Redebeitrag auf der Antiknastdemo 2009/10

AntiknastdemoDie repressive Antwort auf die soziale Krise in der BRD zeigt sich in den überfüllten Knästen. Die Antwort des Staates auf die momentane Krise des Knastsystems lautet bekanntlich ausweitende Privatisierung der Knäste oder wie beim Beispiel Ratingen die Überführung des Baus und Bewirtschaftung des Knast in privatkapitalistische Hand. Was für den Staat als Kostenproblemlösung erscheint, stellt die Gefangen vor das Konfliktfeld der scheinbaren Rechtsabwesenheit. Anstaltsleiter verweigern die Durchführung von medizinisch notwendigen Maßnahmen, die Personaldecke der Beamtenschaft wird so dünn, dass eine ordentliche Bearbeitung von Anträgen unmöglich gemacht wird. Die Übertragung einer Generalvollmacht für den sozialen Dienst an private Firmen wie Kötter führt zur rechtlich sanktionierten total Entmündigung der Gefangenen.

Formal besteht das Recht fort, zum Beispiel haben die Gefangen weiterhin auf dem Papier ihr Recht auf Körperliche Unversehrtheit. Nur diese faktisch wahr zu nehmen, also eine Rechtssicherheit zu haben eine notwendige medizinische Maßnahme auch zu bekommen, wird faktisch immer häufiger in Frage gestellt. Dass das Recht so seinen Charakter der Garantie und somit sich selbst verliert, ist jedoch nicht auf die Situation in den Knästen beschränkt, es ist zur konkreten Frage für die kämpfenden sozialen Bewegungen geworden.

So sind tagtägliche Beispiele in den Arbeitsagenturen zu finden, wo Menschen mit formellen Rechtsansprüchen, wie eine Waschmaschine zu bekommen oder ihre Auszahlung zu erhalten, schroff abgewiesen werden. Die Rechtszufälligkeit ist die Grundlage der Disziplinierungsanstalten geworden, die die Überflüssigen der Warenproduktion bekämpfen.

Im alltäglichen Horror der Lohnarbeit vollzieht sich per Regierungsentscheid eine ähnliche Tendenz. LeiharbeiterInnen, Mini und Midi Jobber könnten sich weiterhin auf das Arbeitsgesetz berufen und demnach Urlaubsgeld, Kündigungsschutz, und was der Staat einst zur Sicherung der Reproduktion des varibalen Kapital verkündet hat, in Anspruch nehmen. Faktisch jedoch können oder werden diese Rechte für die einzelnen Proleten nicht zur Wirklichkeit.

Eine generelle Kampflinie der kämpfenden sozialen Bewegungen egal ob in Knast, ARGE oder Mini Job scheint somit der Kampf um die Rechte geworden zu sein. Dieser Kampf jedoch ist ein Kampf, der uns allen aufgezwungen wird, um zu überleben. Das heißt auch wenn wir in den Knäste darum kämpfen medizinische versorgt zu werden, wenn wir in den Arge um die Auszahlungen von den Geldzahlungen kämpfen, um uns Lebensmittel zu kaufen, dann tun wir dies nicht, weil wir die BRD und ihre Gesetzte lieben, nein wir tun es schlicht, weil wir es müssen.

Darum zielt unsere Kritik nicht auf die Nichtrealisierung des Rechts ab, sondern auf die Abschaffung von Recht, Staat und Kapital. Eine Kritik, die sich auf Arbeitsunrecht; Knastskandale und so weiter bezieht, wäre keine Kritik an den herrschenden Verhältnissen, sondern eine Affirmation dieser. Jede positive Bezugnahme auf das Recht, ist eine auf Staat und Kapital: Recht, Kapital und Staat können nicht voneinander getrennt gedacht werden. Wer Recht haben will, will auch das staatliche Gewaltmonopol, ob er oder sie will oder nicht. Den dieser Wunsch vollzieht sich hinter dem Rücken der Wünschenden. Denn Recht und Staat sind eins, gerade weil sie auseinander fallen. Auch wenn das Rechtssystem „dem Staat“, also der Exekutive gegenüber, relativ autonom ist, kann kein Recht ohne staatliche Gewalt gedacht werden. Die Kämpfe um Rechte zementieren somit den bürgerlichen Horizont, statt ihn zu überschreiten. Soziale Kämpfe und Skandale sind
objektiv eine Form, in der sich fortschrittliche gesellschaftliche Herrschaft politisch reproduziert.

Wegen ihres beschränkten Horizonts sind soziale Kämpfe in bürgerlicher Form die Ideologie ihrer Verhinderung. Die Durchsetzung und das Erkämpfen sozialer Rechte kann natürlich die Kapitalakkumulation zum stottern bringen. Aber sie sind kein Ansatzpunkt für eine gesellschaftliche Emanzipation, da dieser Ansatz sich notwendigerweise um die Machtfrage drückt. Er ruft den Souverän an, der die Warenförmigkeit des gesellschaftlichen Reichtums garantiert. Auch ein – natürlich begrüßenswerter – größerer Teil dieses Kuchens ändert nichts daran, dass die Menschen unter der Kontrolle der gesellschaftlichen Bewegung von Sachen bleiben.

Darum lasst uns 2010 nicht die beschissene Situation idealisieren, dass wir Gerichte anrufen müssen um zu überleben, dass wir in den Argen Tumulte um die Auszahlungen veranstalten. Lasst uns stattdessen dafür plädieren mit der ganzen Scheiße aufzuräumen. Es geht nicht um soziale Rechte von diesen beschissenen bürgerlichen Staat, es geht darum schnellstmöglich zum Punkt zukommen, an dem wir als die kämpfenden sozialen Bewegungen den Gefängnisausbruch organisieren, den Kaufhausraub planen, den DGB, BDI und die Fabriken besetzten, die Polizeistationen anzünden und daran machen gemeinsam etwas besser als Staat, Nation und Kapital zu haben:

Den Kommunismus halt