falschen Freiheit.
Gegen eine Gesellschaft, die dem schönen Leben im Wege steht. Das möchten wir in diesem Jahr feiern und
laden euch zur „Antifa-AK-Soli-Geburtstags-/Silvesterparty“ im AZ ein. Ab 23 Uhr gibt es unter anderem die inoffiziellen AZ-Resident-DJs Ästhetik&Zerstörung + Friends zu hören, die euch mit vielen anderen Djanes ein Bass-Wummern in die Magengegend zaubern.

Wer davor noch mal dem Schweinesystem, was wir auch dieses Jahr leider wieder nicht stürzen konnten, ans Bein pinkeln will, kann sich ab 18 Uhr auf der jährlichen Silvesterdemo vorm Knast in Ossendorf blicken lassen und für eine Gesellschaft ohne Knäste demonstrieren.

DE*NATIONALIZE!

EUROPA.DEUTSCHLAND.KÖLN ALLES SCHEIßE!

DE*NATIONALIZE!

Am 9. Mai 2009, dem Europatag, wird es wieder heißen, dass „die demokratischen Kräfte, die Kölner Zivilgesellschaft, den Rassist_innenkongress nicht hinnehmen wollen“. Die „demokratischen Kräfte Deutschlands“ zeigen sich geläutert und darum gelte es den „guten Nationalismus“ der bundesrepublikanischen Deutschen gegen den „bösen Nationalismus“, welcher am 8. Mai 1945 in Form NS-Deutschlands untergegangen ist, zu verteidigen. So wie die Deutschen 60 Jahre lang ihre BRD-Verfassung gehütet und vor 20 Jahren die Mauer niedergerungen haben, soll nun Köln wieder durch die Kölner_innen vor den „Braunen“ gerettet werden.

60 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs scheint die Nation Deutschland ihre Niederlage aufgearbeitet zu haben und die deutsch-nationale Identität im neuen Licht zu erstrahlen. Das nationale Wir wird gegen die Rechtspopulist_innen in Stellung gebracht, zur Verdauung der Schuld am 2. Weltkrieg animiert und als Garant für die Überwindung von Finanzund Wirtschaftskrise präsentiert. Ganz nach dem Motto „Wir, die Deutschen, haben gelernt und können stolz auf uns sein“, wird mit der Vergangenheit abgerechnet und die eigene Stellung innerhalb Europas gesichert.

Deutschland? Nie Wieder!

Der 8. Mai steht in diesem Kontext als umgedeuteter geschichtlicher Moment. Der Tag der Befreiung, das offizielle Ende des Nationalsozialismus und damit das Ende eines deutschen Verbrechens mit universellem Ausmaß, wird zur europäischen Katastrophe umgedeutet, aus der die Notwendigkeit für ein geeintes Europa, für Frieden und Kooperation im „alten Kontinent“ entstanden sei. Der Zweite Weltkrieg und damit auch die Shoa – wird somit zum Gründungsmythos der Europäischen Union. Diese rückblickenden Sinnstiftungen des 1. und 2. Weltkrieges sind ein Projekt, um eine nationale europäische Identität zu begründen. Gleichzeitig nutzt Deutschland die Gelegenheit, um die Schuld an den beiden Kriegen und die Erinnerung an die deutschen Verbrechen in einem europäischen Zusammenhang zu entwirklichen.

Die verallgemeinerten Leiden während des 2. Weltkrieges, der Verzicht auf eine Differenzierung zwischen deutschen Verbrechen und alliierten Kriegsmaßnahmen, bilden den Kitt dieser deutsch-nationalen Geschichtsumdeutungen. So werden deutsche Täter_innen, wahlweise als tote Zivilbevölkerung durch alliierte Bombenangriffe, als „Vertriebene aus angestammten Gebieten“ oder als das „Teilungsvolk“ des Kalten Krieges unter die Opfer-Kategorie subsumiert.

Die Umdeutung der Niederlage im 2. Weltkrieg ist die Grundlage für den neuen ideologischen Identitätsaufbau Deutschlands und dessen Verortung innerhalb Europas. Die Schrecken der Kriege sollen erinnerungspolitisch als Begründung einer „Schicksalsgemeinschaft Europa“ dienen und eine Zusammengehörigkeit formulieren, die sich in gemeinsamen wirtschaftlichen, politischen, ideologischen und kulturellen Formen manifestieren würde.

Die neue Heimat Europa verraten!

Diese vermeintliche Zusammengehörigkeit, die in der Parole der Nation der Nationen mündet, soll wie jeder Nationalismus über nichts weiter hinwegtrösten, als dass den meisten Menschen nur der Mist der permanenten Selbstverwertung als „Humankapital“ auf dem Markte bleibt. Die Identifikation mit dem „nationalen Wir“ verspricht den in Konkurrenz zueinander Stehenden und durch die blinden MarktgesetzeBeherrschten, eine selbstbestimmte Politik gegen die täglichen Ohnmachtserfahrungen. Dabei ist die Identifikation mit dem nationalen Kollektiv für den Standort von Vorteil, er erhöht die Leistungsbereitschaft seiner Bürger_innen und garantiert so einen Wettbewerbsvorteil für die eigene Nation. Dieser Wettbewerbsvorteil ist für die jeweiligen Staaten auch nötig, schließlich hängt ihre Souveränität von der Akkumulationsfähigkeit ihres nationalen Wirtschaftsraums einschließlich des Weltmarkterfolges ab.

Die Europäische Union ist insofern eine Zweckgemeinschaft konkurrierender Nationen. Die Gründung der Montanunion 1952 und die weitere Institutionalisierung des europäischen Rahmens in Bereichen der Währungs-, Handelsund Wettbewerbspolitik manifestierte die Notwendigkeit von wirtschaftlicher Kooperation innerhalb kapitalistischer Konkurrenz.

Die einzelnen Staaten übertragen ihre Konkurrenzbestrebungen, die sie einzeln nicht verwirklichen können, auf Europa, um in der Welt als Global Player Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wird auch der Wettbewerb nach innen vorangetrieben, damit aus der innereuropäischen Konkurrenz ein hohes Niveau entsteht. Den einzelnen Staaten kommt die Funktion zu, die Verträge und Vorgaben der E.U. durchzusetzen, um den gemeinsamen Wettbewerb und dessen Zielsetzung zu sichern.

Ideologisch wird das Projekt Wettbewerbsgemeinschaft Europa durch die Propagierung eines neuen „weltoffenen“ europäischen Nationalismus flankiert. Der aus der Geschichte zusammengeschweißten Nation wird die Propagierung eines „europäischen Kapitalismus“ als Gegensatz zum „US-amerikanischen Turbokapitalismus“ und der „Barbarei des Orients“ hinzugefügt. Die Staaten der E.U. verstehen sich als weltpolitische Vorbildsmodelle von perfekt demokratisch funktionierenden Nationalstaaten. Europa steht somit nicht nur für Frieden, sondern auch für eine abendländische Kultur und sozialverträglich geordneten Kapitalismus. Gerade der Krisengewinner und Exportweltmeister BRD möchte sein Modell der sozialen Marktwirtschaft für Europa und der ganze Welt als Exportschlager verkaufen. Ordnungspolitisch geht es dabei um die Sicherung der Massenloyalität auch unter der Lohnarbeiterschaft, egal welcher So-
zialabbau auch ansteht und wie sich die Weltmarktkonkurrenz auch verschärft die Europäer_innen eng verschweißt mit ihren europäischen Nationen gegen die „Heuschreckenglobalisierung“.

Es ist dieser „europäische Aufklärungsnationalismus“, der selbst die autoritären und antiamerikanischen Versatzstücke liefert, den die Rechtspopulist_innen in ihr Nationenverständnis eines „europäischen Abendlandes“ eingliedern. Das „nationale Wir“ von dem aus Rechtspopulist_innen agieren wird von den demokratischen, zivilgesellschaftlichen Akteur_innen frei Haus geliefert, ohne dass ihr Nationenverständnis durch das der Rechtspopulist_innen ernsthaft gefährdet würde.

„Die Bekämpfung des Rassismus mit den Mitteln der Demokratie ist wie das Löschen des Feuers mit den Mitteln des Brandstifters“

Wer also vom Rechtspopulismus spricht, darf von der Demokratie nicht schweigen. Die Mehrheit der Gegner_innen der rechtpopulistischen Bewegung erklären ihre Gegnerschaft zumeist mit den Stichworten Rassismus und Demokratie. Der Rassismus der Rechtspopulist_innen wird dabei immer wieder explizit oder implizit als Gegensatz zur demokratischbürgerlichen Ordnung dargestellt. Jedoch ist es der demokratische Normalbetrieb, der die nationalistische Ideologie und somit den Rassismus hervorbringt. Das antirassistische Selbstbild der Demokratie ist bloß die Folge der Unterscheidung zwischen den Rassismen, die als unzeitgemäß gelten und solchen, die in der Demokratie anerkannt und üblich sind. So gilt die Unterscheidung zwischen „Inländern“ und „Ausländern“ nicht als Rassismus. Die Ungleichbehandlung von Menschen durch das Staatsbürgerschaftsrecht und die Ausländergesetzgebung gilt in der Demokratie als bloßer politischer Nachvollzug, als eine Verrechtlichung von Phänomenen, die ihren Grund in einer dem Staatsbürgerkollektiv „gemeinsamen Kultur“ und „Identität“ hätten.

Die Toten in den Gewässern vor Lampedusa und Gibraltar sind nicht das Werk von Le Pen oder Haider. Die Abschottung Europas an seinen Außengrenzen mit all ihren mörderischen Folgen geht auf das Konto des demokratischen, rassistischen und nationalistischen Normalbetriebs in Europa. Der Forderung nach der faktischen Abschaffung des Asylgesetzes 1993 haben Nazis zwar auf den Straßen Nachdruck verliehen, die Forderung aufgestellt haben aber Schröder und Lafontaine.

Demokratischer Rassismus und Nationalismus entspringen dabei aus der tagtäglichen innergesellschaftlichen Konkurrenz. Die internationale Konkurrenz zwischen „heimischem“ und „migrantischem“ Fachpersonal ist nur eine Erscheinungsweise ein und desselben Kapitalverhältnisses, das die Mehrheit der Menschen weltweit für die Kapitalverwertung überflüssig und zu Empfänger_innen von Unterhaltsleistungen oder humanitären Hilfsaktionen macht.

Die nationale Identifikation entsteht als Reaktion auf die grundlegenden Bedrohungslagen bürgerlicher Individualität unter dem ständigen Verwertungsdruck, also aus Futterneid und Konkurrenzzwang. Das „nationale Wir“ verspricht zwar keinen unmittelbaren ökonomischen Effekt, bereits die symbolische Demütigung der „Anderen“ wirkt versichernd. Sie verschafft den Menschen, die in der kapitalistischen Konkurrenz tagein tagaus herumgeschubst werden, die beruhigende Gewissheit, eine Identität und ein paar Wurzeln zu haben.

Gleichzeitig ist den demokratischen Nationalist_innen durch die gesellschaftliche Wirklichkeit von Privateigentum und Daseinssicherung gelehrt, dass ein gutes Leben im Kapitalismus, nur als stets gefährdetes Privileg zu haben ist. Die konkurrierenden Individuen und Belegschaften bilden als Staatsvolk eine „objektive Schicksalsgemeinschaft“. Die individuellen und betrieblichen Chancen im globalen Konkurrenzkampf hängen von der ökonomischen Potenz des Staates ab, was sich an Währung, Subventionen, etc. zeigen lässt. Darum ziehen demokratischer Staat und verstaatlichtes Individuum an einem Strang, wenn es darum geht, den Kreis der Anspruchsberechtigten zu beschränken und die Pflichten der Zugehörigkeit zu erhöhen.

„Der gute Demokrat bietet Verdrängung, der böse Populist Entladung.“

Den nationalen Demokrat_innen, egal ob Europäer_innen oder Deutsche, geht es in ihrer Politik darum, den Standort wettbewerbsfähig zu halten und im offenen Meinungsaustausch der politischen Vermittlung die optimalsten Strukturbedingungen des Standorts für die Verwertung des Kapitals zu finden.

Die Demokratie bietet die Verdrängung der Ohnmacht der Einzelnen durch den Verweis darauf, dass der Staat dafür gerade stehe, dass es in der sozialen Marktwirtschaft „gerecht“ und „geordnet“ vor sich gehe und jede/r sein/ihr Kuchenstück an der Reichtumsverteilung bekomme. Das Geschäft der autoritären Rechtspopulist_innen liegt darin begründet, dass die Kuchenstücke, die zu verteilen sind, kleiner werden und die so genannte Krise des Sozialstaats sich in Ein-Euro-Jobs und anderen Erniedrigungsformen manifestiert. Die Verdrängung der Ohnmacht funktioniert kaum noch, dafür macht der Rechtspopulismus nicht die Krise im Verwertungszusammenhang sondern das „alte Establishment“ verantwortlich. So hätten die Politiker_innen „ihr Volk“ an „Heuschrecken“ und EU-Zentralismus verkauft und die angebliche Souveränität von Politik über Staat und Kapital aufgegeben. Der Rechtspopulismus ist insofern eine konformistische Rebellion gegen die „alten Autoritäten“, die nicht mehr im Stande sind, ihr Versprechen von Sozialpartnerschaft und sozialer Gerechtigkeit zu erneuern. Das Programm, das Rechtsaußen bietet, ist das „nationale Wir“ gegen „die Anderen“ in Stellung zu bringen und die nationalen Privilegien durch den autoritären Staat durchzusetzten. Die angebliche Souveränität der Politik verspricht der autoritäre Populismus mit dem Mittel einer „Volksdemokratie“ herzustellen.

Der vermeintliche Gegensatz von Demokratie und Rassismus bekommt seine gesellschaftspolitische Entsprechung in dem konstruierten Gegensatz von Zivilgesellschaft und Rechtspopulismus. Gerade linke und linksliberale Kreise huldigen der liberalen bürgerlichen Gesellschaftsordnung und ihren Akteur_innen, wenn es darum geht, sie gegen das „schlimmere Übel“ zu verteidigen.

Dabei geht es längst nicht darum, ob staatlich verbriefte Bürgerrechte in Gefahr sind, also die Formierung einer autoritären Gesellschaftsordnung vor der Tür steht, denn diese Formierung wird schließlich von selbigen zivilgesellschaftlichen Akteur_innen tagtäglich toleriert oder sogar vorangetrieben, sondern um die Machtphantasien der staatsfixierten Linken.

Zivilgesellschaft definiert sich nach Dafürhalten jener Linken und anderen Befürwortern aus politischen und sozialen Oppositionen zu den Übeln, die der tagtägliche kapitalistische Wahnsinn so bereithält. Diese Unstimmigkeiten mit den herrschenden Zuständen werden sodann zu potenziellen Systemgegnerschaften verklärt, die sich bei der richtigen Agitation und Propaganda einfach freisetzen ließen. Dabei erhält jene ominöse Zivilgesellschaft einen Sonderstatus in den linken Staatsinterventionen. So solle die Zivilgesellschaft als Gegenspieler zu den „Bonzen und ihrem Staate“ in Erscheinung treten. Denn egal ob es gerade gegen die „Finanzhaie an der Wall Street“ oder die Nationalsozialist_innen von der NPD geht, die Zivilgesellschaft ist dazu da, den bürgerlichen Staat an seine (vermeintlichen) Aufgaben zu erinnern: Die Einhaltung seiner eigenen Rechtsgrundlagen, die Sicherung seiner Souveränität, die Erhaltung der repräsentativen Demokratie, also damit auch die Versicherung für die kapitalistischen Produktionsverhältnisse.

Dass jenen zivilgesellschaftlichen Akteur_innen überhaupt diese Machtressourcen zugesprochen werden, liegt an den uneingestandenen Funktionen der Akteur_innen, die sie in der „nationalen Schicksalsgemeinschaft“ ausfüllen. Gerade in der BRD sind Bourgeoisie und Proletariat durch die sozialen Transfersysteme objektiv im internationalen Wettbewerb und ideologisch untermauert zusammengeschweißt zu einer „nationalen Gemeinschaft“.

Die Befindlichkeiten der nationalen Arbeitskraft muss in den Interessen der Wirtschaftszweige berücksichtigt werden. Diekonkurrierenden Interessenstandpunkte zwischen Lohnarbeit und Kapital sind, um Erfolg zu haben, an die

Nationalökonomie als Ganzes geknüpft. Somit sind jene beliebten zivilgesellschaftlichen Akteur_innen schlicht staatsnahe Interessenverbände, die in Deutschland für Deutschland ihren Geschäften nachgehen.

„Denn he hält m’r zesamme, Ejal, wat och passeet. En uns’rem Veedel.“

Nicht der „Anti-Islam-Kongress“ von pro Köln ist der Skandal, den es selbstverständlich zu verhindern gilt! Nein, der eigentliche Skandal ist jenes gesellschaftliche Gefüge von Staat, Nation und Kapital, das den tagtäglichen rassistischen und nationalistischen Wahnsinn produziert, und für dessen Verhärtung „pro Köln“, „FPÖ“, „Vlaams Belang“, „Lega Nord“ und wie die Organisationen der Arschlöcher alle heißen mögen, einstehen. Es ist vollkommen klar, dass zwischen den verschiedenen Nationalismen Differenzen bestehen, die auch für eine Migrantin, Jüdin oder Linke, die von Nazis bedroht und angegriffen wird, den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen können. Jedoch die Idealisierung von Staat und Nation in Form der Beschwörung von Demokratie und Zivilgesellschaft trägt mit zur nationalen Identifikation bei.

Der Antifa AK Köln ruft dazu auf, sich am Wochenende des 8. bis 10. Mai der „kölschen Volksfront“ für Demokratie und bessere Nation zu verweigern. Testen wir am 8. Mai die Toleranz der Kölner Jecken und tragen unsere Kritik am staatsbürgerlichen Geschichtsrevisionismus, dem Abfeiern der Nationen Europa, Deutschland und des Teufelskreises von Staat und Kapital auf die Straße. Das zweite Wochenende im Mai wird genug Gelegenheiten bieten, um mit den Rechtspopulist_innen Spiel, Spaß und Freude zu erleben!

antifa ak köln

DE*NATIONALIZE!
EUROPA.DEUTSCHLAND.KÖLN – ALLES SCHEIßE!

linksradikale Demonstration
08 | 05 | 2009
19h Köln Hbf