Aufruf zu Antifa Demo in Aachen (18.06.2010)

Sometimes, it is necessary to fight! – keine Heimat, keine Nation, keine Nazis!

In Aachen sieht die Welt noch in Ordnung aus. Die Bäcker liefern frühst morgens ihr Brot aus, die Busse fahren pünktlich in die umliegenden Provinzen, die Cocktails der Pontstraße sind gekühlt und die “deutsche Jugend” jagt Menschen durch die Straßen, Tag für Tag. Nur Nörgerler_Innen und Misepeter_Innen reden von einen Naziproblem in dieser heilen Welt. Natürlich wissen auch die Herren Polizeikommissare, dass die “jungen rechten Burschen” mal hier und dort Ärger machen, aber gleich vom Nazi-Problem reden, nein das geht dann doch zu weit. Würde man den Geschichten jener “Radikalen” Glauben schenken, vor denen das “Dorfkomitee gegen jeden Radikalismus” immer gewarnt hat, würden die Bratwurstfeste für ein bisschen mehr “Bunt” vollkommen abstrus wirken und die dörflichen Tourimanager_Innen der ersten “deutschen Königsstadt” wären als das entlarvt was sie sind: Agenten des Nationalismus. Doch wo die Meinungsmacher der demokratisch verfassten Öffentlichkeit in Aachen nur Übertreibungen und Jugend-Cliquen-Konflikte sehen, da lauert der Naziterror an jeder nächst gelegenen Laterne, da wird jede Statistik von rechtsradikalen Übergriffen zur Farce, weil diese längst zum Alltag gehören. Jede Auflistung von “Gewalt der Rechten”, jeder Bericht über den neusten Exzess des Terrors kann nur ins Absurde führen, denn Tag auf Tag, Woche für Woche würde sich das zuletzt Geschehene als doch nicht so schlimm darstellen.

In Deutschland und Aachen, in einem System wie dem Kapitalismus werden tagtäglich Menschen ermordet. Sie erfrieren, weil sie keinen Wohnraum haben, obwohl Häuser leer stehen. Sie verhungern, weil sie kein Geld für Essen haben, obwohl die Müllcontainer der Supermärkte jeden Abend neu befüllt werden. Sie verrecken, weil sie sich nur die Billigkrankenversicherung leisten konnten, obwohl die medizinischen Möglichkeiten ausreichend erforscht und aufgebaut sind. Auch ohne die unmittelbare Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit durch Nazis, ist die alltägliche gewaltförmige Exekution des bürgerlichen demokratischen Allgemeinwillens eine quantitativ und qualitativ höhere Gefahr für viele Menschen. Besonders für Personen, die keinen Status als (Staats)Bürger_In und damit keine Anspruchsberechtigung haben, wie zum Beispiel Migrant_Innen ohne oder mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, zeigt sich der nationale Bezugsrahmen als unmittelbare und strukturelle Gewalt und existenzielle Bedrohung.

Die Nazis knüpfen an die Probleme im Kapitalismus an und versprechen den brutalen Kampf der kapitalistischen Interessen in als »natürlich« vorgestellten Gemeinschaften stillzustellen. Sie er­ken­nen zwar die Wert­lo­sig­keit des oder der Ein­zel­nen, in der ka­pi­ta­li­si­ti­schen Ver­wer­tungs­lo­gik; die­ser set­zen sie je­doch die fal­sche Kol­lek­ti­vi­tät in der Volks­ge­mein­schaft aller Deut­schen ent­ge­gen. Somit teilen die Nazis mit De­mo­kra­t_Innen die grund­le­gen­de Sorge um das Vor­an­kom­men der ei­ge­nen Na­ti­on. Sie sind le­dig­lich un­zu­frie­den mit der Art und Weise wie der Staat or­ga­ni­siert wird. Wenn Nationalisten den noch krasseren Nationalisten den Finger zeigen und ihre Bratwursfeste gegen “Rechts” feiern, stellt sich somit die Frage, wer Arsch und wer Loch ist. Fakt ist, dass sich beide in der heutigen Welt gegenseitig bedingen. Denn nur, wo im Denken ein nationaler Bezugsrahmen und damit Schranken im Denken bestehen, kann man das eigene organisierte Interesse als ein für das Zwangskollektiv der Nation allgemeingültiges ausdrücken und politisch umsetzen. Gegen die Be­dro­hung und die all­täg­li­chen Zu­mu­tun­gen des Ka­pi­ta­lis­mus brin­gen sie ihre Lö­sungs­idee in Stel­lung: Die Ein­rich­tung eines völ­kisch-au­to­ri­tä­ren Staa­tes. Sie wol­len ihre na­tio­na­le An­spruchs­be­rech­ti­gung di­rekt ge­walt­tä­tig und gegen das ver­meint­lich Frem­de vom Staat ge­si­chert be­kom­men. Leis­tet der Staat die­sem nicht Folge, ver­su­chen sie ihrem An­spruch, ge­trie­ben durch das ver­meint­lich kol­lek­ti­ve und na­tür­li­che Recht, auf bru­ta­le und oft mör­de­ri­sche Art und Weise sel­ber durch­zu­set­zen.

Die Hetzjagden in Aachen, der alltäglich gewordene Terror, die Nazi-Angriffe auf wirkliche oder vermeintliche Kommunist_Innen und Anarchist_Innen zeigen, dass das antifaschistische Hamsterrad, jener Kampf gegen die latente Bedrohung durch den Wahn von “Volk und Rasse”, in Aachen zur täglichen, handfesten Auseinandersetzung geworden ist. Darum ist es gewiss nicht verkehrt in Aachen die Sportart zu wechseln, das Skateboard im Keller zu lassen und für die kommende Baseballsaison zu proben. Am 18. Juni bietet sich die Gelgenheit für unfaire Körperbetätigungen, den antifaschistischen Selbstschutz, auf die Straße zu gehen: Nutzen wir sie!

Gemeinsamer Zugtreffpunkt aus Köln: Freitag 18.6, 17.45 Uhr, Köln HBF

Unterstüzer_innen:

  • Autonome Antifa Remscheid
  • Antifa Leichlingen
  • Antifa Bonn/Rhein-Sieg