Alerta, Alerta Antifascista!

Schon seit Jahren verbreitet die extrem rechte Partei Pro Köln rassistische, islamophobe und antiziganistische Stimmungen in Köln. Der seit 2004 im Stadtrat sitzenden Partei gelingt es zunehmend an Einfluss zu gewinnen und weiter AnhängerInnen zu rekrutieren. Daher begrüßen wir die Initiative der BezirksschülerInnenvertretung Köln am 3. März 07 mit einer Demonstration ein Zeichen gegen Pro Köln und den zunehmenden Rassismus zu setzen. Wir rufen deswegen auf, unter dem Motto: „Pro Köln den Boden entziehen! Rassismus und Nationalismus auf allen Ebenen bekämpfen!“ am 03. März gegen Pro Köln und die rassistischen Zustände, also gegen das „alte/neue“ Deutschland auf die Straße zu gehen.

Pro Köln den Boden entziehen!

Pro Köln schafft es mit ihren Kampagnen, wie dem Kampf gegen Moscheebauten, Flüchtlingsquartiere oder rumänische Kinder nicht nur das rassistische Spektrum von Aktion zu Aktion zu mobilisieren, sondern auch das gesellschaftliche Klima in ihrem Sinne zu beeinflussen und für sich zu nutzen. Die antimuslimischen Parolen von Pro Köln fruchten in einem Klima der zunehmenden Vorurteile gegen Muslime. Die rassistische Propaganda unterstellt den Moslems eine gemeinsame „kollektive Identität“, die die Basis kollektiver Ansichten und Lebensentwürfe sei. Dies gipfelt darin, dass Pro Köln allen Moslems unterstellt, terroristische Absichten zu haben. In ihrem Konzept des kulturellen Rassismus, wird der „Rassenunterschied“ des biologistischen Rassismus der Nationalsozialisten nun als „unterschiedliche kulturelle Identität“ verkauft. Die angeblichen „unterschiedlichen kulturellen Identitäten“ sind dabei konstruiert, wie ein Gefängnis aus dem der/die Einzelne nicht entfliehen kann. Die rassistischen Zuschreibungen, wie „Sinti und Roma Kinder klauen“, werden auf jede einzelne Person projiziert, die der Personengruppe zugehörig sein soll. Aus diesem modernisierten Rassismus ergibt sich ihr „Ethnopluralismus“ („Deutschland den Deutschen, die Türkei den Türken“), der in der Vermischung „unterschiedlicher Kulturen“ die Ursache grundlegender gesellschaftlicher Probleme z.B. Arbeitslosigkeit(1), Gewalt, mangelnde Bildungsmöglichkeiten sieht. Als vermeintlich einfache Lösung dieser Probleme propagiert Pro Köln ein so genanntes „Rückführungsgesetz“ gegen MigrantInnen. Pro Köln ist längst Teil der rassistischen Debatte und Praxis in Köln und Deutschland. Auch wenn die konkreten Kooperationen vom rassistischen Mob und Pro Köln bisher Einzelfälle blieben, so hat die so genannte Bürgerbewegung Recht, wenn sie sich unter dem Label „Pro-Köln-Effekt“ eine effiziente Beeinflussung der Stadtpolitik zuschreibt. Ob in Merkenich gegen ein „Übergangswohnheim“ oder in Humboldt-Gremberg gegen den Junkiebund, Teile der Kölner Bevölkerung greifen gerne auf die Hilfe von Pro Köln zurück, wenn es darum geht Asylsuchende oder sozial ausgegrenzte Menschen aus ihrem Sichtfeld zu vertreiben. Besonders beim Thema Moscheebau geben sich gerne viele KölnerInnen mit den RassistInnen die Klinke in die Hand.(2) Pro Köln schafft es, die rassistischen Stimmungen der Bevölkerung zu konzentrieren und sie zugespitzt im Rahmen der politischen Debatte zu artikulieren. Neben dieser katalytischen Funktion hat Pro Köln gleichzeitig eine transformatorische Wirkung auf den rassistischen Mob. Durch die organisierte Einbindung von „normal“ rassistischen BürgerInnen in die extreme Rechte, wird aus dem, teilweise widersprüchlichem Weltbild des rassistischen Mobs ein kohärentes extrem Rechtes geformt. Gleichzeitig verstärkt sich hierdurch die Basis für faschistisches Gedankengut. Dabei bieten die Kooperationen mit anderen rechtsextremistischen Organisationen (NPD, JN, „Freie Kameradschaften“) die Möglichkeit für radikalisierte Pro Köln AnhängerInnen, einen Einstieg in die neo-faschistische Szene (3) zu erhalten. In der gewaltbereiten neo-nazistischen Szene sieht man in Pro Köln die Möglichkeit, faschistische Ideen an die bürgerliche Mitte heranzutragen. So schrieb der wegen Volksverhetzung inhaftierte Neonazi Axel Reitz in seinem Aufruf zur Kölner Kommunalwahl vom 26. September 2004: „Pro Köln vertritt viele unserer Forderungen und ist imstande diese inmitten der Gesellschaft zu verankern und hoffähig zu machen, […] zumal führende Funktionäre dieser Bürgerbewegung offene Sympathien für uns und unsere Bewegung hegen.“

Rassismus auf allen Ebenen bekämpfen!

Gerne grenzen sich die bürgerlichen Kölner Ratsparteien in den Medien von Pro Köln ab. Hauptinteresse der Parteien ist jedoch nur der Fakt, dass die „Bürgerbewegung“ es durch ihr bürgernahes Biedermann-Image schafft, WählerInnen vermehrt anzusprechen und dadurch als Konkurrenz zu anderen Ratsparteien bei der Verteilung von Posten und Geldern aufzutreten. Das was der politische Mainstream inhaltlich bietet, unterscheidet sich nur partiell von dem, was Pro Köln fordert. So diffamiert zum Beispiel der jugendpolitische Sprecher der FDP-Ratsfraktion, Marco Mendorf, im Pro Köln-Jargon Roma-Kinder als „Kölner Klau-Kids“, die seiner Meinung nach in „geschlossene Einrichtungen“ weggesperrt gehören. Gerade wenn es darum geht die „Festung Europa“ abzuschirmen ist die FDP Köln ist immer ganz vorne dabei. „Ein Bleiberecht für alle illegal Eingereisten lehnen wir als Belohnung für Straftaten entschieden ab“, erklärte Ulrich Breite für die Kölner FDP und kriminalisiert damit Flüchtlinge mit einer klassischen rassistischen Denkfigur. Auch der CDU-OB, Fritz Schramma, gibt gerne rassistische Statements zu Gute, wie in einem Express-Interview, in dem er die „Ausländer“ für die „Vermüllung“ der Ringe verantwortlich machte, „weil ja bekanntermaßen viele aus ihren Herkunftsländern ein anderes Bewusstsein von Reinlichkeit und Sauberkeit und Ordnung“ hätten. Bei der so genannten politischen Linken sieht es nicht wirklich besser aus. Im Dezember 2006 stimmten SPD, Grüne und Die Linke.PDS einem Beschluss des Stadtrates zu, in welchem die „Bleiberechtsreglung“ so zu gestalten sei, dass „kein Anreiz auf dauerhaften Bezug von Sozialhilfe oder anderen sozialen Transferleistungen“ geschaffen werde. Die Anbindung von Aufenthaltsrecht/Bleiberecht von Menschen an das Potenzial ihrer wirtschaftlichen Ausbeutungsfähigkeit wird von keinem der politischen Akteure in Frage gestellt. Die „Linken“ ziehen bei der rassistischen Stadtpolitik von Abschreckung und Kriminalisierung von Flüchtlingen immer dann gerne mit, wenn irgendein rassistischer Bürger-Mob sich zu Wort meldet oder humanitäre und dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen wieder mal zu teuer seien. Die Zwangseinpferchung von Flüchtlingen in so genannten „Sammelunterkünften“ und die teilweise brutalen Razzien der Kölner Polizei bleiben somit seit Jahren ungebrochene Praxis. Bei dem Ausbau der „Festung Europa“, der Abschottung Europas von allen nicht-wirtschaftlich verwertbaren Menschen, spielt Deutschland eine Vorreiterrolle. Durch die faktische Abschaffung des Asylgesetzes 1993 (4) wurden die Fundamente für das Migrationsregime deutlich ausgebaut. Eins der zentralen Elemente dieser Menschenselektion ist das Ausländerzentralregister (AZR) in Köln. „Im AZR beim Bundesverwaltungsamt in Köln ist das gesamte Herrschaftswissen über alle Nichtdeutschen, die in der BRD, aufhältig sind oder es jemals waren, in einem gigantischen Pool konzentriert […]. Das Ausländerzentralregister ist ein rassistisches und totalitäres Register. Es muss deshalb weg.“(5) Wer den RassistInnen von Pro Köln das Handwerk legen will, darf sich nicht nur ihren rassistischen Kampagnen entgegenstellen, sondern muss dem gesamten bürgerlichen Rassisten-Mob ein klare Abfuhr erteilen. Die Abschaffung von „Sammelunterkünften“, Abschiebelagern, des ganzen unmenschlichen Aufenthaltsrechts stehen für uns auf der Tagesordnung. Dies zu verwirklichen bedarf es der endgültigen Abschaffung aller Grenzen und Nationen.

Deutschland einig Untergang!

Zum WM-Deutschland-Gejaule der besoffenen deutschen Massen schrieb Pro Köln: „Patriotismus ist wieder in – ein echter Fortschritt in einem Land, in dem noch vor wenigen Jahren Schüler Ärger bekamen, wenn sie Aufkleber mit dem Spruch „Ich bin stolz, Deutscher zu sein“ auf ihren Taschen hatten.“(6) Die Verbindung des bei der Fußball-weltmeisterschaft demonstrierten und inszenierten „Partynationalismus“ mit einer NPD-Parole ist dabei keine „bösartige“ Unterstellung des „neuen Deutschland“, sondern ein berechtigter Verweis auf deren Gemeinsamkeiten. Mit dem Versuch des „Partynationalismus“ ein „Deutschsein“ mit neuem Inhalt zu füllen wie modern, weltoffen, tolerant und humorvoll, sollte dem alten klebrigen Kitt von konstruierten „deutschen Sekundärtugenden“, wie Pünktlichkeit, Ordnungsliebe, Obrigkeits-Hörigkeit, ein neuer Anstrich verpasst werden. Gerade die deutsche Vergangenheit steht bei dem Versuch einer Neuformulierung des „Deutschseins“ den „Neuen-Patrioten“ derart im Weg zur „Normalität“, dass die deutschen Verbrechen (Shoa), wenn nicht geleugnet so doch relativiert und zur überall wiederkehrenden „menschlichen Barbarei“ universalisiert werden. Neben dem „Partynationalismus“ bleibt in Deutschland der traditionelle völkische Nationalismus in Gesetzgebung und allgemeiner Debatte weiterhin dominant. Die Definition des „Deutschsein“ per Abstammung und „Blutszugehörigkeit“, dem ius sanguis, ist noch immer dominant im Staatsbürgerschaft-Verständnis. Ob Ethnopluralismus von Pro Köln oder traditioneller völkischer Nationalismus oder „Partynationalismus“, alle diese Formen finden sich in der Debatte um einen Standortnationalismus wieder. Der Standort wird im öffentlichen Diskurs zum zeitgemäßen Repräsentanten der Nation, der zu verteidigen sei. So wurde gefordert, dass die „Partylaune“ bei der WM sich in Aufopferungsbereitschaft (Lohnkürzung, Mehrarbeit) der Arbeitnehmer für „Deutschland“ umschlagen müsse. Und in bester völkisch-antisemitischer Tradition wird das „fremdartige, raffende, zerstörerische“ gegen diesen Standort in ausländischen Finanzunternehmen à la „Heuschrecken“ dingfest gemacht.(7) Auch wenn die Differenz der jeweiligen Nationalismen deutlich ist und für eine Migrantin, Jüdin oder Linke, die von Nazis bedroht und angegriffen wird, den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmacht, so bleibt nichts anderes als jeden Nationalismus grundlegend abzulehnen und zu bekämpfen.

Eins, zwei, drei – Nazi frei?

Es ist richtig und wichtig der extremen Rechten in Köln und anderswo keinen Raum für ihre Propaganda zu geben und weiter die Aufklärung über Pro Köln auszudehnen. Dabei darf es aber keinesfalls darum gehen sich alle paar Monate an den Aufklärungsresistenten abzuarbeiten. Ziel ist es, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem es FaschistInnen nicht möglich ist im öffentlichen Raum schadlos in Erscheinung zu treten. Dass neonazistisches Denken und Handeln in nicht wenigen Punkten eine Zuspitzung alltäglich vorhandener grundlegender Strukturen und Einstellungsmuster darstellt, muss immer wieder betont werden. Zu diesen zählen zum Beispiel Patriarchat, Rassismus, Antisemitismus, Rassismus, Autoritäts- und Leistungsdenken, Konkurrenz-, Elite- wie Verwertungsdenken, heterosexistische Nominierung und „Behinderten“-Feindlichkeit. Sie bilden den gesellschaftlichen Nährboden, aus dem heraus neofaschistisches Handeln und Denken entsteht bzw. gefördert oder zumindest geduldet wird. Dass im Kampf gegen extrem rechte Bestrebungen der deutsche Staat und seine Repräsentanten für uns keine Partner sein können, ist allein schon deshalb eine Notwendigkeit, da dieser/diese selber die rechten Strukturen und Einstellungen verursachen, fördern oder reproduzieren. Dem Staats-„Antifaschismus“ geht es bei seiner „Bekämpfung“ der neonazistischen Bewegung letztendlich vor allem um eine Entlastung von deutscher Schuld, die für „das bessere Deutschland“ den Weg für weitere Angriffskriege und deutsche Verbrechen bereiten. Ein Leben ohne Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus ist nur jenseits der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie möglich. Das Leben innerhalb derselben wird immer durch die sachliche Gewalt der kapitalistischen Logik durchdrungen sein und die kritisierten Strukturen und Bewegungen hervorbringen. Dabei bedarf die Kritik der kapitalistischen Produktionsverhältnisse der vermittelnden politischen Praxis, die die radikale Kritik der bestehenden Verhältnisse in all ihren Ansätzen zum zentralen Punkt macht. Daher muss der Kampf gegen Pro Köln immer im Kontext der Kriegserklärung an jene Verhältnisse aus denen heraus diese „Bewegung“ überhaupt erst erwachsen konnte, geführt werden.

Wir treten ein für eine Gesellschaft frei von Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus!

(1)Innerhalb einer kapitalistischen Ausbeutungsgesellschaft ist die Lohnarbeit für die Mehrheit der Bevölkerung die einzige Möglichkeit des Lebensunterhalt-Erwerbs. Wir distanzieren uns entschieden von jedwedem Arbeits-Fetischismus, der die entfremdete Tätigkeit (Arbeit) als ein menschliches Bedürfnis definiert.

(2) („Bürgerbegehren“ gegen den Moscheebau in Ehrenfeld)

(3) Unter Anderem kooperieren sie mit der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und den Jungen Nationaldemokraten (JN). So führte sie zusammen mit NPD, JN und Freien Kameradschaften am 15. März 2003 zwei Kundgebungen mit Aufzügen unter dem Motto „Keine Groß-Moschee nach Chorweiler“ und „Keine Groß-Moschee nach Köln-Mülheim“ durch. Auf diesen Kundgebungen wurden u. A. EinwanderInnenfeindliche Parolen, wie „Ali, Mehmet, Mustafa – Zurück nach Ankara“ skandiert.

(4)(Drittstaaten-Regelung)

(5) Auszug aus der Erklärung der RZ (Revolutionäre Zellen) zum 1986 verübten Sprengstoffanschlages aufs AZR

(6) Aus der „Objektiv“ Nr.2

(7) Die gängige Praxis internationaler Finanzunternehmen nach dem Aufkauf von Firmen anschließenden die nicht rentabler Geschäftsbereiche zu schließen und den rationalisierten rentablen Kerngeschäfts-Bereich wieder zu veräußern, entspringt nicht einer ominöser „Bösartigkeit“ dieser Unternehmen sondern einer sich verschärfenden Wettbewerbssituation bei gleichseitig niedrig werdender Profitrate.